AGB-Klausel: Wizz Air erleidet Schlappe vor dem Landgericht Berlin

Airbus A321 (Foto: Jan Gruber).
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AGB-Klausel: Wizz Air erleidet Schlappe vor dem Landgericht Berlin

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Die Billigfluggesellschaft Wizz Air unterlag vor dem Landgericht Berlin in erster Instanz bezüglich der umstrittenen “Abtretungsbearbeitungsgebühr”. Diese wendet der Lowcoster an, wenn sich Passagiere für die Durchsetzung von Ansprüchen an Fluggastrechteportale wenden und ihre Entschädigungen abtreten.

Einige dieser Firmen bieten Reisenden so genannte Sofort-Entschädigungen an. Dabei verkaufen die Betroffenen ihren Anspruch aus der EU-VO 261/2004 und erhalten dafür rasch eine Summe überwiesen, die niedriger als der Anspruch ist. Das Fluggastrechteportal treibt dann auf eigenes Risiko die Entschädigung ein und macht im Erfolgsfall mit der Differenz Gewinn und falls man unterliegt, bleibt man auf der gesamten Summe sitzen. Reisende, die ihre Forderungen abtreten – sprich verkaufen – haben dann aber nichts mehr mit der Airline am Hut. Es ist dann das alleinige Risiko des Anbieters.

Dieses Geschäftsmodell ist für Passagiere zwar durchaus teuer, aber gänzlich ohne Prozessrisiko. Einigen Fluggesellschaften ist es aber ein Dorn im Auge, weshalb man sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen neue Gebühren hat einfallen lassen. Beispielsweise erfand Wizz Air, gegen die vor dem Landgericht Berlin geklagt wurde, eine so genannte “Abtretungsbearbeitungsgebühr”. Was das genau sein soll, wird wohl nur die Fluggesellschaft wissen.

Die deutsche Wettbewerbszentrale ist aber der Ansicht, dass das Verbot oder die finanzielle Sanktionierung der Abtretung von Ansprüchen für Konsumenten gröblichst benachteiligend ist. Deshalb zog man in Berlin vor Gericht und obsiegte in erster Instanz. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, denn der beklagte Billigflieger kann gegen dieses noch in Berufung gehen.

Die Wettbewerbszentrale zitiert in ihrer Mitteilung auszugsweise aus dem Urteil. Demnach ist das Landgericht Berlin der Ansicht, dass Wizz Air eine “Abtretungsbearbeitungsgebühr” nicht fordern darf, da es eine “materiell-rechtliche Einschränkung der Fluggastrechte” darstellen würde.

AGB/ABB von Wizz Air im Falle von Streichungen und Stornierungen kompliziert

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. Beförderungsbedingungen von Wizz Air können einige Überraschungen aufweisen. Im Falle einer Streichung oder erheblichen Flugverspätung müssen Fluggesellschaften eine Ersatzbeförderung zum Zielort anbieten, nötigenfalls auch mit einer anderen Airline oder einem anderen Verkehrsmittel (z.B. Bahn). Der Oberste Gerichtshof bestätigte dies in Österreich unter der Geschäftszahl 1Ob133/18t. Im zitierten Fall hatte ein Passagier gegen Austrian Airlines geklagt, dem die Umbuchung auf eine andere Airline verweigert worden ist. Das OGH-Urteil ist auch auf Wizz-Air-Verbindungen ab Österreich anwendbar.

Der ungarische Billigflieger hat in seinem Allgemeinen Beförderungsbedingungen eine Klausel verankert, die besagt, dass man nur auf eigene Flüge umbucht (vgl. § 15.1.2 Abs. a der ABB von Wizz Air Hungary Ltd.). Bereits im Jahr 2019 äußerten Arbeiterkammer, VKI und Europäisches Verbraucherzentrum, dass diese Klausel gröblich benachteiligend ist und die Passagierrechte rechtswidrigerweise enschränken würde. Auch das Erkenntnis des OGH werde missachtet. Wizz Air hat jedoch diese Praxis bislang nicht beendet, weshalb in Österreich Gerichtsverfahren anhängig sind. Gegenüber Aviation Direct erklärte Wizz Air damals lapidar: “Die allgemeinen Beförderungsbedingungen von Wizz Air sind von der ungarischen Luftfahrtbehörde genehmigt, da Wizz Air unter einer ungarischen AOC fliegt. Wizz Air hält sich zudem an alle Regeln und Gesetze der Länder, die angeflogen werden”. Anzumerken ist hierzu, dass die Allgemeinen Beförderungsbedingungen nicht von den nationalen Luftfahrtbehörden geprüft oder gar genehmigt werden. Weiters fliegt Wizz Air mittlerweile nicht mehr unter einem ungarischen AOC, sondern ist eine der ersten Fluggesellschaften überhaupt, die das neue EASA-AOC haben.

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