Kommentar: Duell Ryanair vs. Wizz Air geht weiter – und zwar verschärft

Airbus A320 am Flughafen Wien (Foto: Jan Gruber).
Airbus A320 am Flughafen Wien (Foto: Jan Gruber).

Kommentar: Duell Ryanair vs. Wizz Air geht weiter – und zwar verschärft

Airbus A320 am Flughafen Wien (Foto: Jan Gruber).
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Die Billigfluggesellschaften Ryanair und Wizz Air haben sich bereits vor der Corona-Pandemie am Standort Wien-Schwechat regelrecht nichts geschenkt. Ging man sich anfangs noch ein wenig aus dem Weg, schwenkte man zunehmend zum „Streckendoppeln“ über. Während der Krise hat sich dies auch noch verschärft.

Wizz Air kündigt eine neue Strecke an und nur wenige Tage später folgt seitens des Mitbewerbers Ryanair selbige Ankündigung. Oder eben umgekehrt. Zwar hält sich der irische Konzern weitgehend aus dem Verkehr in ehemalige Sowjetrepubliken heraus, aber in Richtung Süden und Westen sind die Überschneidungen enorm. Das ist kein Zufall, sondern pure Absicht.

Die beiden Konzerne machen auch keinen Hehl daraus, dass man den jeweils anderen Anbieter aus Wien herausdrängen will. Wizz Air formuliert es deutlich diplomatischer als Ryanair, denn deren Group-CEO meint auch als Vize-Ersatz-Pressesprecher des ungarischen Carriers fungieren zu müssen und verkündete die Schließung der Wizz-Air-Basis Wien.

Das konnte der pinkfarbene Billigflieger natürlich nicht auf sich sitzen lassen und lud ebenfalls zu einer Pressekonferenz ein. Verkündet hat man die Stationierung eines weiteren Flugzeugs sowie die Aufnahme von Sharm el Sheik. Zugegeben: Ryanair hat eine Woche zuvor auch keine „Breaking News“ verkündet, denn die meisten „neuen Strecken“ waren entweder schon bekannt oder zumindest schon für den Sommer 2020 angekündigt.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass beide Anbieter so tun als würde man in Wien so viele Flugzeuge wie noch nie stationieren. Hierbei wird bei Wizz Air außer Acht gelassen, dass man den Sommer 2020 mit bis zu neun Maschinen geplant hatte und Laudamotion wollte weit über 20 Flugzeuge einsetzen. In beiden Fällen wurde aufgrund der Corona-Pandemie nichts aus den Plänen.

„Würde nie in einen Billigflieger steigen“

Unabhängig davon: Beide Anbieter wollen in Wien wachsen und profitieren stark vom Einzugsgebiet des Wiener Flughafens. Eine nicht unerhebliche Anzahl von Passagieren aus der Slowakei, Ungarn und Tschechien nutzt das Angebot der beiden Carrier. In Österreich kommen die Billigtarife ebenfalls gut an, wobei es hier auch das absurde Phänomen gibt, dass eine ganz bestimmte Kundengruppe in Onlineforen behauptet, dass man nie mit den beiden Anbietern fliegen würde und dann erst recht an Bord anzutreffen ist. Daraus lässt sich ableiten: Wenn es billig ist, dann bricht man gerne mit „Prinzipien“, gibt es aber nicht gerne zu.

Solange Ryanair und Wizz Air meinen sich gegenseitig im einstelligen Preisbereich „umkämpfen“ zu müssen, werden die Ticketpreise nicht signifikant steigen. Auf Routen, auf denen man mindestens einen der beiden „Streithähne“ als Konkurrent hat, bietet Austrian Airlines vergleichsweise günstige Preise an. Wo der Konkurrent fehlt, bittet man kräftig zur Kasse, bietet jedoch ein Lowcoster-Null-Service-Produkt an. Wenn der einzige spürbare Unterschied das größere Handgepäck-Stück bleibt, fehlt vielen das Argument bei Austrian Airlines zu buchen. Die ernsthafte Unterscheidung zwischen selbsternanntem „Premium“ und „Lowcost“ fehlt.

Wie sehr sich Ryanair und Wizz Air nichts vergönnen, zeigt auch ein Blick nach Venedig (Marco Polo). Am gleichen Tag verkündeten die beiden Billigflieger die Stationierung von Flugzeugen. Selbstredend: Man doppelt viele Strecken und versucht über den Preis den jeweils anderen Anbieter herauszudrängen. Ryanair war mit dieser Taktik in der Vergangenheit oft erfolgreich, aber mit Wizz Air hat man ein anderes Kaliber vor sich. Der pinkfarbene Konzern hat ebenfalls äußerst niedrige Kosten und finanzstarke Investoren hinter sich und die scheuen den Wettbewerb mit Ryanair nicht.

Was wurde eigentlich aus dem Duell Easyjet gegen Ryanair? Grundsätzlich gibt es das immer noch, aber Easyjet schwächelt seit einigen Jahren und die Corona-Pandemie traft den orangefarbenen Billigflieger deutlich härter als Wizz Air und Ryanair. Dazu kommt, dass Wizz Air UK ausgerechnet am Firmensitz Luton für ordentlich Konkurrenz sorgt. Generell versucht sich Easyjet zunehmend nicht mehr als Ultra-Low-Coster zu positionieren, sondern irgendwo zwischen Billigflieger und Pseudo-Netzwerk-Airline (Stichwort „Worldwide by Easyjet“).

Konsolidierung gab es bereits

Immer wieder ist die Rede von einer Konsolidierung im Low-Cost-Segment. Diese hat bereits stattgefunden, denn viele kleinere Anbieter mussten bereits die Segel streichen und jene, die verblieben sind, gehören entweder großen Konzernen (z.B. Lufthansa, Air France-KLM, IAG) an oder haben finanzkräftige Investoren hinter sich. Die wenigen verbliebenen „kleineren Anbieter“ haben entweder ihre Nische gefunden oder kämpfen ums Überleben.

Eine Übernahme von Easyjet durch einen Mitbewerber wäre kartellrechtlich problematisch. Würden beispielsweise Wizz Air oder die IAG zuschlagen, so wäre die Bewilligungsfähigkeit anzuzweifeln. Der Grund dafür ist simpel: An vielen Airports würde die Anbietervielfalt sehr stark zurückgehen. Unabhängig davon: Easyjet wurde schon öfters als Übernahmekandidat gehandelt und bislang kam es dazu aber nicht.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Konkurrenzkampf im Lowcost-Segment wieder ordentlich an Fahrt aufnimmt. Während der Hochphase der Corona-Pandemie war zwar kein „Waffenstillstand“, aber man hielt sich gezwungenermaßen zurück. Für den Sommer 2022 ist der „Kampf“ um jeden einzelnen Passagier angesagt und es ist damit zu rechnen, dass in den nächsten Wochen und Monaten noch zahlreiche weitere Strecken angekündigt werden.

Finanziell dürften die Reisenden vom Konkurrenzkampf profitieren. Leider ist dieser kein Ansporn für mit Steuergeldern gerettete Anbieter wie Austrian Airlines das eigene Produkt besser zu machen, um sich deutlich von Lowcostern abzuheben. Der Preis ist nicht das einzige Argument, aber momentan ist nicht absehbar, dass die Lufthansa Group ihre „Hochpreisstrategie mit Billigflieger-Service“ überdenkt. Ob es auf Dauer klug ist sich als „Premium“ zu positionieren, jedoch kaum Unterschiede zu den Produkten von Ryanair und Wizz Air zu bieten, muss die Firmengruppe erst noch unter Beweis stellen. Copy and Paste beherrscht man ja ganz gut, denn bei Eurowings hat man bereits die Handgepäckbestimmungen der beiden Lowcoster abgekupfert

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