Die Österreichischen Bundesbahnen sorgen derzeit immer wieder im Bereich ihrer Nachtzüge für verärgerte Fahrgäste, den trotz Reservierung kommt es gehäuft vor, dass es den jeweiligen Waggon gar nicht gibt. Informationen gibt es vorab zumeist nicht, so dass diese „Überraschung“ erst an Ort und Stelle kommt.
In der Luftfahrt kommt es gelegentlich mal vor, dass fix reservierte Sitzplätze am Gate geändert werden müssen. Zumeist ist die Ursache, dass kurzfristig ein anderer Maschinentyp eingesetzt wird. Besonders ärgerlich ist das immer dann, wenn dafür extra bezahlt wurde oder gar ein Downgrade durchgeführt wird. Also beispielsweise Economy-Class fliegen, obwohl man für die Business bezahlt hat. In einem solchen Fall stehen Entschädigungen zu, jedoch nicht, wenn es sich lediglich um eine nichteingehaltene Sitzplatzreservierung handelt. Allenfalls das Geld, das dafür bezahlt wurde, kann zurückgefordert werden.
Bei den Österreichischen Bundesbahnen ist das Problem aber umfangreicher, denn die Anzahl der betroffenen Fahrgäste ist beim Fehlen eines Waggons oder gleich mehrerer wesentlich größer als in einem Flugzeug. Es kommt in der Luftfahrt so gut wie nie vor, dass anstatt eines Airbus A380 eine de Havilland Dash 8-400 fliegen würde.
Viel zu wenige Waggons für zu viel Angebot
Die ÖBB haben derzeit schlichtweg zu wenig Wagenmaterial, um das von Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) forcierte und subventionierte Nachtzugprogramm so durchzuführen wie man im Vertrieb Fahrscheine anbietet. Dass an einem Wagen ein kurzfristiger Defekt auftritt und dieser aus Sicherheitsgründen zu Reparaturzwecken aus dem Verkehr gezogen werden muss, kommt vor. Auch in der Luftfahrt lässt es sich trotz intensiver Wartung nicht vermeiden, dass kurz vor dem Abflug ein Lämpchen leuchtet, das nicht aufleuchten sollte und daher mit der betroffenen Maschine nicht geflogen werden kann.
Im Bereich der Nightjet-Züge ist das aber nicht die alleinige Ursache, denn offiziellen Angaben nach fehlen den ÖBB „bis zu 21 Garnituren“. Das ist eine stattliche Anzahl, denn man hat in diesem Segment ohnehin kaum Backup-Waggons zur Verfügung. Die Folge aus dem akuten Mangel ist, dass immer wieder ganze Wägen fehlen, Fahrgäste ihre gebuchten Abteile nicht nutzen können und mit Downgrades konfrontiert sind. Beispielsweise ist es schon vorgekommen, dass anstatt des Privat-Schlafabteils ein Sechser-Sitzplatz-Bereich vergeben wurde. Die Alternative wäre gewesen: Daheim bleiben.
Angesichts des Umstands, dass die Nachtzugfahrkarten trotz hoher staatlicher Subventionen, die insbesondere Leonore Gewessler, die trotz ihrer Leidenschaft dienstlich mit „Bedarfsfluggesellschaften“ zu reisen, eine glühende Anhängerin von nächtlichen Bahnverbindungen ist, durchaus hochpreisig verkauft werden, sind viele Fahrgäste massiv verärgert. Dazu kommt, dass sich im Falle von Downgrades die Erstattung des Differenzbetrages durchaus kompliziert gestalten kann, denn einfach mit der Fahrkarte und einer Bestätigung des Schaffners zum Bahnhofsschalter gehen und dort das Geld bar auf die Hand bekommen, spielt es nicht. Hierfür benötigt es natürlich eine Fachabteilung und das kann dann dauern.
Lieferverzögerungen waren schon länger bekannt
Die Österreichischen Bundesbahnen haben offensichtlich nicht rechtzeitig auf den Umstand, dass man neue Nightjet-Garnituren nicht rechtzeitig erhalten bzw. zugelassen bekommen hat, reagiert. Man hätte den Vertrieb drastisch einschränken müssen, da man nicht ausreichend Wagenmaterial zur Verfügung hat. Das hat man aber nicht gemacht und möglicherweise könnte dahinter auch irgendeine Form des politischen Drucks stecken, denn „Bad News“ im Zusammenhang mit Nachtzügen passen schlichtweg nicht in das Wunschbild der „Klimaschutzministerin“.
Die Lieferverzögerungen sind nicht erst seit gestern bekannt, sondern schon wesentlich länger. Eigentlich hätten die ersten neugebauten Nightjet-Züge schon im Herbst 2022 von Siemens an die ÖBB übergeben werden sollen. Im Vorjahr kündigte Gewessler groß an, dass diese zunächst in Richtung Italien eingesetzt werden sollen. Dass es zu massiver Verspätung gekommen ist, wurde aber nicht näher kommuniziert.
Seitens Siemens heißt es dazu, dass die Übergabe der ersten Neubauten an die Österreichischen Bundesbahnen mit etwa einem Jahr Verzug erfolgen werden. Dahinter soll eine Verkettung von Ursachen stecken. Beispielsweise ist die Rede davon, dass die internationalen Lieferketten gestört waren, man im Winter 2021/22 viele Corona-Fälle im Werk Simmering gehabt habe und nicht zuletzt: Die behördlichen Zulassungen ziehen sich zäh wie Leder hin. Auch seitens der ÖBB rechnet man nicht damit, dass das grüne Licht vor Oktober 2022 da sein wird. Immerhin: Einzelne neue Nightjets sind bereits fertig und sind ohne Fahrgäste punktuell für Zulassungsfahrten unterwegs. Man hofft, dass im Spätherbst 2023 sechs neue Nachtzüge in Dienst gestellt werden können und für das kommende Jahr rechnet man mit sieben Stück.
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