Ein Dauerbrenner seit vielen Jahren: Die alternde Langstreckenflotte der Austrian Airlines und deren mögliche Nachfolge. Noch nie zuvor wurden von den Managements der Lufthansa und ihrer Österreich-Tochter so konkrete Aussagen gemacht. Die Boeing 787-9 soll es also werden, aber wann diese geliefert werden, ist noch offen. Die Long-Haul-Bestandsflotte stammt zur überwiegenden Mehrheit noch aus einer von Niki Lauda getätigten Order.
Die Langstreckenflotte von Austrian Airlines ist zwar in die Jahre gekommen, jedoch gibt es auch in Europa und sogar innerhalb der Lufthansa Group Operators, die älteres Fluggerät auf dem AOC haben. Die „Problematik“ der alternden AUA-Langstreckenflotte ist weniger im „jetzt“, sondern in der Zukunft zu sehen.
Der nachstehend zur Illustration dargestellte Vergleich ist stark vereinfacht: Ähnlich wie bei einem Auto steigen mit höherem Alter auch die Wartungskosten. Hie und da geht mal ein Teil kaputt, das ausgetauscht werden muss und der Umfang der notwendigen Arbeiten wird immer umfangreicher. Dazu kommt, dass ältere Fahrzeuge tendenziell mehr Treibstoff verbrauchen als jüngere. Bei Flugzeugen sind die Aufwendungen für professionelle Wartungen und das Kerosin natürlich bedeutend höher als bei einem Kraftfahrzeug, jedoch vom Grundsatz her vergleichbar.
Irgendwann wird es einfach zu teuer
Die meisten Fluggesellschaften können Flugzeuge nicht aus verfügbaren Barmitteln bezahlen, sondern finanzieren diese über Kredite oder aber entscheiden sich alternativ für Leasing. Ältere, aber dafür abbezahlte Maschinen verursachen weder Leasingraten noch Tilgungen für Darlehen. Dieser Kostenblock fällt weg. Ähnlich wie bei einem Auto: Wenn der Kredit abgestottert ist, spart man sich monatliche Zahlungen. Solange die Wartungs- und Treibstoffkosten nicht ins gefühlte unermessliche steigen, kann also der Betrieb eines älteren Musters gegenüber einem neuen Flugzeug – egal, ob finanziert oder geleast – billiger kommen.
Die Betonung liegt auf „kann“. Irgendwann kommt nämlich der Punkt, an dem moderne Maschinen trotz Kapitalkosten für Kredite oder Leasingraten im Betrieb günstiger kommen als ältere. Gerade in Zeiten steigender Treibstoffkosten tritt dieser Zeitpunkt wesentlich früher ein. Somit geht der Vorteil der abbezahlten Maschinen verloren und ist praktisch wertlos geworden, denn zusätzlich zum höheren Kerosinverbrauch haben ältere Flugzeuge auch höhere Wartungskosten.
Austrian Airlines befindet sich momentan an genau diesem Punkt und je älter die Langstreckenflotte wird, desto unwirtschaftlicher wird diese. Es ist also kein Zufall, dass man im Zuge der Corona-Pandemie die ältesten Boeing 767-300ER ausgeflottet hat, denn diese drückten nicht nur das durchschnittliche Alter ordentlich nach oben, sondern auch die Kosten. Dass beispielsweise die OE-LAW verwertet, also verschrottet wurde, ist auch kein besonderer Zufall, denn selbst im Cargobereich setzen die Anbieter aus Kostengründen auf jüngere Gebrauchte oder aber auch auf Neubauten.
Durchschnittsalter der bestehenden AUA-Langstreckenflotte:
Typ | Alter in Jahren |
B777 | 22,24 |
B767 | 24,52 |
Ges. Long Haul Flotte | 23,00 |
Reine Point-to-Point-Langstrecke ab Wien wäre unwirtschaftlich
Sowohl bei Austrian Airlines als auch bei Lufthansa weiß man schon lange, dass die Langstreckenflotte erneuert werden muss. Ein wirkliches „Muss“ ist das aber nicht, denn ernsthaft angewiesen ist der Kranich-Konzern auf das Drehkreuz Wien-Schwechat nicht. Es wäre eine Kleinigkeit die bisherigen Nonstop-Langstrecken der Austrian Airlines auf die von Konzernschwestern betriebenen Hubs in München, Zürich, Frankfurt und „Brüssel“ umzuleiten. Einbußen im Bereich der Konnektivität würde es kaum bis gar nicht geben, wohl aber einen gewissen Prestigeverlust, denn die österreichische Hauptstadt wäre dann von vielen Orten aus nicht mehr nonstop erreichbar.
Die „Rosinen“ würden sich wohl rasch andere Carrier herauspicken, aber die Wahrscheinlichkeit, dass eine Airline in Wien Langstreckenflugzeuge stationiert und in einem vergleichbaren Umfang wie heute Austrian Airlines aktiv sein wird, ist gering. Das hat einen ganz simplen Grund, der bei derartigen Spekulationen oft vergessen wird: Nicht mit allen Zielstaaten bestehen Openskies-Abkommen. Auf einigen Strecken ist es notwendig ein österreichisches AOC oder aber eines vom jeweiligen anderen Staat zu haben und dazu kommt häufig, dass bilaterale Vereinbarungen festlegen welche Fluggesellschaften der beiden Länder überhaupt auf welcher Route fliegen dürfen.
Somit ist die Lufthansa Group auch gegenüber der österreichischen Regierung in einer durchaus vorteilhaften Verhandlungsposition. Dies wurde im Zusammenhang mit der Langstreckenflotte schon öfters unter Beweis gestellt. Beispielsweise konnte man einer Bundesregierung die Senkung der Ticketsteuer, die ein paar Jahre später zurückgenommen wurde, abverhandeln und auch im Zuge der Corona-Hilfen waren die Langstreckenverbindungen durchaus ein Thema. Rein theoretisch könnte der Staat oder aber ein Privatunternehmer auch eine neue Airline in die Luft bringen und die AUA-Langstrecke „ersetzen“. Ohne ein entsprechendes Zubringernetzwerk wird das aber in einer Pleite enden, denn allein vom österreichischen Markt können auch die heutigen AUA-Langstrecken nicht leben. Reine Point-to-Point-Langstrecken ab Österreich wären sehr schwierig zu betreiben, da der Markt als stark saisonal gilt. Für Stabilität sorgen Umsteiger aus anderen Märkten.
Lieferslots müssen noch „gefunden“ werden
Dass die alternde Langstreckenflotte von Austrian Airlines in den nächsten Jahren dringend erneuert werden muss, ist Branchenkennern schon lange bekannt. Aus rein technischer Sicht könnte man die Maschinen durchaus noch zehn oder gar 15 Jahre betreiben, denn in Sachen Wartung ist man bei der AUA ein Betrieb mit bester Kompetenz. Die Wirtschaftlichkeit im Betrieb wird spätestens gegen Ende dieses Jahrzehnts nicht mehr gegeben sein. Es ist nicht mit sinkenden, sondern mit weiter steigenden Kerosinkosten zu rechnen. Und wer weiß, vielleicht kommt irgendwann auch eine Steuer obendrauf und dann zählt erst recht jedes Gramm, das man einsparen kann.
Mittlerweile haben AUA-Chefin Annette Mann und Lufthansa-Generaldirektor Carsten Spohr durchklingen lassen, dass die Entscheidung für die Boeing 787-9 gefallen ist. In diesem Muster sieht man die Zukunft der Langstrecke von Austrian Airlines. Hinsichtlich des Treibstoffverbrauchs wird dieses Muster wesentlich besser bewertet als die momentane Flotte, die vom Konstruktionsentwurf des Herstellers noch älter ist als die Maschinen, die fliegen. Sprich: Der Dreamliner enthält Erkenntnisse, die bei der Planung von Boeing 767 bzw. 777-200 noch gar nicht bekannt waren.
Doch eines ist auch klar: Gerade die B787 ist ein Muster, das viele Airlines haben wollen und zwar so schnell wie möglich. Es liegt nun auch am Verhandlungsgeschick der Lufthansa Group möglichst frühe Lieferslots für Austrian Airlines zu bekommen. Das schließt durchaus auch ein, dass man Orders von „Pleite-Airlines“ oder Käufern, die die Maschinen dann doch nicht haben wollen, übernehmen kann. Dass Lufthansa dazu in der Lage ist, hat man mit der Einflottung der einstigen „White Tales“ im eigenen Flugbetrieb bewiesen.
Boeing 767-Flotte: Niki Laudas „Erbe“ bei Austrian AIrlines
Während Lauda Air auf der Langstrecke auf Boeing 767 und 777 setzte, waren bei Austrian Airlines A330 und A340 im Einsatz. Im Zuge der Zusammenführung der Flugbetriebe trennte man sich von den Ex-AUA-Maschinen zu Gunsten der Ex-Lauda-Air-Flugzeuge. Sämtliche Boeing 767-300ER, die heute bei Austrian Airlines im Einsatz sind, wurden noch unter Niki Lauda bestellt und übernommen.
Die OE-LAE wurde im Jahr 2000 an Lauda Air ausgeliefert. Die ursprünglich auf den Namen „Louis Armstrong“ getaufte Maschine wurde im Jahr 2005 auf das AOC von Austrian Airlines übertragen und ist derzeit als „Wiener Sängerknaben“ Teil der AUA-Flotte.
Im Jahr 1998 übernahm Lauda Air die zunächst als „Steve McQueen“ fliegende OE-LAY. Dieses Flugzeug trägt mittlerweile den Namen „Japan“ und wurde im Jahr 2005 zu Austrian Airlines verschoben.
Unter dem Taufnamen „Frank Sinatra“ war die OE-LAZ ab 1999 bei Lauda Air im Einsatz. Ebenfalls im Jahr 2005 wurde das Langstreckenflugzeug an Austrian Airlines übergeben und fliegt nun als „India“ auf AUA-Routen.
Typ | Reg. | Alter in Jahren |
B767-300(ER) | OE-LAE | 25,64 |
B767-300(ER) | OE-LAY | 24,27 |
B767-300(ER) | OE-LAZ | 23,64 |
Boeing 777-200: Zwei „Gebrauchte“, drei mit Lauda-Air-Vorgeschichte
Auch im Bereich der gegenüber der B767-300ER größeren Boeing 777-200 ist bis heute die Lauda-Air-Vergangenheit nicht zu verleugnen. Die Maschinen mit den Kennungen OE-LPA, OE-LPB und OE-PLC wurden noch an das von Niki Lauda gegründete Unternehmen ausgeliefert und stießen im Jahr 2005 zu Austrian Airlines. Die OE-LPD hingegen wurde direkt ab Werk an die AUA übergeben. Die Maschinen OE-LPE und OE-LPF waren zuvor bei anderen Carriern im Einsatz und wurden von der österreichischen Lufthansa-Tochter gebraucht bezogen.
Im September 1997 übernahm Lauda Air die OE-LPA, die auf den Namen „Pablo Picasso“ getauft wurde. Seit 2005 gehört diese Maschine der AUA-Flotte an und zwar als „Sound of Music“. Im Jahr 1998 stieß die OE-LPB „Ernest Hemingway“ zu Lauda Air, ehe sie 2005 aufs AOC von Austrian Airlines verschoben wurde und seither als „Heart of Europe“ in der Luft ist.
Die OE-LPC wurde im März 2022 bei Lauda Air eingeflottet. Damals trug das Langstreckenflugzeug den Taufnamen „Sir Donald Bradman“. Bei Austrian Airlines ist diese Boeing 777 seit 2005 unter dem Namen „Dream of Freedom“ aktiv. Die OE-LPD wurde im Jänner 2007 ab Werk an Austrian Airlines übergeben und trägt den Taufnamen „Spirit of Austria“.
Im Jahr 1998 wurde die heutige OE-LPE an Aeroflot ausgeliefert. Nach der Zwischenstation bei Vietnam Airlines zählt diese Boeing 777 seit März 2014 zur AUA-Flotte und trägt den Taufnamen „Blue Danube“. Die im Jahr 2001 an Varig ausgelieferte Maschine mit der heutigen Kennung OE-LPF war vor der Übergabe an Austrian Airlines auch bei Aeromexico im Einsatz. Das Flugzeug wurde von Austrian Airlines auf den Namen „Sibanye“ getauft.
Typ | Reg. | Alter in Jahren |
B777-200(ER) | OE-LPA | 25,64 |
B777-200(ER) | OE-LPB | 24,48 |
B777-200(ER) | OE-LPC | 21,01 |
B777-200(ER) | OE-LPD | 16,15 |
B777-200(ER) | OE-LPE | 24,81 |
B777-200(ER) | OE-LPF | 21,34 |
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