Binter Canarias – Inselhopping Deluxe – eine (kl)eine kulinarische „Zeitreise“

Binter-Canaris-Logo (Foto: Steffen Lorenz).
Binter-Canaris-Logo (Foto: Steffen Lorenz).

Binter Canarias – Inselhopping Deluxe – eine (kl)eine kulinarische „Zeitreise“

Binter-Canaris-Logo (Foto: Steffen Lorenz).
Werbung

Im Embraer 195-E2 von Mallorca nach Gran Canaria

Fliegen… – das war einst, mit einer gewissen Magie verbunden. Mit Vorfreude, bei manchem über ein ganzes Jahr im Voraus. Ich erinnere mich da an Economy-Class-Flüge mit einem Dreistrahler in die Karibik. Für jeden Passagier wartete da beim Betreten des Flugzeuges bereits ein kleines  „Care-Paket“ am Platz, unter anderem mit einer kleinen Flasche Sekt, noch weit vor dem Beginn irgendeiner Art von Bordservice. Die oberen Ablagefächer waren eine bessere Hutablage und nicht „vermüllt“ wie heutzutage. Ja, das Fliegen hat sich gewandelt…gewaltig, um genau zu sein.

Als im Jahre 1989 der Erstflug, damals noch als Iberia-Tochter mit vier (Casa) CN-235 aufgenommen wurde, zählte Binter zu lediglich eine der wenigen Fluggesellschaften, welche diesen Flugzeugtyp einsetzte. Eine Maschine welche sich zwar beim Militär, allerdings nie wirklich in der zivilen Luftfahrt durchsetzte. Mit 40 Sitzplätzen wurden anfangs noch zaghaft Flüge zwischen den kanarischen Inseln aufgenommen.

Genauso wie die Luftfahrt, hat sich auch Binter Canarias in den vergangenen 33 Jahren der eigenen Firmengeschichte verändert. Weg von der Iberia Tochter und auf eigene Beine, weg vom „reinen Insel Hüpfer“ zwischen den Kanaren, hin zu einer Full-Service Airline mit verschiedenen Standbeinen.

Bevor im Jahr 2019 der erste der fünf bestellten Embraer 195 Jets der neusten Generation „E2“ in Dienst gestellt wurde, flog Binter bereits zwischen 2005-2008 mit einer Boeing 737-400 (EC-INQ) der spanischen Charterfluglinie Futura. Danach erfolgte zeitweise der Einsatz von mehreren CRJ1000-Jets, um die Zeit bis zur Auslieferung der fabrikneuen E-Jets zu überbrücken.

Heute, fliegt Binter mit einer Flotte von 30 Flugzeugen. Mit den 25 ATR72 sowie 5 E-190-Jets führt die Airline dabei Flüge zwischen den 7 großen Inseln der Kanaren und deren 8 Flughäfen genauso durch, wie Flüge im Inselverkehr Portugals zwischen Funchal und Porto Santo. Mit den werksneuen Jets werden ab den zwei Drehkreuzen Las Palmas, wo sich auch der Sitz der Airline befindet, sowie dem Flughafen Teneriffa Nord, zahlreiche Ziele in Spanien, Frankreich und Italien, Westafrika sowie den Kapverden angesteuert. Die zwischenzeitlich unter dem Markennamen „Binter Cabo Verde“ angebotenen Flüge zwischen den Kapverdischen Inseln werde seit Mai 2021 nicht mehr angeboten.

Seitdem Binter im Jahr 2002 an eine einheimische Investorengruppe verkauft wurde, versteht sich die Airline noch mehr als früher als Repräsentant der Inselgruppe. Doch was bietet der „Flagcarrier“ der kanarischen Inseln auf einem „Inselhopping Flug“ im EMB195E2 von Mallorca nach Gran Canaria?

Die Tarife:

Binter bietet die Strecke PMI-LPA bei rechtzeitiger Buchung im Einstiegstarif bereits ab rund 45€ One-Way an. Fairerweise muss man aber sagen, dass die Low-Cost Konkurrenz daran nicht ganz unschuldig ist, da auf den Embraer Strecken mit Monopol im Streckennetz ein teils deutlich höherer Einstiegspreis verlangt wird. Im Zuge von Aktionstickets wird derzeit mit Preisen ab 58,50 Euro ab Frankreich, Italien sowie dem spanischen Festland geworben, ein immer noch fairer Preis, auf das Gesamtprodukt gesehen. Insgesamt stehen bei der Buchung über die Homepage drei verschiedene Tarife zur Verfügung.

Basic – beinhaltet ein Handgepäckstück zu 8 Kilo sowie das gratis Catering. Der mittlere Tarif wird als „Plus“ betitelt und enthält für einen oftmals geringen Aufpreis, am Testtag lag der preisliche Unterschied zwischen Basic und Plus bei 7,50€, zusätzlich zu den oben genannten Leistungen auch noch ein 23 Kilo Aufgabegepäck sowie eine kostenfreie Sitzplatzreservierung (ab Reihe 4 nach hinten gehend und ohne XL Sitze). Der teuerste Tarif trägt den Namen „FlexiPlus“ und beinhaltet neben verschiedenen Umbuchungs- und Stornoleistungen auch eine kostenfreie Reservierung der bevorzugten Sitzreihen sowie Priority Check-In und Boarding.

Der Check-In/ Boarding

Am Flughafen Palma de Mallorca, setzt Binter Canarias auf das Ground Handling des ehemaligen Mutterkonzerns, Iberia. So findet der Check-In und die Abgabe des Gepäcks in der Regel an den Iberia Schaltern 120-129 statt. Ich hatte mich am Vorabend bereits über die, in der Tat etwas fehlerbehaftete, App eingecheckt, die durchaus eine rundum Erneuerung gebrauchen könnte. Für die Abgabe des Koffers war ich, als ich den Flughafen von Palma rund 1,5 Stunden vor Abflug betrat der einzige. Für den Binter Canarias Flug nach Las Palmas gab es zwei separate Check-In Schalter, so dass man nicht mit den Iberia Gästen gemischt ansteht und ich nach nicht mal 90 Sekunden am Schalter auf dem Weg zur Sicherheitskontrolle war.

Flüge innerhalb Spaniens werden in Palma meistens von den Gates im Bereich – D – aus durchgeführt, so auch an diesem Tag. Das Einsteigen des Fluges startete mit dem Priority-Boarding, in weiterer Folge dann aber ohne weitere „Boarding-Gruppen“ überpünktlich knapp 35 Minuten vor der geplanten Abflugzeit. An diesem Abend im Mai war die Maschine zu knapp 70% belegt wovon ein gutes Drittel noch die Möglichkeit der Anschlussflüge nach Lanzarote und Teneriffa ab Gran Canaria nutze. Erstaunlicherweise wirkte der Anteil an spanischen Geschäftsreisenden an Bord deutlich höher als der touristische Teil der Gäste auf diesem Freitagabend Flug.

Die Sitze

An Bord der fünf Werks neu an Binter Canarias ausgelieferten E195-E2 befinden sich jeweils 132 Sitze in einer All Economy-Class Konfiguration. Die Maschinen tragen die Namen „Islas Canarias, Tenerife, Gran Canaria, Lanzarote sowie Fuerteventura“. Die bordeaux roten Ledersitze sind in einer 2-2 Konfiguration angeordnet und verfügen, da sich Binter Canarias nicht für die maximale Anzahl an Sitzen (146) entschieden hat, über einen guten Sitzabstand in der Kabine.

Da ich meine Buchung im mittleren Tarif „Plus“ getätigt hatte, war eine Sitzplatzreservierung der Reihen 1-4 nicht möglich da diese ausschließlich „FlexiPlus“ Gästen vorbehalten ist. Da ich auf Flügen zu den Kanaren dazu neige auf Nummer sicher zu gehen was die Beinfreiheit betrifft, gerade bei Airlines / Flugzeugtypen, die ich nicht kenne, entschied ich mich bereits vorab für eine XL Sitz Reservierung. Zusätzlich befindet sich eine 110V-Steckdose unter jedem Sitz und auch eine kleine Recline Funktion ist gegeben.

Die Kabine kann zusätzlich ganz im Stil moderner Airbus und Boeing Flugzeuge mit „Moodlight“ in verschiedensten Farben der Farbpalette versehen werden. Von rot über grün bis blau war auf diesem Flug alles dabei. Auch die bereits von den ATR Flügen bei Start und Landung bekannte Kanarische-Entspannungsmusik über die Bordlautsprecher muss auf den Embraer Jets nicht verzichtet werden, dies bleibt allerdings Geschmacksache, meinen trifft sie nicht unbedingt.   

Service an Bord

Direkt nach dem Start erfolgte eine umfangreiche und erklärende Serviceansage zum Ablauf die mein Interesse weckte. Hatte ich das gerade richtig verstanden, dass der Service und Verzehr an Bord in „Blöcken zu je 20 Minuten“ stattfindet? Nur wenige Minuten später erfolgte Tatsache auch schon des Rätsels Lösung: Ja, der Service wurde durchorganisiert in zwei Blöcken zu je 20 Minuten durchgeführt. Zuerst erhielten sämtliche Sitzreihen mit geraden Nummern Essen und Getränke und hatten exakt 20 Minuten Zeit dafür die Maske abzunehmen.

Fünf Minuten vor Ablauf der zwanzig Minuten erfolgte dann eine weitere Durchsage, dass noch 5 Minuten übrig seien, bevor die Maske wieder aufgesetzt und der Müll eingesammelt werden würde. Nach dem Einsammeln erfolgte dann der erneute Service, diesmal nur für alle ungeraden Sitzreihen, ebenfalls mit dem Hinweis der 20 Minuten Zeitspanne versehen. Ein in nun mehr als 2 Jahren Pandemie erstmalig SO erlebtes Servicekonzept, dass einige Fragen aufwirft. Dieses interessante Konzept, welches mich persönlich gehetzt fühlen ließ, überschattet dadurch ein wenig dieses absolut grandiose Catering.

Serviert wurde zusammen mit einem kalten Getränk nach Wahl (auch das einheimische Bier Tropical konnte kostenfrei gewählt werden) eine „Gourmet Box“ bestehend aus „Royal Ibérico Salchichón“, Spanischem Humus, einer kleinen Tüte Crackern, einem lauwarmen Brötchen, einer Käse-Nuss Mischung, eine Box mit geschnittenem Snackgemüse sowie einem Schokoriegel. Alles bereits optisch hochwertig wirkend und sehr wohlschmeckend, für einen abendlichen Flug am Freitag genau die richtige Menge, eines der vielleicht besten Economy-Class Freiabgabe Caterings im derzeitigen Markt. Wenige Minuten nach dem Verteilen der Boxen sowie des Kaltgetränkes wurde außerdem noch Kaffee angeboten, welcher allerdings ebenfalls in der verbleibenden Zeit, der inzwischen ja bereits angebrochenen 20 Minuten ausgetrunken seien, musste.

Insgesamt wirkt die Crew zu jeder Zeit sehr freundlich, aufmerksam und präsent in der Kabine. Einziger persönlicher Kritikpunkt, war die hohe Anzahl an Ansagen auf einem Freitagabendflug, für meinen Geschmack definitiv ein wenig zu viel des Guten. Insgesamt gesehen aber von der Qualität der Speisen und Auswahl an Getränken sowie der Freundlichkeit der Crew an Bord ein Economy-Class Flug der kaum Wünsche offenließ und wirklich sehr gut war.

Wifi- / Entertainment

Auch im Bereich Entertainment zeigt Binter eine gute Lösung. Alle Embraer Flugzeuge verfügen über einen zeitgemäßen On-Demand-Streaming-Service für das eigene Endgerät. Dieser bietet eine kleine Film- und TV-Serienauswahl, einem extra Bereich mit Content für Kinder, Musik aus verschiedenen spanischen Tageszeitungen. Zusätzlich gibt es Destinationsinformationen und eine „AirShow“ Funktion.

Der gesamte Umfang ist jetzt nicht wahnsinnig umfangreich, aber für einen Mittelstreckenflug zwischen 2,5-4 Stunden maximal ausreichend und überaus positiv zu bewerten. Zusätzlich wird auch auf den Monitoren (für Licht, Temperatur usw.) an den Flugbegleiter Stationen in der vorderen und hinteren Bordküche die AirShow im Laufe des Fluges als Screensaver laufen gelassen, so dass über alle Generationen hinweg, die Möglichkeit besteht, die aktuelle Position einzusehen, beim Vertreten der Beine oder dem Weg zum stillen Örtchen.

Eine Erklärung des Entertainment Service ist in Form eines Aufklebers an jedem Vordersitz im Flieger angebracht und damit auch unübersehbar. WIFI / WLAN wird auf den Flugzeugen allerdings nicht angeboten.

Fazit:

Binter Canarias hat in den vergangenen Jahren zurecht diverse Auszeichnungen erhalten. Die Fluggesellschaft versteht sich nach außen hin nicht nur als Transportunternehmen von A nach B, sondern als Botschafter der Kanarischen Inseln.

Das gesamte Bordprodukt sowie die Ausstattung der Embraer ist von vorne bis hinten bis ins kleinste Detail durchdacht. Egal ob es die Kanarische Hintergrundmusik bei Start und Landung oder auch das ausgezeichnete Gratis-Catering unter Nutzung lokaler Produkte, während des Fluges. In den gemütlichen Ledersitzen, mit gutem Seatpitch, Steckdosen am Platz sowie On-Demand-Streaming wird auch ein dreistündiger Mittelstreckenflug sehr kurzweilig.

Die minutiös getakteten 20 Minuten zum Essen und Trinken sowie die auffallend hohe Anzahl an Ansagen auf einem Abend Flug waren für mich auf dem Testflug die einzigen zwei, wenn auch kleineren, Kritikpunkte.

Am Flughafen Las Palmas/Gran Canaria verfügt Binter über den Heimvorteil eigenem Ground Handling und sehr kurzen Umsteigewegen, so dass der Umstieg in weniger als 15 Minuten von Verlassen des E-Jets bis zum Betreten der ATR72 für den Weiterflug möglich ist.

Auf der Strecke von Palma de Mallorca nach Las Palmas fliegen derzeit nur zwei Airlines, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Wer bereit ist für ein wenig Komfort und eine angenehme Anreise ein paar Euro mehr zu bezahlen, der wird mit diesem Binter Flug die absolut richtige Wahl treffen. Für mich jedenfalls war dieser Flug, insbesondere im Bereich der Verpflegung wie eine kleine Zeitreise, zurück in eine Zeit in der fliegen noch etwas Besonderes war, genauso wie dieser Flug.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Redakteur dieses Artikels:

Steffen Lorenz war einige Jahrzehnte lang Flugbegleiter bei verschiedenen Airlines und verstärkt die Aviation.Direct-Redaktion seit Oktober 2021 in den Bereichen Produkttests und Tripreports.
[ssba-buttons]

Paywalls mag niemand
– auch Aviation.Direct nicht!

Informationen sollten frei für alle sein, doch guter Journalismus kostet viel Geld.

Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, können Sie Aviation.Direct freiwillig auf eine Tasse Kaffee Kaffee einladen.

Damit unterstützen Sie die journalistische Arbeit unseres unabhängigen Fachportals für Luftfahrt, Reisen und Touristik mit Schwerpunkt D-A-CH-Region und zwar freiwillig ohne Paywall-Zwang.

Wenn Ihnen der Artikel nicht gefallen hat, so freuen wir uns auf Ihre konstruktive Kritik und/oder Ihre Verbesserungsvorschläge wahlweise direkt an den Redakteur oder an das Team unter unter diesem Link oder alternativ über die Kommentare.

Ihr
Aviation.Direct-Team
Paywalls
mag niemand!

Über den Redakteur

Steffen Lorenz war einige Jahrzehnte lang Flugbegleiter bei verschiedenen Airlines und verstärkt die Aviation.Direct-Redaktion seit Oktober 2021 in den Bereichen Produkttests und Tripreports.
[ssba-buttons]

Paywalls mag niemand
– auch Aviation.Direct nicht!

Informationen sollten frei für alle sein, doch guter Journalismus kostet viel Geld.

Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, können Sie Aviation.Direct freiwillig auf eine Tasse Kaffee Kaffee einladen.

Damit unterstützen Sie die journalistische Arbeit unseres unabhängigen Fachportals für Luftfahrt, Reisen und Touristik mit Schwerpunkt D-A-CH-Region und zwar freiwillig ohne Paywall-Zwang.

Wenn Ihnen der Artikel nicht gefallen hat, so freuen wir uns auf Ihre konstruktive Kritik und/oder Ihre Verbesserungsvorschläge wahlweise direkt an den Redakteur oder an das Team unter unter diesem Link oder alternativ über die Kommentare.

Ihr
Aviation.Direct-Team
Paywalls
mag niemand!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Werbung