Der deutsche Luftverkehrsmarkt kämpft nach dem Corona-Schock mit einer schleppenden Erholung. Laut dem Branchenverband BDL (Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft) droht das Flugangebot von deutschen Flughäfen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern weiter zurückzufallen. Eine aktuelle Prognose zeigt, dass im Winterflugplan 2024/25 nur 85 Prozent der Sitzplätze angeboten werden, die vor der Corona-Krise im Winter 2018/19 verfügbar waren. Dies steht im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, deren Angebot bereits 109 Prozent des Vorkrisenwertes erreicht hat.
Der Hauptgrund für den Rückstand wird von der Branche in den hohen Kosten durch staatlich festgelegte Gebühren und Steuern gesehen. Seit 2020 haben sich diese Belastungen nahezu verdoppelt, was die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Flughäfen beeinträchtigt. BDL-Präsident Jens Bischof klagt, dass die deutsche Luftverkehrsteuer zuletzt zum 1. Mai um etwa 25 Prozent erhöht wurde. Diese zusätzliche Belastung hat dazu geführt, dass viele europäische Punkt-zu-Punkt-Airlines, die üblicherweise direkte Verbindungen anbieten, deutsche Flughäfen meiden.
Im Vergleich zu anderen europäischen Städten sind die staatlich festgelegten Gebühren für einen typischen Mittelstreckenflug in Deutschland erheblich höher. Beispielsweise betragen die Gebühren in Frankfurt, Stuttgart oder Düsseldorf rund doppelt so viel wie in Städten wie Rom, Oslo oder Brüssel. In Madrid liegen die Kosten für denselben Flug bei 660 Euro, während sie in deutschen Flughäfen bis zu 4.400 Euro betragen können.
Forderung nach einem Belastungsmoratorium
Der BDL fordert daher ein „Belastungsmoratorium“, also eine vorübergehende Aussetzung dieser Kosten. Bischof betont, dass dies ein erster Schritt wäre, um die Konnektivität der deutschen Flughäfen zu sichern und die Anbindung des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu verbessern. Das Ziel ist es, die Attraktivität deutscher Flughäfen für internationale und nationale Fluggesellschaften zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen Markt zu stärken.
Zusätzlich zu den bereits hohen Gebühren müssen Airlines und Flughäfen in Deutschland bald mit weiteren Kostensteigerungen rechnen. Ab Anfang nächsten Jahres wird der maximale Gebührensatz für Luftsicherheitskontrollen von 10 auf 15 Euro pro Passagier steigen. Dies wird die Betriebskosten weiter erhöhen und könnte die ohnehin angespannte finanzielle Lage der Luftfahrtunternehmen weiter verschärfen.
Kritik am EU-Klimapaket „Fit for 55“
Neben den nationalen Kostenbelastungen äußert der BDL auch Kritik am europäischen Klimapaket „Fit for 55“. Dieses Paket, das darauf abzielt, die EU bis 2030 um 55 Prozent klimafreundlicher zu machen, wird von der Branche als übermäßig belastend angesehen. Der BDL argumentiert, dass das Klimapaket die europäische Luftfahrtindustrie unverhältnismäßig stark belastet und den Wettbewerbsvorteil der Airlines aus dem arabischen Golf und der Türkei verstärkt. Diese Regionen profitieren von niedrigeren Betriebskosten und weniger strengen Umweltauflagen, was ihnen einen zusätzlichen Vorteil im internationalen Wettbewerb verschafft.
Auswirkungen auf die Branche
Die aktuellen Herausforderungen stellen die deutsche Luftverkehrsbranche vor erhebliche Probleme. Die hohen Kosten und die sich verschärfenden Wettbewerbsbedingungen könnten langfristige Auswirkungen auf die Entwicklung und Stabilität des Sektors haben. Eine nachhaltige Lösung ist notwendig, um die Attraktivität deutscher Flughäfen für internationale Fluggesellschaften zu erhöhen und den Wirtschaftsstandort Deutschland im globalen Wettbewerb zu stärken.
Die Branche fordert von der Politik ein Umdenken in Bezug auf die Kostenstruktur und die Regulierung, um eine ausgewogene und wettbewerbsfähige Grundlage für die Luftfahrtindustrie zu schaffen. Nur durch eine Kombination aus Kostenreduktion, regulatorischer Anpassung und strategischer Investition kann der deutsche Luftverkehrsmarkt seine Position im internationalen Vergleich verbessern und eine nachhaltige Erholung nach den pandemiebedingten Rückschlägen gewährleisten.
Der langsame Fortschritt des deutschen Luftverkehrs im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist ein besorgniserregendes Zeichen für die Branche. Hohe Kosten durch staatliche Gebühren und die bevorstehenden Erhöhungen belasten die Airlines und Flughäfen zusätzlich. Ein sofortiges Handeln zur Reduzierung dieser Kosten und eine kritische Überprüfung der europäischen Klimapolitik könnten entscheidend dafür sein, wie sich der deutsche Luftverkehrsmarkt in den kommenden Jahren entwickeln wird.