Im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und der Lufthansa-Tochter Eurowings wurde nun ein richtungsweisendes Urteil gefällt. Das Oberlandesgericht Köln bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, dass die Werbung von Eurowings zur CO2-Kompensation irreführend war und untersagte dem Unternehmen, weiterhin mit Formulierungen wie „CO2-neutral reisen … jetzt ausgleichen und abheben“ zu werben. Diese Entscheidung hat nicht nur Konsequenzen für Eurowings, sondern könnte auch weitreichende Auswirkungen auf die Werbepraktiken der gesamten Lufthansa-Gruppe haben, die in jüngster Zeit verstärkt auf Kompensationsangebote setzt.
Das zentrale Problem, das im Verfahren zur Sprache kam, war die Formulierung der Werbung, die den Eindruck erweckte, dass die Kompensation der CO2-Emissionen des Fluges bereits vor dem Abflug erfolgen würde. Das Oberlandesgericht erklärte, dass dieser Eindruck für viele Verbraucher irreführend sei, da sie erwarten würden, dass ihre Umweltbelastung durch den Flug unmittelbar ausgeglichen werde. In Wahrheit erfolgt die tatsächliche Kompensation jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt – möglicherweise abhängig von zukünftigen Prognosen und der Verfügbarkeit von Klimaschutzprojekten.
Das Gericht stellte fest, dass Eurowings in ihrer Werbung nicht ausreichend darauf hingewiesen hatte, dass die Kompensation der CO2-Emissionen nicht sofort, sondern erst in der Zukunft stattfinden könnte. Kunden hätten detailliertere Informationen über den zeitlichen Ablauf und die Unsicherheiten bezüglich der Kompensation erhalten müssen. Diese Entscheidung setzt einen wichtigen Präzedenzfall in Bezug auf die Transparenz von Werbeversprechen in der Luftfahrtbranche.
Die Praxis der CO2-Kompensation bei Lufthansa
Eurowings ist nicht das einzige Unternehmen innerhalb des Lufthansa-Konzerns, das CO2-Kompensation als Marketingstrategie nutzt. Bereits 2023 hatte die Lufthansa-Gruppe auf ausgewählten Strecken die sogenannten „Green Fares“ eingeführt – Flugtickets, bei denen die CO2-Emissionen des Flugs automatisch durch den Kauf von Kompensationen ausgeglichen werden. Die Lufthansa hatte diese Maßnahme als einen wichtigen Schritt zur Förderung von Klimaschutzmaßnahmen im Luftverkehr angekündigt und berichtete im Frühjahr 2024 von einem steigenden Interesse an diesen „grünen“ Tickets. Insbesondere auf Strecken wie Hamburg-München, Zürich-London und Frankfurt-Berlin konnte die Fluggesellschaft bereits eine positive Resonanz verzeichnen.
Trotz des Erfolgs bei der Einführung der Green Fares und der steigenden Nachfrage nach diesen Tickets ist das jüngste Urteil für Lufthansa ein unerwünschter Rückschlag. Die Entscheidung, dass Werbeaussagen zur CO2-Kompensation klarer und präziser formuliert werden müssen, könnte die Attraktivität der Kompensationsangebote beeinträchtigen und den breiteren Ausbau solcher Programme erschweren. Die Lufthansa hatte gehofft, dass der Trend zur CO2-Kompensation weiter zunehmen würde, doch die juristische Auseinandersetzung mit der DUH und die damit verbundenen Auflagen werfen nun einen Schatten auf diese Ambitionen.
Der Einfluss der Deutschen Umwelthilfe
Die Deutsche Umwelthilfe, die das Verfahren angestoßen hatte, hat in den letzten Jahren immer wieder gegen Unternehmen vorgegangen, die ihrer Meinung nach irreführende oder nicht ausreichende Informationen zur CO2-Kompensation verbreiten. Die Organisation kritisierte die Luftfahrtindustrie mehrfach für unklare oder täuschende Marketingpraktiken, die den Verbraucher über die tatsächliche Wirkung von Kompensationsangeboten im Unklaren ließen. Mit diesem Rechtsstreit hat die DUH nicht nur gegen Eurowings gewonnen, sondern auch ein weiteres Mal auf die Notwendigkeit einer ehrlicheren und transparenteren Kommunikation hingewiesen.
„Es geht nicht nur um die Transparenz der Werbung, sondern auch um die Aufklärung der Verbraucher“, sagte ein Sprecher der DUH nach dem Urteil. „Die Menschen müssen wissen, was sie tatsächlich kaufen und welche Auswirkungen ihre Entscheidungen haben.“ In der Luftfahrtbranche, wo CO2-Kompensationen oft als Teil eines „grünen“ Image-Marketings verwendet werden, wird dies als ein wichtiger Schritt hin zu mehr Klarheit und Fairness betrachtet.
Auswirkungen auf die Zukunft der CO2-Kompensation
Die Entscheidung des Gerichts könnte weitreichende Konsequenzen für die gesamte Luftfahrtbranche haben. In den letzten Jahren ist ein Trend zu beobachten, bei dem immer mehr Fluggesellschaften CO2-Kompensationen als Teil ihrer Angebote integrieren. Auch andere internationale Fluggesellschaften haben ähnliche Modelle eingeführt. Die Frage bleibt jedoch, wie diese Programme in Zukunft gestaltet werden müssen, um sowohl den rechtlichen Anforderungen zu entsprechen als auch den tatsächlichen Klimaschutz zu gewährleisten.
Die Lufthansa und Eurowings müssen nun ihre Kommunikationsstrategien anpassen und sicherstellen, dass ihre Werbeaussagen den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechen. Es ist wahrscheinlich, dass das Unternehmen in den kommenden Monaten und Jahren neue Informationsmaterialien entwickeln muss, die den Passagieren ein klareres Bild über den Prozess der CO2-Kompensation und die damit verbundenen Unsicherheiten vermitteln.
Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln gegen Eurowings stellt einen wichtigen Wendepunkt im Bereich der CO2-Kompensation in der Luftfahrtbranche dar. Es zeigt auf, wie kritisch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Werbung mit Klimaschutzmaßnahmen sind und wie stark Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden, wenn es um transparente und faire Kommunikation geht. Die Lufthansa-Gruppe wird nun gezwungen sein, ihre Marketingstrategien anzupassen, um den rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, während die Deutsche Umwelthilfe einen weiteren Sieg in ihrem Kampf für mehr Transparenz und Verantwortung im Bereich des Klimaschutzes verzeichnen kann.