Schwere Vorwürfe in Richtung Flughäfen und Airlines erhebt EU-Abgeordneter Andreas Schieder (SPÖ). Der österreichische Politiker wirft der Branche vor, dass diese das momentane Chaos in Kauf nehmen würde und sowohl die EU-Kommission als auch die Bundesregierung keine Maßnahmen ergreifen würden.
„Pünktlich zur Hauptreisezeit heißt es an den europäischen Flughäfen ‚Rien ne va plus!‘ Flugstreichungen, ungefragte Umbuchungen, lange Wartezeiten, Verspätungen und unkooperative Informationspolitik; wer in diesen Tagen mit dem Flugzeug verreisen will, braucht starke Nerven. Aber wer die Branche kennt und Medienberichte aufmerksam verfolgt hat, weiß, die Airlines sind sehenden Auges in diesen Chaos-Sommer marschiert. Und die EU-Kommission hat zugeschaut, denn die herausgestellte Marktposition der großen Airlines wurde trotz konsequentem Abbau des Angebots abgesichert. Dort hat man die Corona-Hilfen in Milliardenhöhe gerne eingestreift, aber gleichzeitig Personal entlassen und Kapazitäten heruntergefahren. Dass das erwartbar hohe Passagieraufkommen so nicht zu bewältigen sein wird, war klar, in erster Linie den Luftfahrtunternehmen. Die Kombination aus schlechten Arbeitsbedingungen, Personalauslagerungen und dem stetigen Preiswettbewerb nach unten führen zu dem Chaos, das wir nun auf europäischen Flughäfen vorfinden. Leidtragende sind jetzt die Konsumenten und die Beschäftigten“, so Schieder.
In der Pflicht sieht der österreichische EU-Abgeordnete in erster Linie die EU-Kommissarinnen Valean und Vestager, aber auch Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne). Letztere machte wiederholt mit eindeutigen Äußerungen klar, dass sie eine Gegnerin von Kurzstreckenflügen ist und forciert den Bahnverkehr mit Schwerpunkt Nachtzüge. Vor rund zwei Jahren kündigte das Regierungsmitglied Mindestpreise für Flugtickets an, jedoch wurden diese bislang nicht umgesetzt. Um das umstrittene Projekt, bei dem massive Rechtsbedenken bestehen, wurde es mittlerweile sehr ruhig.
Schieder stellt bezüglich dem aktuellen Flugchaos die Frage in den Raum, ob die Zustände „wissentlich in Kauf genommen wurden, weil der erwartete Profit die Entschädigungen übersteigt“. Die Wettbewerbsbehörden sollten nach Ansicht des Sozialdemokraten diese Frage unter die Lupe nehmen. Auch fordert er, dass die Entschädigungszahlen verpflichtend automatisiert werden sollen. Derzeit müssen betroffene Passagiere diese selbst bei der jeweiligen Fluggesellschaften einfordern und sind nicht selten damit konfrontiert, dass einige Anbieter alle Register ziehen, um sich vor der Auszahlung drücken zu können bzw. diese möglichst lange verzögern.
„Das Gejammer vom Personalmangel kann ich schon gar nicht mehr hören. Warum wurden bei der Vergabe der Corona-Hilfen an die Airlines keine klaren Kriterien in puncto Arbeitsbedingungen festgelegt. So hätte man Fremdvergaben bei den Beschäftigten und dem Ansatz nach immer noch billigerer Entlohnung entgegenwirken können. Die EU-Kommission ist jetzt gefordert, sich die Arbeitsbedingungen in der Luftfahrt genau anzusehen und für einheitliche europäische Regeln im Flugverkehr zu sorgen. Denn ein hochwirksames Mittel gegen den Personalmangel wären bessere Arbeitsbedingungen. Wer seinen Mitarbeitern Respekt entgegenbringt und für gute Entlohnung und Rahmenbedingungen sorgt, wird auch Menschen finden, die motiviert und gerne arbeiten. Natürlich kann man gerade in der sicherheitssensiblen Flugbranche nicht ein paar Tage vor der Hauptreisesaison damit beginnen. Der Schaden ist jetzt schon angerichtet, aber wir müssen die Auswirkungen für die Reisenden abfedern und für angemessene Entschädigung sorgen“, so Schieder.