Lohnforderungen: AUA-Konzernschwestern könnten Flüge ab Wien übernehmen

Airbus A320neo (Foto: Jan Gruber).
Airbus A320neo (Foto: Jan Gruber).

Lohnforderungen: AUA-Konzernschwestern könnten Flüge ab Wien übernehmen

Airbus A320neo (Foto: Jan Gruber).
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Im Rahmen eines Interviews mit dem Österreichischen Rundfunk stellte Austrian-Airlines-Chefin Annette Mann in den Raum, dass bei Annahme der Forderungen der Gewerkschaft Vida, andere Fluggesellschaften der Lufthansa Group, die „wirtschaftlicher“ sein sollen, ab Wien tätig werden könnten. Doch was bedeutet das überhaupt?

Der Betriebsrat Bord und die Gewerkschaft Vida ringen derzeit um höhere Gehälter für das fliegende Personal von Austrian Airlines. Während AUA-Chefin Mann der Ansicht ist, dass das jüngste Angebot des Unternehmens, das über die Wirtschaftskammer in die Verhandlungen eingebracht wurde, „sehr gut“ sein soll, wird dies von den Arbeitnehmervertretern zurückgewiesen. Der sprichwörtliche „Teufel“ liegt im Detail, also in der Zusammensetzung des Offerts, bei dem Austrian Airlines eigenen Angaben nach die „Schmerzgrenze“ bereits überschritten haben will.

Die auf den ersten Blick hohen Erhöhungen schließen Einmalzahlungen und erfolgsabhängige Vergütungen, die die AUA erst ab einer Rendite von acht Prozent ausbezahlen will, mit ein. Bis dato hatte Austrian Airlines noch nie eine Rendite in diesem Ausmaß. Im letzten Geschäftsjahr, das einen Rekordgewinn gebracht hat, lag man bei fünf Prozent. Dies Betriebsräte und Gewerkschafter halten unter anderem aus diesem Grund das Angebot für nicht annehmbar und haben die Flugbegleiter und Piloten zum Streik aufgerufen.

AUA könnte sich Druck der Arbeitnehmer beugen müssen

Im Gespräch mit dem Österreichischen Rundfunk räumte Mann ein, dass es durchaus dazu kommen könne, dass man sich den Forderungen beugen muss, denn die Arbeitnehmervertreter würden mit Streiks in eine Position kommen, in der sie regelrecht erzwingen könnten. Selbst teilgenommen hat die AUA-Generaldirektorin an den bisherigen Verhandlungen aber nicht. Den „Schaden“, der durch Betriebsversammlungen und die nunmehrigen Streiks entstanden sein soll, beziffert sie mit etwa 20 Millionen Euro. Doch was ist, wenn sich die Gewerkschaft durchsetzen sollte und die Sozialpartner sich auf erheblich höhere Löhne als von der AUA angeboten einigen sollten?

Für diesen Fall stellte Annette Mann in Aussicht, dass es dann zur Einstellung zahlreicher Routen kommen würde. Diese wären dann aufgrund gestiegener Personalkosten nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Sie verweist gleichzeitig darauf, dass der Carrier in die Modernisierung der laut ihr veralteten Flotte investieren würde. Nicht erwähnt: Der Lufthansa-Konzern hat genau diese Investitionen über fast 15 Jahre regelrecht verschleppt und immer wieder auf nicht erfüllbare Ziele verwiesen.

Eurowings Europe Basis Wien als möglicher „Joker“ für die Lufthansa Group

Die Einstellung der Routen würde aber nicht bedeuteten, dass sich der Lufthansa-Konzern von diesen zurückziehen würde. Ganz im Gegenteil: Mann stellt in Aussicht, dass eine nicht näher definierte Anzahl von Strecken künftig von anderen Konzernmitgliedern bedient werden könnten. Und zwar von jenen, die „wirtschaftlicher“ fliegen könnten. Konkret genannt wurde noch keine Schwestergesellschaft, jedoch dürfte es im Deutschland-Österreich-Verkehr vergleichsweise einfach sein die Routen nicht mehr mit AUA-Fluggerät ab Wien bedienen zu lassen, sondern zum Beispiel von Lufthansa, Lufthansa City, Lufthansa Cityline, Air Dolomiti oder Eurowings ab deutschen Airports. Wenn gewollt, wären auch Nightstopps in Wien möglich.

Bezüglich in Wien stationierter Flugzeuge hätte die Lufthansa Group noch eine Art „Joker“ in der Hinterhand. Die Basis Wien der mittlerweile maltesischen Eurowings Europe wurde formell noch nicht aufgelöst, da das fliegende Personal eine Beschäftigungsgarantie bis Ende 2024 hat. Derzeit werden die Piloten und Flugbegleiter zu anderen Bases gebracht, um von dort aus zu fliegen. Es wäre eine Kleinigkeit Eurowings Europe mit zusätzlichen Flugzeugen auszurüsten, die Wiener Base-Mitarbeiter wieder ab der Bundeshauptstadt einzusetzen und dann entweder im Auftrag der AUA zu fliegen oder formell auf eigene Rechnung, jedoch mit OS-Codeshare. Viele Passagiere, die bei der Buchung nicht so genau darauf achten was sie eigentlich buchen, würden dann erst im Flugzeug bemerken, dass sie nicht mit den Austrian Airlines, sondern mit Eurowings Europe fliegen. Angesichts dessen, dass die AUA vor der Corona-Pandemie bereits mehrere Maschinen der damals noch österreichischen Eurowings Europe im Wetlease hatte, ist dieses Szenario – nebst dem Operatorwechsel auf Deutschland-Strecken – zumindest nicht von der Hand zu weisen und wäre mit vergleichsweise geringem Aufwand rasch umsetzbar.

Rein theoretisch könnte Discover Airlines nach Wien gebracht werden

Auf der Langstrecke will sich die AUA auf absehbare Zeit von ihren alten Boeing 767 und 777 trennen. Erst am Dienstag machte das erste Gebrauchtflugzeug des Typs Boeing 787 die erste Landung auf dem Flughafen Wien. Dieses trägt noch die Livery von Bamboo Airways. Nach einem Check durch die Austrian-Airlines-Technik sollen weitere Arbeiten in Taipeh vorgenommen. Insgesamt elf Boeing 787-9 soll die AUA bekommen. Dieser Plan könnte durchaus ins Wanken geraten und ein Ersatz würde schon in Deutschland parat stehen.

Zumindest in der Theorie könnte Discover Airlines auch ab Wien aktiv werden. Mit entsprechender Vorlaufzeit könnte man auch einige Boeing 787 an dieses Unternehmen übergeben, so dass dieses beispielsweise USA-Strecken übernehmen könnte. Zu beachten ist auf der Langstrecke, dass Discover nur auf Routen, für die nicht zwingend ein österreichisches AOC erforderlich ist, zum Einsatz kommen kann. Zum Beispiel in die USA könnte das deutsche Luftfahrtunternehmen aufgrund des Openskies-Abkommens problemlos fliegen.

Noch gibt es keinerlei offizielle Pläne, dass es zum Start von Discover Airlines, zur Reaktivierung der Eurowings-Europe-Basis-Wien oder gar zur Stationierung eines anderen Lufthansa-Carriers in Wien kommt. Die Aussage von Annette Mann gegenüber dem ORF enthielt auch keinerlei Firmennamen, jedoch ist diese durchaus als Wink mit dem Zaunpfahl zu verstehen, dass die Konzernführung der Lufthansa Group keinesfalls so denkt, dass Wien die exklusive Heimat von Austrian Airlines ist. Vielmehr könnte man auch andere Fluggesellschaften des Konzerns stationieren. Ryanair hat es vorgemacht, denn Laudamotion wurde durch Lauda Europe, Malta Air und Buzz ersetzt. Die eigene Ryanair-Basis Wien hat man dicht gemacht.

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