Der Lufthansa-Konzern befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen notwendigen Sparmaßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und wachsendem Widerstand seitens der Gewerkschaften. Konzernchef Carsten Spohr verteidigte auf der Hauptversammlung die Strategie, kurze Flugstrecken zunehmend auf Tochtergesellschaften mit günstigeren Kostenstrukturen zu verlagern.
Diese Maßnahme, die von den Gewerkschaften als „konzerninterner Vernichtungswettbewerb“ kritisiert wird, soll es dem Unternehmen ermöglichen, zusätzliche Ziele anzubieten und im hart umkämpften europäischen Markt zu bestehen. Während Spohr die Notwendigkeit dieses Sparkurses betont, drohen der defizitären Kernmarke Lufthansa neue Streiks, da die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) dringende Tarifverhandlungen fordert.
Auslagerung von Flugbetrieb als strategische Notwendigkeit verteidigt
Carsten Spohr argumentierte vor den Aktionären, daß die Gründung und der Ausbau von Flugbetrieben wie Discover Airlines und Edelweiß außerhalb der Kernmarke Lufthansa eine „strategische Notwendigkeit“ darstellten.
Diese Gesellschaften könnten aufgrund ihrer niedrigeren Kostenstruktur zusätzliche Destinationen wirtschaftlich bedienen. Zudem hob Spohr die Rolle von Eurowings hervor, die mit einer Flotte von rund 100 Flugzeugen außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München erfolgreich touristische Flüge anbiete. Zukünftig soll auch die neue Gesellschaft City Airlines Zubringerflüge zu den beiden großen Lufthansa-Drehkreuzen übernehmen. Diese Strategie zielt darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit des Gesamtkonzerns zu stärken und in verschiedenen Marktsegmenten erfolgreich zu operieren.
Gewerkschaften sehen „Vernichtungswettbewerb“ und drohen mit Streiks
Die Gewerkschaften Vereinigung Cockpit (für Piloten) und Ufo (für Kabinenpersonal) kritisieren seit Jahren die zunehmende Verlagerung von Flugbetrieb auf Tochtergesellschaften, die teilweise nicht oder schlechter tarifiert sind. Joachim Vázquez Bürger, der Vorsitzende von Ufo, bezeichnete die entstandene Konkurrenzsituation innerhalb des Konzerns als einen „konzerninternen Vernichtungswettbewerb“. Diese Strategie untergrabe die Arbeitsbedingungen und Standards bei der Kernmarke Lufthansa.
Die Vereinigung Cockpit fordert den Lufthansa-Konzern auf, noch im Mai Tarifverhandlungen über die Alters- und Übergangsversorgung der rund 4.800 Piloten bei der Kernmarke aufzunehmen. Scheitern diese Verhandlungen, drohen erneute Streiks bei der defizitären Stammgesellschaft. VC-Sprecher Frank Blanken betonte die Dringlichkeit der Verhandlungen und warnte vor möglichen „geeigneten Reaktionen“, sollte die Arbeitgeberseite die Gespräche verzögern. Die angespannte Situation zwischen der Konzernführung und den Pilotengewerkschaften könnte somit zu weiteren Arbeitskämpfen führen, die den Flugbetrieb der Lufthansa erheblich beeinträchtigen könnten.
Belastungen der Kernmarke und Forderungen an die Politik
Die Kernmarke Lufthansa war im vergangenen Jahr die einzige Konzerngesellschaft, die einen Verlust verzeichnete. Als Hauptgründe nannte Carsten Spohr verzögerte Flugzeuglieferungen und besonders hohe Standort- und Personalkosten in Deutschland. Angesichts dieser Belastungen forderte der Lufthansa-Chef von der neuen Bundesregierung eine Reduzierung der staatlichen Kosten für Luftsicherheit und Flugsicherung.
Es sei nicht im Interesse der Regierung, daß Lufthansa ihr Wachstum zunehmend ins Ausland verlagern müsse. Die hohen Kosten in Deutschland schmälerten die Wettbewerbsfähigkeit der Kernmarke im internationalen Vergleich.