Die deutsche Lufthansa, eines der führenden Luftfahrtunternehmen Europas, plant offenbar, ihre neuen Boeing 787 Dreamliner in der Schweiz zu registrieren. Diese Überlegung kommt zu einer Zeit, in der sich die weltweiten Handelsbeziehungen zunehmend verschärfen.
Nach der Einführung von Strafzöllen durch die Vereinigten Staaten und den darauf folgenden Gegenmaßnahmen der Europäischen Union steht die internationale Luftfahrtindustrie vor erheblichen Herausforderungen. Inmitten dieser Spannungen versucht Lufthansa, ihre Kosten zu kontrollieren und drohende Verzögerungen bei der Auslieferung neuer Flugzeuge zu vermeiden. Der folgende Bericht beleuchtet die Hintergründe und die möglichen Folgen dieser Maßnahme.
Hintergrund: Handelskrieg belastet die Luftfahrtindustrie
Seitdem die Vereinigten Staaten unter der Führung von Präsident Trump 20 Prozent Strafzölle auf Waren aus der Europäischen Union verhängt haben, spitzen sich die Handelskonflikte weltweit zu. Als Reaktion führte die Europäische Union eigene Strafzölle auf US-Produkte ein. Die daraus resultierenden Verteuerungen betreffen auch die Luftfahrtbranche empfindlich, da Flugzeuge und Flugzeugteile zu den wichtigsten Exportgütern zählen.
Für Lufthansa, die auf eine zügige Auslieferung neuer Maschinen angewiesen ist, könnten diese Maßnahmen erhebliche Mehrkosten verursachen. Besonders betroffen sind die neuen Boeing 787-9 Dreamliner, von denen die Airline derzeit 34 Stück bestellt hat. 15 dieser Maschinen stehen laut Angaben von ch-aviation bereits zur Auslieferung bereit, doch Verzögerungen bei der Zertifizierung neuer Kabinenausstattungen durch die US-Luftfahrtbehörde FAA verhindern bislang die Übergabe.
Schweiz als strategischer Ausweg
In dieser angespannten Lage richtet Lufthansa ihren Blick auf die Schweiz. Das Land ist zwar nicht Mitglied der Europäischen Union, unterliegt aber dennoch hohen US-Zöllen von bis zu 31 Prozent. Dennoch erhebt die Schweiz bislang keine eigenen Strafzölle auf US-Waren, was den Import amerikanischer Flugzeuge weniger kostspielig macht als in EU-Mitgliedsstaaten.
Laut zahlreichen Medienberichten prüft Lufthansa daher die Möglichkeit, die neuen Dreamliner zunächst in der Schweiz zu registrieren. Diese Maßnahme könnte erhebliche Kosteneinsparungen bringen, indem sie die Belastung durch die europäischen Strafzölle umgeht. Nach der Registrierung in der Schweiz wäre eine spätere Überführung der Maschinen nach Deutschland denkbar, sobald sich die handelspolitische Lage beruhigt hat.
Weitere Bestellungen betroffen
Neben den Boeing 787 Dreamlinern hat Lufthansa auch 21 Boeing 777X bei dem amerikanischen Flugzeughersteller bestellt. Da die 777X noch auf ihre Zertifizierung wartet, könnte sich die Auslieferung weiter verzögern – eine Entwicklung, die durch zusätzliche Zölle weiter erschwert werden könnte. Branchenbeobachter wie Leeham News sehen Boeing in einer deutlich verletzlicheren Position als den europäischen Konkurrenten Airbus, da Boeing in weitaus größerem Umfang von internationalen Zulieferern abhängt und somit selbst auf dem US-Heimatmarkt von den Zöllen betroffen sein könnte.
Diese Unsicherheiten könnten Lufthansa dazu zwingen, weitere kreative Lösungen zu suchen, um ihre Flottenmodernisierung planmäßig voranzutreiben.
Risiken für Boeing und die globale Lieferkette
Die verschärften Handelskonflikte betreffen nicht nur Lufthansa, sondern die gesamte globale Luftfahrtindustrie. Chinesische Fluggesellschaften beispielsweise wurden kürzlich von ihrer Regierung angewiesen, keine weiteren Boeing-Flugzeuge abzunehmen. Die daraus resultierenden Stornierungen oder Verzögerungen könnten Boeing erheblich schaden, zumal der Wettbewerb durch Airbus und neue Anbieter wie den chinesischen Hersteller COMAC zunimmt.
Yicai Global berichtete, daß die neuen chinesischen Strafzölle von 125 Prozent auf US-Produkte die Kosten für Boeing-Flugzeuge für chinesische Airlines erheblich verteuern werden. Dies könnte dazu führen, daß chinesische Fluggesellschaften in Zukunft vermehrt auf Airbus setzen oder ihre Investitionen verschieben.
Auch für Boeing selbst sind die Auswirkungen gravierend: Da viele Bauteile aus dem Ausland stammen, könnten selbst Inlandsverkäufe durch die US-Zölle verteuert werden. Der CEO von AerCap, einer der weltweit größten Flugzeugleasinggesellschaften, erklärte bereits im März 2025, daß Boeing in einem globalen Handelskrieg mehr zu verlieren habe als Airbus.
Handlungsdruck für Lufthansa
Für Lufthansa ist die schnelle Integration der neuen Dreamliner in ihre Flotte von zentraler Bedeutung. Die Maschinen sollen unter anderem auf Mittelstrecken eingesetzt werden, um die Flottenflexibilität zu erhöhen und die Betriebskosten zu senken. Verzögerungen oder zusätzliche Kosten könnten die Wettbewerbsfähigkeit der Airline erheblich beeinträchtigen.
Angesichts der drohenden Risiken erscheint die vorübergehende Registrierung in der Schweiz als ein pragmatischer Schritt. Auch andere europäische Fluggesellschaften könnten künftig ähnliche Wege beschreiten, um den Auswirkungen des Handelskrieges zu entgehen.
Lufthansa sucht nach Wegen aus der Krise
Lufthansa befindet sich, wie viele andere internationale Unternehmen, in einer Phase strategischer Unsicherheit. Die Pläne, die neuen Dreamliner in der Schweiz zu registrieren, zeigen die Bereitschaft, flexibel auf politische und wirtschaftliche Herausforderungen zu reagieren. Während sich der Handelskrieg zwischen den Vereinigten Staaten und ihren wichtigsten Handelspartnern weiter zuspitzt, bleibt abzuwarten, wie nachhaltig und wirksam diese Maßnahmen sein werden.
Klar ist jedoch: In einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft müssen Unternehmen wie Lufthansa neue Wege finden, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und ihre Expansionspläne umzusetzen.