Die Lufthansa Group plant eine umfassende Umstrukturierung ihrer Kurzstreckenflüge, um auf die sich verändernde Marktnachfrage und die finanziellen Herausforderungen der Branche zu reagieren.
Die Entscheidung, mehr Kurzstreckenflüge von externen Partnern abwickeln zu lassen, sowohl von konzerninternen Tochtergesellschaften als auch durch externe Wetlease-Anbieter, ist ein zentraler Bestandteil der neuen Strategie des Unternehmens. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Effizienz zu steigern und die Betriebskosten zu senken, ohne dabei die Qualität der Dienstleistungen zu beeinträchtigen.
Strategische Neuausrichtung und Wetlease-Partnerschaften
Lufthansa-Chef Jens Ritter kündigte in Frankfurt an, dass das Unternehmen plant, einen exklusiven Wetlease-Partner zu engagieren, um insbesondere in den Sommermonaten die steigende Nachfrage nach Kurzstreckenflügen zu bedienen. Wetlease bezeichnet die Praxis, ein Flugzeug samt Crew zu mieten, was für die Fluggesellschaften eine flexible und kosteneffiziente Möglichkeit darstellt, ihre Kapazitäten schnell zu erweitern. Dies wird besonders wichtig, da Lufthansa im Sommer 25 zusätzliche Flugzeuge benötigt, um die hohe saisonale Nachfrage zu bewältigen, die insbesondere durch den Rückgang von Geschäftsreisenden und einen Anstieg des Freizeit- und Urlaubsreisens bedingt ist.
Während ein konkreter Wetlease-Partner noch nicht benannt wurde, gilt die lettische Fluggesellschaft Airbaltic als ein möglicher Kandidat. Airbaltic betreibt bereits moderne Airbus A220-Maschinen und ist als Dienstleister für verschiedene Lufthansa-Gesellschaften tätig. Die lettische Airline sucht derzeit nach Personal für neue Basen an Lufthansa-Drehkreuzen in Wien, München und Brüssel, was die Möglichkeit einer engeren Zusammenarbeit verstärkt.
Erweiterung der Flotte und Auswirkungen auf die Belegschaft
Im Zuge der strategischen Neuausrichtung plant Lufthansa eine erhebliche Erweiterung ihrer Kurz- und Mittelstreckenflotte. Laut Informationen des „Handelsblatts“ soll die Flotte von derzeit etwa 220 auf rund 250 Flugzeuge bis 2027/28 anwachsen. Bemerkenswerte 40 Prozent dieser Flugzeuge, also etwa 100 Maschinen, sollen dabei außerhalb der Lufthansa Classic betrieben werden. Dies bedeutet eine deutliche Zunahme an Wetlease- und Partnerflügen, was zu erheblichen Veränderungen in der Betriebsstruktur der Lufthansa führen wird.
Die Entscheidung, einen größeren Teil der Flotte von externen Betreibern managen zu lassen, hat bereits zu erheblichen Konflikten mit der Stammbelegschaft geführt. Die Gewerkschaften Ufo und Vereinigung Cockpit haben Bedenken geäußert und die möglichen Auswirkungen auf die Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen der Lufthansa-Mitarbeiter angeprangert. Die Lufthansa argumentiert jedoch, dass diese Strategie notwendig ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben und Kosten zu senken, insbesondere angesichts der jüngsten finanziellen Herausforderungen des Unternehmens.
Finanzielle Herausforderungen und Marktbedingungen
Die Entscheidung zur Auslagerung von Kurzstreckenflügen und zur Nutzung von Wetlease-Partnerschaften ist eng mit den finanziellen Herausforderungen verbunden, mit denen Lufthansa konfrontiert ist. Finanzchef Jörg Beißel erläuterte, dass unter anderem Kostenvorteile von chinesischen Airlines und die Nutzung des russischen Luftraums einen Druck auf die Ticketpreise im Fernost-Verkehr ausüben. Zudem wird Lufthansa im Atlantikverkehr durch US-Gesellschaften belastet, die verstärkt Direktflüge in Ferienregionen wie Griechenland anbieten, wodurch Lufthansa von vielen Umsteigern aus Europa, die nach Nordamerika reisen, verliert.
Diese Marktentwicklungen haben dazu geführt, dass Lufthansa gezwungen ist, ihre Geschäftsstrategien zu überdenken und innovative Wege zu finden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Auslagerung von Kurzstreckenflügen und die verstärkte Nutzung von Wetlease-Modellen sind Teil dieser umfassenden Strategie zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung.
Die geplante Neuausrichtung von Lufthansa, die auf den Einsatz externer Wetlease-Anbieter und die Erweiterung der Flotte setzt, stellt einen bedeutenden strategischen Schritt dar, um den aktuellen Herausforderungen in der Luftfahrtbranche zu begegnen. Während die Maßnahmen notwendig erscheinen, um auf die steigende Nachfrage und den finanziellen Druck zu reagieren, bringen sie auch Risiken und Konflikte mit sich, insbesondere in Bezug auf die Auswirkungen auf die Belegschaft. Die kommenden Monate werden zeigen, wie erfolgreich Lufthansa diese Übergangsphase bewältigt und welche langfristigen Auswirkungen die Strategie auf die Wettbewerbsfähigkeit und den Betrieb der Airline haben wird.