Mit großer Mehrheit haben jene fliegenden AUA-Mitarbeiter, die in der Gewerkschaft Vida organisiert sind, das jüngste Angebot in den Verhandlungen um einen neuen Kollektivvertrag für Austrian Airlines abgelehnt. Nun stehen weitere Arbeitskampfmaßnahmen bevor, weshalb ein neuerlicher Streik nicht ausgeschlossen ist.
Indes will sich der Vorstand der Fluggesellschaft in den nächsten Tagen „intensive Gedanken über die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens“ machen. Bereits vor einigen Wochen stellte Generaldirektorin Annette Mann in Aussicht, dass die eine oder andere Strecke eingestellt bzw. an Konzernschwestern innerhalb der Lufthansa Group übergeben werden könnte. Nun scheint man dies genauer zu prüfen.
In bislang 20 Verhandlungsrunden konnte in den Verhandlungen um einen neuen Kollektivvertrag für das fliegende Personal keine Einigung erzielt werden. Zahlreiche Betriebsversammlungen und ein Streik haben zwar für zahlreiche Flugausfälle und verärgerte Passagiere gesorgt, jedoch ist es dennoch zu keiner Annäherung gekommen.
Günther Ofner nennt Vida-Voting „Fake-Abstimmung“
Laut Gewerkschaft Vida wären etwa 60 Prozent der Piloten und Flugbegleiter Mitglieder und hätten somit an der jüngsten Abstimmung teilnehmen können. WKO-Fachgruppenobmann Günther Ofner behauptet jedoch, dass allenfalls ein Viertel in der Vida wäre- Laut ihm soll die überwiegende Mehrheit der fliegenden AUA-Mitarbeiter nicht gewerkschaftlich organisiert sein. Er spricht öffentlich gar von einer „Fake-Abstimmung“.
Jedenfalls hat Austrian Airlines etwa 3.500 fliegende Mitarbeiter. Laut Vida sollen 60 Prozent davon aufgrund ihrer Vida-Mitgliedschaft stimmberechtigt gewesen sein. Davon sollen sich 88 Prozent am Online-Voting beteiligt haben. Es hätten 90 Prozent der Teilnehmer das jüngste Angebot in den KV-Verhandlungen abgelehnt und sich für weitere Arbeitskampfmaßnahmen ausgesprochen.
„Mit der letzten Kommunikation der Gewerkschaft Vida wird auch heute offensichtlich, dass sie keine realistischen Vorstellungen von einer tragfähigen Zukunft von Austrian hat. Da es weiterhin keinen Abschluss gibt und wir mit weiteren Kampfmaßnahmen rechnen müssen, werden wir uns in den kommenden Tagen intensive Gedanken über die Zukunftsfähigkeit von Austrian machen“, reagiert Austrian Airlines auf das Abstimmungsergebnis.
AUA will Mitarbeitern miese Quartalszahlen in die Schuhe schieben
Zuletzt hat die AUA eigenen Angaben nach das zweitschlechteste Quartalsergebnis, das man in der Firmengeschichte in den ersten drei Monaten eines Jahres hatte, eingeflogen. Dies führt man unter anderem auf die Betriebsversammlungen und Streiks zurück. Diese sollen nicht nur Kosten verursacht haben, sondern auch das Vertrauen der Passagiere beschädigt haben, so dass die Vorausbuchungen ins Stocken geraten sein sollen.
Allerdings scheint Austrian Airlines zu verkennen, dass man auf der Kurz- und Mittelstrecke in der Economy-Class ein Produkt anbietet, das sich nur noch durch das größere Handgepäckstück von Billigfliegern unterscheidet. Für „Extraleistungen“ wie Aufgabegepäck, Sitzplatzreservierungen sowie Snacks und Getränke an Bord fallen mitunter deutlich höhere Mehrkosten als bei der Konkurrenz an. Gleichzeitig sind die reinen Flugscheinpreise häufig deutlich teurer. Der mangelnde „Mehrwert“ gegenüber Billigfliegern wie Ryanair und Wizz Air zum höheren Preis, dürfte auch seinen Beitrag dazu leisten, dass nach und nach auch einst treue AUA-Kunden zur Konkurrenz abwandern. Abgesehen von „Fanboys“ gilt die österreichische Kundschaft als wenig anbietertreu und neigt dazu stets so billig wie möglich zu buchen.
Genau in diesem Umstand sieht die Generaldirektion der Austrian Airlines ein Problem. Man verschweigt dabei aber, dass man die AUA in eine teure Airline mit Lowcoster-Service verwandelt hat und auf Dauer die zum Teil exorbitant erhöhten Ticketpreise nicht durchsetzbar sein werden. Genau aus diesem Grund denkt man bereits darüber nach, dass die eine oder andere Route an eine Lufthansa-Konzernschwester abgegeben werden könnte. Genau dieses Experiment hat man bereits in den Jahren 2018 und 2019 mit Eurowings Europe in Wien gemacht, wobei sich kein Erfolg eingestellt hat, so dass die Routen wieder an die AUA zurückgegeben wurden.
Lebenshaltungskosten in Österreich teurer als in Deutschland
Die Gewerkschaft Vida und der Betriebsrat Bord pochen weiterhin auf höhere Löhne für das fliegende Personal und verweisen darauf, dass die in Deutschland tätigen Konzern-Kollegen deutlich mehr verdienen würden. Die Lebenshaltungskosten in der Bundesrepublik liegen erheblich unter jenen in Österreich. Besonders alltägliche Güter wie Lebensmittel sind in Deutschland deutlich billiger als in der Alpenrepublik. Dennoch werden zum Beispiel bei Lufthansa an Flugbegleiter und Piloten höhere Löhne bezahlt als bei Austrian Airlines. Kritisch anzumerken ist, dass es die Gewerkschaft Vida war, die dem Umstand, dass sich die einst gutbezahlende Austrian Airlines zu einer Art Lohndumping-Bude der Lufthansa Group entwickelt hat. Die Arbeitnehmervertreter haben in der Vergangenheit niedrigeren Löhnen zugestimmt und haben nun den Salat, dass die Geschäftsleitung und die Wirtschaftskammer nicht im geforderten Ausmaß an der Lohnschraube nach oben drehen lassen wollen.
Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden, sollen mit dem neuen Kollektivvertrag, der sich in Verhandlung befindet korrigiert werden. Die Beschäftigten wollen ihren Teil vom Kuchen, also dem Rekordgewinn dank exorbitant erhöhter Ticketpreise, abhaben. Es geht nicht um Einmalzahlungen, sondern darum, dass es sich um reale Lohnerhöhungen handelt, die eben nicht von der in Österreich hohen Inflation entwertet werden.
Da die Ansichten von Austrian Airlines/Wirtschaftskammer und Vida/Betriebsrat sehr weit voneinander entfernt sind, ist damit zu rechnen, dass es bereits in den nächsten Tagen zu einem weiteren Streikaufruf und/oder Einladungen zu Betriebsversammlungen kommen könnte. Wie man es genau bezeichnet ist für die Passagiere irrelevant, denn für diese zählt das Ergebnis, sprich die Flugstreichung und das Kämpfen um eine Ersatzbeförderung, wenn man genau an diesem Tag reisen muss.