Tirol, eine der führenden Tourismusdestinationen in Österreich, zieht eine gemischte Bilanz nach der Sommersaison 2024. Obwohl es in den Nächtigungen einen leichten Rückgang gab, bleibt die Branche stabil, vor allem hinsichtlich der Wertschöpfung. Zugleich zeigt sich der Tourismus zuversichtlich für die bevorstehende Wintersaison, die am 1. November2024 beginnt. Die komplexen Rahmenbedingungen – insbesondere das wechselhafte Wetter und die zunehmende Kurzfristigkeit der Buchungen – stellten die Betriebe jedoch vor erhebliche Herausforderungen.
Die Sommersaison, die mit Ende Oktober offiziell zu Ende geht, verzeichnete trotz widriger Umstände nur einen minimalen Rückgang. Laut den ersten Berechnungen des Management Center Innsbruck (MCI) betrugen die Nächtigungen in den Monaten Mai bis September rund 20,3 Millionen – ein Rückgang von 0,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch bleibt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste stabil bei 3,6 Tagen. Diese Zahlen spiegeln den hohen Stellenwert des Tourismus in Tirol wider, trotz Herausforderungen wie den immer wieder durchwachsenen Wetterperioden, die insbesondere im September zu spüren waren.
Mario Gerber, Tourismuslandesrat in Tirol, zieht dennoch ein positives Fazit: „Wir hatten im Vorjahr eine starke Nachfrage und das beste Sommerergebnis seit 1992. Daher sind wir zufrieden, diese sehr gute Bilanz in diesem Sommer annähernd halten zu können.“ Auch die Wertschöpfung des Tourismus bleibt stabil: 2,4 Milliarden Euro erwirtschaftete die Branche im Sommer 2024, was einen minimalen Rückgang von 0,1 Prozent bedeutet, wenn man die Inflation berücksichtigt.
Herausforderungen der Kurzfristigkeit und Kostensteigerungen
Besonders belastend für die Betriebe ist die zunehmende Kurzfristigkeit der Buchungen und Stornierungen, wie Alois Rainer, Spartenobmann Tourismus- und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Tirol, berichtet. „Gäste buchen an mehreren Orten gleichzeitig und fahren dann dorthin, wo das Wetter am besten ist. Das erschwert die Planung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Ressourcen massiv“, erklärt Rainer. Diese Entwicklung erhöht den Druck auf die Hotellerie und Gastronomie, die ohnehin mit gestiegenen Kosten für Energie, Wareneinsatz und Löhne zu kämpfen haben.
Die wirtschaftliche Balance zu finden, ist für viele Betriebe eine Gratwanderung. Einerseits müssen Preisanpassungen vorgenommen werden, andererseits darf die Zahlungsbereitschaft der Gäste nicht überstrapaziert werden. „Die gestiegenen Kosten lassen sich nicht immer vollständig auf die Preise umlegen. Damit bleibt unterm Strich teilweise zu wenig übrig“, so Rainer weiter.
Marktentwicklungen: Rückgänge in den Nahmärkten, Wachstum bei Fernmärkten
Ein weiterer Aspekt, der die Sommersaison beeinflusste, war die Entwicklung der verschiedenen Quellmärkte. Besonders die Nahmärkte Deutschland, Österreich, die Schweiz und die Niederlande, die gemeinsam 80 Prozent der Nächtigungen in Tirol ausmachen, verzeichneten leichte Rückgänge. So gingen die Nächtigungen deutscher Gäste um 1,4 Prozent zurück, während der heimische Markt Österreich ein Minus von 2,7 Prozent verzeichnete.
Interessanterweise zeigte sich jedoch ein deutliches Wachstum bei den Fernmärkten. Besonders aus den USA und China gab es starke Zuwächse. Die Nächtigungen amerikanischer Gäste stiegen um 9,9 Prozent, während der chinesische Markt mit einem Plus von 159 Prozent einen signifikanten Anstieg verzeichnete, wenn auch auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Diese Entwicklung spiegelt das wachsende Interesse an Tirol als Reisedestination auch außerhalb Europas wider.
Positive Aussichten für die Wintersaison
Trotz der Herausforderungen in der Sommersaison blickt die Tiroler Tourismusbranche optimistisch in den bevorstehenden Winter. Laut einer Umfrage des saisonalen Tourismusbarometers, einer repräsentativen Befragung unter Tiroler Unterkunftsbetrieben, haben 76 Prozent der Betriebe eine gleich gute oder sogar bessere Buchungslage als im Vorjahr. Besonders die Nachfrage aus Deutschland, dem wichtigsten Markt für den Wintertourismus in Tirol, zeigt sich stabil. 85 Prozent der Betriebe berichten von einer gleichbleibenden oder verbesserten Buchungslage.
Auch die Tirol Werbung, die für das Marketing des Bundeslandes verantwortlich ist, investiert intensiv in die Bewerbung der Wintersaison. Rund 7,3 Millionen Euro fließen in Werbekampagnen, die auf acht europäischen Märkten präsent sind. Die Buchungslage für die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage ist bereits sehr positiv, während für den Februar, dem traditionell stärksten Monat, die Buchungen derzeit noch leicht hinter dem Vorjahr zurückliegen.
Herausforderungen bei der Personalsuche
Neben der Buchungslage bleibt jedoch die Frage nach ausreichend qualifiziertem Personal ein ständiges Thema für die Betriebe. „Aktuell hat sich die Situation etwas entspannt, dennoch fehlen noch immer zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, erklärt Alois Rainer. Initiativen wie die „Bist Happy“-Kampagne der Wirtschaftskammer Tirol sollen dazu beitragen, die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu messen und somit langfristig für motivierte und loyale Arbeitskräfte zu sorgen.
Nachhaltigkeit als Pluspunkt für Tirol
Ein weiterer Faktor, der das Image Tirols als Urlaubsdestination stärkt, ist das positive Feedback der Gäste. Eine Analyse von mehr als 30.000 Gästebewertungen durch die Tirol Werbung ergab, dass 85 Prozent der Bewertungen positiv ausfielen. Besonders im Bereich Nachhaltigkeit erhielt Tirol hohe Zustimmungswerte: 92 Prozent der Bewertungen zu diesem Thema waren positiv, wobei die Gäste vor allem die Regionalität und die Verwendung regionaler Produkte lobten.