Von wegen “einheitliche Reisegeln” – Viele EU-Staaten kochen eigene Suppe

Reisender (Foto: Unsplash/Mantas Hesthaven).
Reisender (Foto: Unsplash/Mantas Hesthaven).

Von wegen “einheitliche Reisegeln” – Viele EU-Staaten kochen eigene Suppe

Reisender (Foto: Unsplash/Mantas Hesthaven).
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Viele Medien haben regelrecht gefeiert, dass ab 1. Feber 2022 das Reisen innerhalb der Europäischen Union wieder einfacher möglich sein wird. Allerdings ist die Einigung, die auf europäischer Ebene erzielt wurde, erneut ein regelrechter Murks, denn beispielsweise Österreich hat sie gar nicht übernommen.

In der Coronakrise zeigte sich schon öfters, dass sich Regierungschefs und/oder Minister der EU-Mitglieder in Brüssel oder Straßburg auf einheitliche Regeln einigen. Kaum waren die Videokonferenz oder die Besprechung vor Ort beendet, verkündete man groß den Erfolg. Genau so machte es zuletzt auch Österreichs EU-Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). In einer OTS-Mitteilung feierte sie den Erfolg regelrecht. Doch sie machte offensichtlich die Rechnung nicht mit dem Wirt, sprich ihrem Ministerkollegen Wolfgang Mückstein (Grüne).

Kurios, aber wahr: Österreich wirkte an einheitlichen Reisegeln für den EU-Raum mit und setzt sie selbst gar nicht um. Mückstein denkt gar nicht daran die Einreiseverordnung, die auf 2Gplus (geimpft plus PCR-Test, genesen plus PCR-Test oder dreimal geimpft) zu lockern. Das Gesundheitsministerium bezog auf mehrfache Nachfrage, ob Österreich die EU-Regeln übernimmt und falls nein warum, keine Stellung. Es ist mittlerweile üblich, dass sich dieses Ministerium zu „unangenehmen Dingen“ überhaupt nicht äußert.

Von Reisenden kann und muss man verlangen, dass diese sich selbst im Vorfeld über die Voraussetzungen für die jeweilige Einreise informieren. „Hab ich nicht gewusst“ kann in Ländern, die visumspflichtig sind, nicht dazu führen, dass man dennoch einreisen darf. Schafft man es überhaupt ins Flugzeug, folgt in der Regel die Zurückweisung und die Airline muss die Person wieder zurückbefördern. Selbstverständlich gibt es dafür dann eine saftige Rechnung. Dass man als EU-Bürger im Regelfall für China oder Russland ein Visum braucht, ist allgemein bekannt. Innerhalb der EU wirken die Beschränkungen auf viele immer noch befremdlich.

Das Kernproblem der „Einigung auf einheitliche Reiseregeln“ liegt darin, dass die tatsächliche Umsetzung für die Mitgliedsstaaten nicht verbindlich ist. Leider gehört es schon fast zum guten Ton, dass man sich auf Unionsebene auf etwas einigt und dann den Kompromiss nicht umsetzt. Österreich ist nicht der einzige Staat, der ausschert.

Reisenden können sich daher keinesfalls auf Aussagen von Politikern, die in Medienberichten zitiert werden, verlassen. Es bleibt momentan nichts anderes übrig als sich vor der Abreise zu informieren welche Voraussetzungen für die Einreise in das Zielland erfüllt werden müssen. Auch von Vorteil ist, wenn man prüft was man für die Rückkunft in den Wohnsitzstaat so alles dabei haben muss.

Überblick (Auswahl) über abweichende Regeln

Österreich praktiziert weiterhin die so genannte 2Gplus-Regel. Personen, die keine dreifache Impfung gegen Covid-19 nachweisen können, müssen zusätzlich einen negativen PCR-Test vorlegen. Ungeimpfte wandern für zehn Tage in Quarantäne. Freitesten ist nach fünf Tagen möglich. Die Testung kann auch in Österreich nachgeholt werden. In diesem Fall ist die Pre-Travel-Clearance auszufüllen. Ist man dreifach geimpft, so benötigt man die PTC nicht – egal aus welchem Staat man gerade kommt.

Der Mittelmeerstaat Malta ändert die Einreiseregeln ebenfalls nicht. Man muss weiterhin den 2G-Status nachweisen. Genesene müssen besonders genau darauf achten, dass sie die Maximalfrist nicht überschreiten, denn sonst könnte die Einreise – ohne Auffrischungsimpfung – verweigert werden. Auch Geimpfte müssen beachten, dass diese unter Umständen die Booster-Impfung benötigen. Ungeimpfte können ohne kostenpflichtige Hotelquarantäne nicht einreisen.

Die Slowakei verlangt von Ungeimpften weiterhin eine Quarantäne. Diese dauert mindestens fünf Tage. Die Regel trifft auch Genesene, die bislang nur eine Dosis erhalten haben. Dreifach Geimpfte oder Genesene mit zwei Impfungen sind ausgenommen. Die Vorlage eines negativen Coronatests führt in der Slowakei zu keinen Erleichterungen.

Ähnlich, aber doch ein wenig anders, verhält es sich in Tschechien. Hier benötigen alle Personen einen negativen Coronatest. Davon ausgenommen sind Reisende, die drei Impfungen nachweisen können. Auch gibt es im so genannten „kleinen Grenzverkehr“ bis zu einer maximalen Dauer von 24 Stunden stark vereinfachte Regeln.

Italien hat erst vor wenigen Tagen die Einreisebestimmungen stark vereinfacht. Die Vorlage eines negativen Testbefunds wurde für Geimpfte und Genesene gestrichen. Ungeimpfte können das Land wieder mit einem negativen Befund bereisen. Man hat weitgehend die EU-Empfehlung übernommen, jedoch gilt es ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Regionalregierungen zum Teil abweichende Bestimmungen haben. Darüber sollte man sich im Vorfeld der Reise informieren. Achtung! Italien hat in vielen Bereichen des täglichen Lebens weiterhin die 2G-Regel. Das bedeutet beispielsweise, dass man ohne 2G-Nachweis weder Hotels, Restaurants noch Schilifte nutzen darf. Auch die öffentlichen Verkehrsmittel unterliegen 2G.

In Frankreich muss man ebenfalls regionale Sonderregelungen beachten, da es den Regionalregierungen gestattet ist Verschärfungen zu vollziehen. Geimpfte und Genesene können im Regelfall ohne weitere Auflagen einreisen. Ungeimpfte müssen beachten, dass sowohl PCR- als auch Antigen-Befunde maximal 24 Stunden alt sein dürfen. Hier gilt es auf eine große „Falle“ aufmerksam zu machen, denn die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln – inklusive Inlandsflügen – ist an den 2G-Status geknüpft. Das kann dazu führen, dass man beispielsweise in Paris strandet, weil die Airline zwar Ungeimpfte international nach Frankreich befördern darf, aber nicht innerhalb des Landes.

Die Mittelmeerstaaten Zypern, Portugal und Griechenland weichen von der EU-3G-Regel insofern ab, denn alle Personen, die einreisen wollen, müssen unabhängig vom Impf- oder Genesungsstatus zusätzlich einen negativen Coronatestbefund vorlegen. In Zypern muss nach der Einreise ein weiterer Test absolviert werden.

Bulgarien, Finnland und Dänemark haben das bisherige Regelwerk durch 3G ersetzt. Man hat weitgehend die Einigung, die auf EU-Ebene erzielt wurde, übernommen. Finnland kündigte darüberhinaus an, dass man die „Corona-Grenzkontrollen“ einstellen wird. Estland, Litauen und Lettland machen die Einreise noch immer davon abhängig wo man sich in den letzten sieben Tagen aufgehalten haben. Nur Geimpfe und Genesene profitieren von Erleichterungen. Ungeimpften kann trotz negativem Test eine Quarantäne blühen.

Eine Besonderheit ist in Rumänien und Irland zu beachten. Zwar stellen die beiden Staaten wieder auf 3G um, jedoch werden die Ergebnisse von Antigen-Schnelltests nicht anerkannt. Das bedeutet konkret, dass Ungeimpfte zur Einreise ohne Quarantäne zwingend ein negatives PCR-Ergebnis vorlegen müssen.

1 Comment

  • ZRH , 3. Februar 2022 @ 08:31

    Danke für den tollen Artikel! Sehr relevant! Diese Recherche hat sich gelohnt und ist eine erfrischende Abwechslung zu den “Copy-and-Paste-Ticker-Meldungen”, die sich ansonsten überall wiederholen.

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  • ZRH , 3. Februar 2022 @ 08:31

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