Boeing 787-9 (Foto: Anna Zvereva).
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WestJet unter Druck: Gericht fordert Herausgabe von Unterlagen zu Belästigungsvorwürfen gegen Flugbegleiter

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WestJet, die zweitgrößte Fluggesellschaft Kanadas, steht derzeit im Mittelpunkt eines rechtlichen Streits, der die Fluggesellschaft dazu zwingt, Unterlagen über Vorfälle von Belästigung und sexuellen Übergriffen gegenüber Flugbegleitern herauszugeben. Der Oberste Gerichtshof der Provinz British Columbia forderte WestJet auf, ihre Akten zu Belästigungsbeschwerden vorzulegen, nachdem die Fluggesellschaft bei der Bereitstellung dieser Dokumente eine schleppende Haltung gezeigt hatte. Die Ermittlungen stehen im Zusammenhang mit einer Sammelklage, die bereits 2016 eingereicht wurde und in der die Fluggesellschaft beschuldigt wird, ihre Verpflichtung zur Schaffung eines sicheren und respektvollen Arbeitsplatzes für Flugbegleiter verletzt zu haben.

Die Klage, die von mehreren Flugbegleitern unterstützt wird, wirft der Fluggesellschaft vor, nicht angemessen auf Beschwerden über Belästigung reagiert zu haben. Besonders im Fokus stehen Vorwürfe über das Verhalten männlicher Piloten gegenüber weiblichen Flugbegleitern. Der Fall hat in Kanada große Aufmerksamkeit erregt, da er sowohl die Arbeitsbedingungen im Luftfahrtsektor als auch die Verantwortlichkeit großer Unternehmen bei der Bearbeitung von Belästigungsvorwürfen aufzeigt.

Der Fall der Sammelklage und die Vorwürfe

Die Sammelklage gegen WestJet wurde 2016 eingereicht, nachdem mehrere Flugbegleiter behauptet hatten, dass die Fluggesellschaft ihren Verpflichtungen aus den Arbeitsverträgen nicht nachgekommen sei. Laut den Klägern hatte WestJet wiederholt versäumt, für einen sicheren, belästigungsfreien Arbeitsplatz zu sorgen. Diese Unterlassung führte zu einer Reihe von Beschwerden, die von sexuellen Übergriffen bis hin zu unangemessenem Verhalten am Arbeitsplatz reichten.

Die Klage bezieht sich auf Vorfälle, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckten und für die die Fluggesellschaft laut den Klägern nicht in angemessenem Umfang reagiert hatte. WestJet hat, wie in den öffentlichen Berichten angegeben, zwar einige Dokumente zur Verfügung gestellt, aber es wird behauptet, dass die Fluggesellschaft wichtige Unterlagen zurückgehalten und nur eine begrenzte Zahl von Beschwerden vorgelegt hat. Laut der kanadischen Presse umfasst die Anzahl der Beschwerden eine Reihe von sexuellen Belästigungen, die zwischen 2018 und 2022 gemeldet wurden. Bis zum Zeitpunkt des Gerichtsurteils hatte WestJet nur 24 solcher Beschwerden eingereicht, obwohl intern eine höhere Anzahl dokumentiert wurde.

Das Urteil des Obersten Gerichtshofs

Der Oberste Gerichtshof von British Columbia hat die Fluggesellschaft wiederholt aufgefordert, die vollständigen Akten über die Belästigungsbeschwerden vorzulegen. Richterin Jacqueline Hughes kritisierte WestJet dafür, dass die Fluggesellschaft bei der Bereitstellung der Dokumente eine langsame und potenziell kontraproduktive Vorgehensweise an den Tag gelegt habe. Besonders besorgniserregend war für den Gerichtshof die Tatsache, dass das Unternehmen nicht hinreichend erklärte, warum diese Unterlagen nicht rechtzeitig oder vollständig eingereicht wurden. Hughes ordnete an, dass alle relevanten Dokumente, die Beschwerden über Belästigungen zwischen dem 4. April 2014 und dem 28. Februar 2021 betreffen, innerhalb der nächsten 45 Tage vorgelegt werden müssen.

Das Gericht betonte zudem, dass es unklar bleibe, wie sich das angebliche Versäumnis von WestJet, einen belästigungsfreien Arbeitsplatz zu bieten, auf den Kern der Sammelklage auswirke, insbesondere in Bezug auf die Arbeitsverträge der Kläger. Die Frage, inwiefern das Unternehmen gegen die Verpflichtung zur Gewährleistung eines sicheren Arbeitsumfeldes verstoßen habe, bleibt ein zentrales Thema der laufenden rechtlichen Auseinandersetzungen.

WestJet und die Reaktion auf die Kritik

WestJet ist in der kanadischen Luftfahrtbranche bekannt für ihre günstigen Preise und ihr großes Streckennetz, das zahlreiche nationale und internationale Verbindungen umfasst. Doch die Fluggesellschaft steht nun unter zunehmendem Druck, ihre internen Prozesse und ihre Haltung gegenüber den Belästigungsbeschwerden zu überarbeiten. Die fehlende Transparenz und die langsame Reaktion auf die Forderungen des Gerichts haben den Ruf des Unternehmens erheblich beschädigt.

Die Fluggesellschaft hat bislang nur eine begrenzte Zahl von Beschwerden vorgelegt, was in den Augen vieler als unzureichend angesehen wird. Dies hat nicht nur rechtliche Folgen, sondern wirft auch Fragen zur Unternehmenspolitik und der Umgang mit internen Beschwerden auf. In der Vergangenheit wurde die Fluggesellschaft wiederholt wegen unzureichender Schulungen und veralteter Richtlinien im Umgang mit Belästigungsfällen kritisiert.

Die Klagemängel und die wiederholten Verzögerungen bei der Dokumentenübergabe haben den Fall in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Es bleibt abzuwarten, wie WestJet auf das Urteil reagieren wird und welche Maßnahmen das Unternehmen ergreifen wird, um die Situation zu entschärfen und das Vertrauen in die Unternehmenskultur wiederherzustellen.

Bedeutung der Sammelklage für den Luftfahrtsektor

Der Fall WestJet hat weitreichende Implikationen für die Luftfahrtindustrie in Kanada und darüber hinaus. Er beleuchtet die Herausforderungen und die Notwendigkeit für Fluggesellschaften, einen proaktiven Umgang mit Belästigungsvorwürfen zu entwickeln und ein sicheres Arbeitsumfeld für ihre Angestellten zu gewährleisten. Fluggesellschaften und andere Unternehmen im Transportsektor werden durch diesen Fall möglicherweise dazu gedrängt, ihre internen Richtlinien und Schulungsprogramme zu überarbeiten und klarere Verfahren für den Umgang mit Beschwerden einzuführen.

Die Diskussion über Belästigung am Arbeitsplatz ist längst nicht nur auf den Luftfahrtsektor beschränkt, sondern betrifft viele verschiedene Branchen. Der Fall WestJet zeigt, wie wichtig es ist, dass Unternehmen sowohl die Mitarbeiter als auch die Öffentlichkeit mit einer klaren Haltung zur Bekämpfung von Belästigung und Diskriminierung konfrontieren. Sollte der Fall zu einer Entscheidung führen, die die Verantwortlichkeit von Unternehmen bei der Bearbeitung solcher Beschwerden stärkt, könnte dies weitreichende Auswirkungen auf die Arbeitsrechtsprechung und die Unternehmenspolitik im Allgemeinen haben.

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