Wizz Air hat sich erneut für Pratt & Whitney Triebwerke entschieden, um bis zu 177 weitere Airbus A321neo-Flugzeuge anzutreiben. Die Vereinbarung wurde am 17. Juni 2025 auf der Pariser Luftfahrtschau bestätigt und festigt die langjährige Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen.
Diese Entscheidung ist bemerkenswert, da Wizz Air in jüngster Zeit gezwungen war, große Teile ihrer bestehenden Flotte am Boden zu lassen, da die derzeitigen Pratt & Whitney Triebwerke unvorhergesehenen Wartungsarbeiten unterzogen werden mußten. Trotzdem betonte Wizz Air-Chef József Váradi die wirtschaftlichen Vorteile der GTF-Triebwerke, welche eine „unschlagbare Treibstoffeffizienz“ bieten sollen. Mit diesem neuen Auftrag erhöht sich die Gesamtzahl der von Pratt & Whitney GTF-Triebwerken angetriebenen Wizz Air-Flugzeuge auf 453.
Langjährige Partnerschaft im Schatten von Herausforderungen
Die Beziehung zwischen Wizz Air und Pratt & Whitney ist eine, die auf einer langen Historie basiert. Bereits in den Jahren 2016 und 2020 hatte Wizz Air Pratt & Whitneys GTF-Triebwerke für insgesamt 276 Airbus A320neo, A321neo und A321XLR Flugzeuge ausgewählt. Die jüngste Entscheidung, weitere 177 Airbus A321neo mit den PW1100G-JM Getriebefan-Triebwerken auszustatten, unterstreicht das Vertrauen in die Technologie und die Fortsetzung einer exklusiven Partnerschaft, die seit dem Jahre 2003 besteht. Rick Deurloo, Präsident für kommerzielle Triebwerke bei Pratt & Whitney, bezeichnete die heutige Ankündigung als „einen weiteren wichtigen Meilenstein in unserer langjährigen Beziehung zu Wizz Air und ein Vertrauensbeweis in das GTF-Triebwerk.“
Die jüngste Entscheidung war jedoch nicht ohne Diskussionspunkt. Es war bekannt, daß auch CFM International im Rennen um diesen lukrativen Auftrag war. Die Wahl zugunsten von Pratt & Whitney erfolgte, obwohl Wizz Air in der Vergangenheit mit Problemen konfrontiert war, die zu erheblichen Betriebsbeeinträchtigungen führten. Berichte deuten darauf hin, daß die Fluggesellschaft gezwungen war, zahlreiche Flugzeuge stillzulegen, da die vorhandenen Pratt & Whitney Triebwerke aufgrund eines Materialfehlers, insbesondere in der Turbinenschaufel, zur Wartung mußten. Dies führte zu Flugausfällen und Unannehmlichkeiten für Passagiere. Die damit verbundenen Kapazitätseinschränkungen stellten für Wizz Air eine nicht unerhebliche operative und finanzielle Belastung dar.
Trotz dieser Schwierigkeiten scheint Wizz Air die langfristigen wirtschaftlichen Vorteile der GTF-Triebwerke höher zu bewerten als die kurzfristigen operationalen Herausforderungen. József Váradi, CEO von Wizz Air, erklärte: „Unsere Beziehung zu Pratt & Whitney war maßgeblich für die Unterstützung unserer Wachstumsstrategie, die Wizz Air in die Lage versetzen wird, innerhalb eines Jahrzehnts eine Flotte von 500 Flugzeugen zu haben. Die GTF-Triebwerkstechnologie liefert die wirtschaftlichste Lösung, bietet eine unschlagbare Treibstoffeffizienz und ermöglicht leisere Flüge für unsere Passagiere sowie eine niedrigere Kostenbasis für die Fluggesellschaft.“ Die Entscheidung reflektiert somit eine strategische Langzeitperspektive, in der die angestrebte Kosteneffizienz und das Wachstum im Vordergrund stehen.
Die GTF-Triebwerkstechnologie: Effizienz im Fokus
Die Pratt & Whitney PW1100G-JM Getriebefan (GTF)-Triebwerke sind bekannt für ihre innovative Architektur, die einen Untersetzungsgetriebe zwischen dem Fan und der Niederdruckturbine verwendet. Diese Technologie ermöglicht es dem Fan, sich mit einer anderen Geschwindigkeit als der Niederdruckturbine zu drehen, was zu einer erhöhten Treibstoffeffizienz und einer Reduzierung des Geräuschpegels führt. Diese Eigenschaften sind für Billigfluggesellschaften wie Wizz Air von entscheidender Bedeutung, da sie direkt die Betriebskosten beeinflussen und somit die Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Derzeit betreibt Wizz Air eine Flotte von 163 Flugzeugen der A320neo-Familie, die bereits mit GTF-Triebwerken ausgestattet sind. Zusätzlich sind 73 Flugzeuge der A320ceo-Familie mit IAE V2500-Triebwerken ausgerüstet. Die kontinuierliche Investition in die GTF-Technologie festigt Wizz Airs Position als wichtiger Akteur im Niedrigpreissegment und als Betreiber einer modernen und effizienten Flugzeugflotte. Die Fluggesellschaft verfolgt eine aggressive Wachstumsstrategie und plant, ihre Flotte innerhalb eines Jahrzehnts auf 500 Flugzeuge zu erweitern. Der Fokus auf treibstoffeffiziente Triebwerke ist ein zentraler Pfeiler dieser Strategie, da Treibstoffkosten einen erheblichen Anteil an den Gesamtkosten einer Fluggesellschaft ausmachen.
Die Herausforderungen, denen sich Pratt & Whitney in Bezug auf die Wartung der GTF-Triebwerke gegenübersieht, sind im Kontext der Luftfahrtindustrie nicht neu. Triebwerkshersteller arbeiten ständig an der Verbesserung ihrer Produkte und der Behebung von anfänglichen Problemen, die bei neuen Technologien auftreten können. Die Tatsache, daß Wizz Air trotz dieser Schwierigkeiten die Partnerschaft fortsetzt und sogar ausbaut, deutet darauf hin, daß die grundlegenden Vorteile der GTF-Technologie als überzeugend genug erachtet werden, um die temporären Rückschläge in Kauf zu nehmen. Die Notwendigkeit regelmäßiger Wartungen und die damit verbundenen Ausfallzeiten werden von den Airlines jedoch genau beobachtet und sind ein ständiger Posten in der operativen Planung.
Der Wettbewerb am Triebwerksmarkt und strategische Implikationen
Der Markt für Flugzeugtriebwerke ist ein Duopol, das hauptsächlich von Pratt & Whitney und CFM International (ein Joint Venture von General Electric und Safran Aircraft Engines) beherrscht wird. Diese beiden Unternehmen konkurrieren intensiv um die Aufträge der großen Flugzeughersteller wie Airbus und Boeing. Die Wahl eines Triebwerksherstellers ist für Fluggesellschaften eine strategische Entscheidung, die nicht nur die Anschaffungskosten, sondern auch die langfristigen Betriebskosten, die Wartungsanforderungen und die Treibstoffeffizienz über Jahrzehnte hinweg beeinflußt.
Die Entscheidung von Wizz Air zugunsten von Pratt & Whitney ist ein wichtiger Sieg für den Triebwerkshersteller, insbesondere im Kontext der jüngsten Herausforderungen. Sie könnte als Vertrauensbeweis in die Fähigkeit von Pratt & Whitney gewertet werden, die Wartungsprobleme in den Griff zu bekommen und die langfristige Zuverlässigkeit ihrer GTF-Triebwerke zu gewährleisten. Für CFM International, das ebenfalls im Rennen um den Auftrag war, bedeutet dies eine verpaßte Gelegenheit, seine Marktpräsenz bei Airbus A321neo-Betreibern zu stärken.
Die strategischen Implikationen dieser Entscheidung reichen jedoch über die direkte Partnerschaft hinaus. Mit dem Ausbau ihrer Flotte und der Fokussierung auf die A321neo stärkt Wizz Air ihre Position im europäischen Niedrigpreissegment. Die A321neo ist aufgrund ihrer Größe und Effizienz ein Schlüsselflugzeug für Fluggesellschaften, die auf Wachstum setzen und gleichzeitig die Betriebskosten minimieren wollen. Die Wahl der Triebwerke ist dabei ein wesentlicher Faktor für die Erreichung dieser Ziele. Die Treibstoffeffizienz der GTF-Triebwerke kann dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit von Wizz Air in einem hart umkämpften Markt zu sichern und ihre Expansionspläne zu unterstützen.
Ryanair, ein großer Wettbewerber von Wizz Air, setzt hauptsächlich auf Boeing-Flugzeuge und Triebwerke von CFM International. Die divergierenden Triebwerksentscheidungen der großen Billigfluggesellschaften zeigen die unterschiedlichen Ansätze zur Kostenoptimierung und Flottenstrategie im europäischen Luftverkehrsmarkt. Trotz der aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit den GTF-Triebwerken positioniert sich Wizz Air weiterhin als Fluggesellschaft, die auf moderne, treibstoffeffiziente Technologie setzt, um ihre langfristigen Wachstumsziele zu erreichen und den Passagieren kostengünstige Flüge anzubieten. Die Fähigkeit, auch bei steigenden Kostenfaktoren wie Treibstoff und Wartung eine niedrige Kostenbasis aufrechtzuerhalten, wird für den zukünftigen Erfolg von Wizz Air entscheidend sein.