Seit einigen Monaten expandiert die Wizz-Air-Group stark in Richtung Saudi-Arabien. Zahlreiche Routen ab Europa zu mehreren Airports im Königreich wurden aufgenommen. Auch will man einen lokalen Ableger aufbauen. Während der Routes-Konferenz meine Netzwerkchefin Evelin Jeckel, dass man mit den Buchungszahlen und damit der Performance der Saudi-Arabien-Routen zufrieden ist.
Das Königreich investiert momentan viel Geld, um in der Luftfahrt eine große Rolle zu spielen. Man baut einen zusätzlichen Netzwerkcarrier auf, subventioniert neue Flugrouten und versucht sich durch viele Marketingmaßnahmen für den Tourismus attraktiv zu machen. Selbst Großprojekte wie das geplante Ski-Ressort in der Petra-Region sind Teil der Strategie Saudi-Arabiens. Dies hat durchaus auch Kalkül, denn die Scheichs gehen davon aus, dass in den nächsten Jahrzehnten die weltweite Nachfrage nach Erdöl sinken wird und somit will man zusätzliche bzw. neue Einnahmequellen erschließen.
Geld spielt für Saudi-Arabien defacto keine Rolle, denn man lässt sich die Großprojekte mitunter auch dreistellige Milliarden-U.S.-Dollar-Projekte kosten. Doch ohne Touristen aus dem Ausland machen weder aufgehübschte Städte, noch ein Ski-Ressort im Wüstenstaat Sinn. Man betrachtet alles als ein Investment, das irgendwann Früchte tragen soll und somit Geld verdienen soll. Die Luftfahrt spielt dabei eine wichtige Rolle, denn man will Touristen aus fast der gesamten Welt im Land haben. Die Einwohner aus ein paar wenigen Staaten, mit denen man offen verfeindet ist oder deren Existenz erst gar nicht anerkennt, sind übrigens auch weiterhin nicht willkommen.
Das Preisniveau, das Wizz Air für Flugtickets zwischen Europa und Saudi-Arabien aufruft, ist vergleichsweise nicht sonderlich hoch. Tickets sind zum Teil um die 20 bis 30 Euro oneway zu haben, sofern man nur mit einem kleinen Rucksack fliegt. Selbstredend: Der Carrier erhält, wie auch andere Anbieter, finanzielle Unterstützung seitens des Königreichs. Anders wären diese nicht in der Lage so lange Flüge so billig anzubieten. Bei Wizz Air gehen die Saudi-Planungen noch einen Schritt weiter, denn nach dem Vorbild von Wizz Air Abu Dhabi wird man einen lokalen Ableger aufbauen. Aus rechtlichen Gründen wird auch dieser formell im Mehrheitseigentum eines lokalen Partners stehen. Bis aber Wizz Saudi-Arabia startklar ist, bauen die bereits bestehenden Konzerncarrier ein entsprechendes Streckennetz auf. Dieses soll dann mit Hilfe der neuen Airline stark erweitert und verdichtet werden.
Touristische Besuche in Saudi-Arabien haben nebst eventuellen Vorbehalten, die man gegen dieses Land haben könnte, auch einen anderen „Hemmschuh“. EU-Staatsbürger benötigen für die Einreise ein Visum. Zwar ist dieses mittlerweile als E-Visa auch online erhältlich, aber die Gebühren sind vergleichsweise sehr hoch. Je nach Staatsbürgerschaft können bis zu 180 Euro pro Person anfallen. Es gilt dann zwar für ein Jahr für mehrere Einreisen, aber durchschnittliche Touristen werden dies wohl kaum richtig auskosten können. Somit fallen für das E-Visum beachtliche Kosten an, die bei Passagieren zur Entscheidung führen können, dass man trotz sehr günstiger Flugtickets eben nicht einen Urlaub bzw. Ausflug in Saudi-Arabien bucht. Nicht zuletzt aufgrund dieses Umstands haben einige Mitbewerber von Wizz Air durchaus Bedenken, dass deren Saudi-Arabien-Strategie aufgehen kann.
Bei der jüngsten Routes-Konferenz, die im polnischen Lodz abgehalten wurde, war dies ein Thema, zu dem Netzwerkchefin Jeckel Auskunft gab. Momentan steuert man in Saudi-Arabien die Airports Dammam, Riyadh, Jeddah und Medina an. Wöchentlich bieten die Konzerncarrier bis zu 56 Umläufe zwischen Europa und dem Wüstenstaat an. Der Markt würde das Angebot gut annehmen, denn Jeckel zeigt sich zufrieden und meint, dass es bislang ganz gut laufen würde. Sie ist der Ansicht, dass es genau der richtige Zeitpunkt gewesen ist, um in diesen Markt, der stark wachsen würde, einzusteigen. Dabei erinnerte die Managerin auch an die Gründung von Wizz Air Hungary, die ebenfalls genau zum richtigen Zeitpunkt erfolgt wäre. Wenig verwunderlich: Tiefgehende Details wurden während der Konferenz natürlich nicht herausgelassen. Man will sich ja nicht zu tief in die Karten blicken lassen.