Airlines vor frostigem Winter und unklarem Sommer 2024

Gangway am Flughafen Berlin (Foto: Steffen Lorenz).
Gangway am Flughafen Berlin (Foto: Steffen Lorenz).

Airlines vor frostigem Winter und unklarem Sommer 2024

Gangway am Flughafen Berlin (Foto: Steffen Lorenz).
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Viele Geschäftsführer europäischer Fluggesellschaften wollen sich derzeit nicht anmerken lassen, dass nach dem äußerst starken Sommer 2023 die Vorausbuchungszahlen ins Stocken gekommen sind. Man zeigt sich zufrieden und kaschiert damit, dass der Winter 2023/24 sowie Sommer 2024 möglicherweise schwächer werden könnte.

Abgesehen von wenigen Ausnahmen präsentieren viele Carrier Rekordzahlen für das dritte Quartal 2023, in denen zumindest teilweise auch der Sommer 2023 enthalten ist. Die Nachfrage war enorm hoch und den meisten Fluggesellschaften ist es gelungen die Flugzeuge bei mitunter stark erhöhten Ticketpreisen zu füllen. Doch nicht überall ist man zuversichtlich, dass es auch im Winter 2023/24 rosig laufen wird, denn zum Beispiel Norse Atlantic Airways denkt über eine 45 Millionen U.S.-Dollar schwere Anleihe nach. Mit dieser will man über den Winter kommen.

Während zum Beispiel Lufthansa-Chef Carsten Spohr zuletzt von einem nicht enden wollenden Sommer sprach, ist Ryanair-CEO Michael O’Leary nicht so optimistisch. Dieser spricht gar davon, dass die große Party vorbei ist. Ähnlich äußern sich in den Vereinigten Staaten von Amerika bereits die Geschäftsführer von American Airlines und Jetblue.

Die Luftfahrtbranche hat in diesem Jahr von einem starken Nachholbedarf, der aufgrund der Corona-Pandemie entstanden ist, profitiert. Gleichzeitig konnte man sich die allgemeinen Teuerungen nützlich machen, denn nach dem Motto „alles ist jetzt teurer“ konnte man auch Abnehmer für die Tickets finden. Vielen Menschen war es regelrecht egal, dass man im Alltag nicht mehr weiß wie man über die Runden kommt, denn drei Jahre lang hat man sich an alle sinnbefreiten Corona-Regeln gehalten und nun wollte man endlich wieder raus, zum Beispiel ans Meer. Von diesem Verhalten konnten die Airlines stark profitieren.

Hohe Ticketpreise haben die Inflation befeuert

Allerdings ist kein Ende der hohen Inflation in Aussicht. Kritisch muss dazu angemerkt werden, dass die Fluggesellschaften durch enorme Preiserhöhungen auch ihren Beitrag geleistet haben. Nach dem Sommer- oder Herbsturlaub wird dem einen oder anderen Menschen klar, dass man sich so schnell keine Flugreise mehr leisten kann. Heiz- und Stromrechnungen kugeln ein und nicht selten sind diese mit hohen Nachzahlungen verbunden. Waren bislang eher einkommensschwache Gruppen wie Arbeitslose oder Geringverdiener betroffen, weitet sich die Problematik zunehmend auf die besserverdienende Mittelschicht aus. Diese hat bisher nur im untergeordneten Ausmaß Unterstützungszahlungen von der Regierung erhalten. Beispielsweise flossen in Österreich die meisten Hilfszahlungen exklusiv an Arbeitslose und Bezieher von Mindestsicherung.

All diese Entwicklungen führen dazu, dass im Bereich der Privatkunden die Nachfrage spürbar abgenommen hat. Ein klares Indiz hierfür ist auch, dass auf vielen Routen die Preise wieder drastisch gesunken sind. Abgesehen von wenigen Ausnahmen reagieren Fluggesellschaften bei schwachen Buchungszahlen mit Werbe- und Rabattaktionen sowie gesenkten Preisen. Auch gibt man sich in Europa uniso schweigsam, wenn man nachfragt wie denn so die Vorausbuchungszahlen für Winter und Sommer 2024 sind. Man verweist viel lieber auf den Rekordsommer 2023.

Buchungsverhalten schwankt stärker als früher

Saisonale Schwankungen im Bereich der Privatreisen sind aber keine neue Erfindung. Diese gab es schon immer, jedoch in schwächerem Ausmaß als momentan. In der Tat schwankte die Nachfrage in diesem Jahr in alle Richtungen. Von kaum Buchungszahlen, weil manche Menschen dem „Corona-Braten“ noch nicht getraut haben und befürchtet haben, dass wieder etwas kommen könnte bis hin zum Run auf das letzte Ticket war alles dabei.

Anders sieht das Bild im Bereich der Geschäftsreisen aus. Die Branche konnte bislang nicht an das Aufkommen, das man vor der Corona-Pandemie anknüpfen. Das Resultat ist auch, dass es viele Routen, die hauptsächlich von gut zahlenden Firmen genutzt wurden, gar nicht mehr gibt. Die Nachfrage ist viel zu gering und schuld daran ist schlichtweg, dass Verkäufer sowie das mittlere Management nicht mehr jeden Termin vor Ort machen dürfen, sondern auf Telefon, E-Mail und Videokonferenzen ausweichen müssen. Die Firmen sparen sich so viel Geld.

Neu ist aber das Phänomen, dass zunehmend jene Reisen, die bislang als wichtig betrachtet wurden, hinterfragt werden. Ist es notwendig, dass der Firmenchef tatsächlich einen persönlichen Kundenbesuch macht oder rechnet sich das gar nicht? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Auftrag an Land gezogen werden kann? Oder ist „außer Spesen nichts gewesen“ wahrscheinlicher, weil sich der potentielle Kunde für einen billigeren Anbieter entscheidet? Das Aufkommen nimmt also neuerlich ab.

Statt Business wird Premium-Eco oder Economy gebucht

Für die Airlines durchaus problematisch: Während der Pandemie und einige Monate danach haben Firmenkunden für ihre wichtigen Manager verstärkt die Business Class gebucht. Man fühlte sich hinsichtlich Corona einfach sicherer und war bereit dafür mehr Geld auf den Tisch zu legen. War da nicht vor Corona etwas? Genau, in vielen Firmen war es ein absolutes No-Go in der Business zu fliegen. Die Branche reagierte auf die Vorschriften und erfand die Premium-Economy-Class, mit der man mehr bieten wollte, aber formell ist es ja keine „C“.

Genau damit hat man nun ein Problem: Business-Passagiere wandern in die Premium-Eco ab und von dort aus geht es in die Holzklasse. Grund dafür ist, dass viele Firmen wieder ihre Reisevorschriften aktiviert haben. Oftmals ist es schlichtweg nicht zulässig in der „C“ zu reisen. Dazu kommt noch, dass aus Kostengründen auf die Premium-Eco verzichtet werden muss und nicht mehr und nicht weniger als die Economy-Class erlaubt ist.

Diese Entwicklungen sind für die Fluggesellschaften durchaus kompliziert, denn viele Geschäftsreisende buchen meist kurzfristig und damit teuer. Die Einnahmen sinken aber, so dass ein frostiger Winter bevorsteht. Normalerweise macht es der Mix aus Geschäfts- und Privatreisenden aus, doch auch die zuletzt genannte Kundengruppe ist aus finanziellen Gründen zunehmend zurückhaltender. Somit ist damit zu rechnen, dass die Ticketpreise generell sinken, aber auf höherem Niveau als vor der Pandemie, bleiben.

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