Am 9. Juni 2024 geriet ein Flugzeug der österreichischen Fluggesellschaft Austrian Airlines (AUA) auf dem Weg von Palma de Mallorca nach Wien in schwerwiegende Turbulenzen, die durch ein plötzliches Gewitter verursacht wurden. Der Airbus A320 mit der Kennzeichnung OE-LBM, der den Flug durchführte, landete trotz schwerer Schäden an der Maschine sicher auf dem Flughafen Wien-Schwechat. Glücklicherweise wurde bei diesem Vorfall niemand verletzt.
Doch die Schäden am Flugzeug und die Hintergründe des Vorfalls werfen immer mehr Fragen auf, die derzeit durch eine umfassende Untersuchung beleuchtet werden. Im Zentrum der Ermittlungen stehen die Piloten des Fluges, mögliche Mängel in der Ausbildung und insbesondere die Daten aus den sogenannten Blackboxen des Flugzeugs.
Der Vorfall: Ein Flug in die Unwetterzelle
Der Vorfall ereignete sich, als der Airbus A320 in eine Gewitterzelle geriet. Das Flugzeug war auf dem letzten Abschnitt des Rückflugs aus Mallorca und befand sich nur noch wenige Minuten von Wien entfernt. Während die Maschine heftigen Turbulenzen und Hagel ausgesetzt war, wurde ein Notruf mit dem Rufwort „Mayday“ abgesetzt. Trotz der schwierigen Umstände landete das Flugzeug sicher auf dem Wiener Flughafen, doch der Schaden an der Maschine war beträchtlich. Die Nase des Flugzeugs wurde größtenteils zerstört, die Cockpitscheiben sprangen und sowohl die Tragflächen als auch das Leitwerk erlitten schwere Schäden. Ein erschütternder Vorfall, der sowohl in den Medien als auch in der Luftfahrtbranche für Aufsehen sorgte.
Sicherheitsbehörden und Experten stellten schnell fest, dass das Unwetter bekannt war und von der Flugüberwachung in Österreich, der Austro Control, dokumentiert wurde. Dies rief die Frage auf, ob die Piloten die Lage möglicherweise unterschätzt oder nicht ausreichend auf die Gefahr reagiert hatten. Die AUA selbst wies jedoch in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass das Unwetter für die Piloten auf dem Wetterradar nicht sichtbar gewesen sei. Die Fluggesellschaft beantragte eine externe Untersuchung durch die Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (SUB), um die genauen Umstände des Vorfalls zu klären.
Ermittlungen und Sicherstellung der Blackboxen
Die laufenden Ermittlungen werfen inzwischen einen weiteren Schatten auf den Fall. Laut Berichten, die vergangenen Woche veröffentlicht wurden, hat das Landeskriminalamt Niederösterreich auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Korneuburg den Flugdatenschreiber (FDR) und den Cockpit-Voice-Recorder (CVR) des AUA-Flugzeugs sichergestellt. Diese Geräte, die im Volksmund als Blackbox bezeichnet werden, spielen eine zentrale Rolle bei der Aufklärung von Flugunfällen und -vorfällen. Der Flugdatenschreiber zeichnet wichtige technische Daten wie Geschwindigkeit, Höhe und Flugrichtung auf, während der Cockpit-Voice-Recorder sämtliche Gespräche und Geräusche im Cockpit speichert.
Laut der Behördensprecherin Gudrun Bischof handelt es sich bei dieser Maßnahme um eine Sicherstellung zur Klärung von möglichen strafbaren Handlungen der beteiligten Piloten und anderer AUA-Mitarbeiter. Die AUA selbst legte gegen die Sicherstellung der Daten Widerspruch ein, weshalb das Landesgericht Korneuburg nun darüber entscheiden muss, welche Informationen aus den Blackboxen für die weiteren Ermittlungen verwendet werden dürfen. Der Fall ist komplex und wird weiter intensiv untersucht.
Verdacht auf Fahrlässigkeit und Ermittlungen gegen AUA-Mitarbeiter
Neben der Untersuchung der Blackbox-Daten wird auch der Vorwurf der fahrlässigen Gemeingefährdung geprüft. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob die Piloten in einer gefährlichen Situation falsche Entscheidungen trafen. Ein weiterer Schwerpunkt der Ermittlungen betrifft die Ausbildung der Piloten, insbesondere in Bezug auf die Handhabung von Wetterradarsystemen. Einem Sachverständigen zufolge soll ein Pilot angemerkt haben, dass die Piloten möglicherweise nicht ausreichend auf die Funktionsweise des Wetterradars geschult wurden. Die AUA selbst wehrt sich gegen diese Vorwürfe und betont, dass die Schulung der Piloten über die gesetzlichen Anforderungen hinausging und keine Mängel aufwiesen. Dennoch wird in diesem Zusammenhang auch gegen andere Mitarbeiter der AUA ermittelt.
Die Staatsanwaltschaft prüft weiterhin, ob in der Schulungspraxis der AUA möglicherweise Schwächen bestehen, die zu dem Vorfall geführt haben könnten. Ein weiterer relevanter Aspekt ist der Verdacht, dass die Fluggesellschaft es versäumt haben könnte, eine notwendige Weiterbildungsmaßnahme zu implementieren, die den Piloten hilft, Wetterbedingungen und deren Gefährdung besser einschätzen zu können.
Die Rolle der Sicherheitsuntersuchungsstelle und die Frage des Amtsmissbrauchs
Parallel zu den Ermittlungen gegen die AUA und deren Mitarbeiter gibt es auch Vorwürfe gegen die Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (SUB). Ein Anwalt hat Anzeige wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch gegen die Leiterin der SUB, Bettina Bogner, sowie gegen drei Sicherheitsverantwortliche der AUA erstattet. Dies sei in Zusammenhang mit der Sicherstellung und Auswertung der Blackbox-Daten geschehen. Der Vorwurf lautet, dass es zu einem möglichen Missbrauch von Amtsgewalt gekommen sein könnte, um relevante Informationen zu unterdrücken oder falsch darzustellen.
Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte jedoch, dass derzeit keine Ermittlungen gegen die SUB-Leiterin eingeleitet wurden. Sie prüft jedoch, ob ein Anfangsverdacht besteht, der eine Untersuchung rechtfertigen würde. Derzeit bleibt es also unklar, ob die Vorwürfe gegen die SUB und die AUA Bestand haben.
Die Blackbox-Daten und ihre Bedeutung für die Ermittlungen
Die Auswertung der Blackbox-Daten ist von zentraler Bedeutung für die Klärung der Ursachen des Vorfalls. Der Flugdatenschreiber konnte problemlos ausgelesen werden, was eine wertvolle Grundlage für die Ermittlungen darstellt. Allerdings gab es Schwierigkeiten bei der Auswertung des Cockpit-Voice-Recorders, dessen Aufzeichnungen zunächst nur die letzten 30 Minuten des Fluges lieferten. Der Rest der Aufzeichnung konnte erst später durch eine spezielle Technik ausgelesen werden. Laut dem Bericht der SUB wurde der komplette CVR am 27. August 2024 durch die französische Untersuchungsbehörde BEA erfolgreich ausgelesen, wodurch wichtige Informationen für die Aufklärung des Vorfalls gewonnen werden konnten.
Die Ergebnisse dieser Auswertungen sind entscheidend, um den genauen Ablauf des Vorfalls zu rekonstruieren und mögliche Fehler oder Versäumnisse seitens der Piloten oder der Fluggesellschaft zu identifizieren. Die Ermittlungen werden voraussichtlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen, da die komplexen technischen und menschlichen Faktoren gründlich überprüft werden müssen.
Der Vorfall mit dem AUA-Flug OS434 bleibt ein brisantes Thema in der Luftfahrtindustrie und wird sowohl durch die laufenden Ermittlungen als auch durch die Fragen zur Ausbildung der Piloten und der Handhabung von Wetterbedingungen weiter intensiv beleuchtet. Die Sicherstellung der Blackboxen stellt einen wichtigen Schritt in der Klärung des Vorfalls dar, und die umfangreiche Auswertung dieser Daten wird dabei helfen, die genauen Ursachen des Vorfalls zu ermitteln.
Es bleibt abzuwarten, ob die AUA für mögliche Mängel in der Schulung oder im Verhalten der Piloten verantwortlich gemacht wird, oder ob sich der Verdacht eines Fehlverhaltens in den Reihen der Sicherheitsuntersuchungsstelle bestätigen lässt.