Eigentlich sollten Personen, die Covid-19 überstanden haben oder dagegen geimpft sind, problemlos eine amtliche Bestätigung darüber erhalten. Zuständig sind die Bezirksverwaltungsbehörden, also die Bezirkshauptmannschaften und in Statutarstädten der Magistrat. Die Betonung liegt auf eigentlich, denn in der Praxis sind diese Dokumente defacto nicht zu bekommen und das obwohl seit 27. Feber 2021 ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht.
Gerade für Reisende können amtliche Bestätigungen der jeweiligen Bezirksverwaltungsbehörden, bei denen im Regelfall auch die örtlichen Gesundheitsämter angesiedelt sind, von besonderer Bedeutung sein. Es gibt zwar ein internationales Abkommen, das dem gelben WHO-Impfpass eine besondere Stellung einräumt, jedoch reicht das einigen Staaten nicht mehr. Bald will auch Österreich den WHO-Pass nicht mehr anerkennen, sondern pocht auf amtliche Bescheinigungen oder den Green Pass. Natürlich ist das Zukunftsmusik, denn die Umsetzung ist sprichwörtlich vorne und hinten in Verzug.
Wo man die begehrten amtlichen Bescheinigungen herbekommt, ist in § 4 Abs. 18 (Genesene) bzw. Abs. 20 (Geimpfte) Epidemiegesetz seit 27. Feber 2021 klar geregelt: Bei der Bezirkshauptmannschaft bzw. in Statutarstädten beim Magistrat. Da sich die Behörden weiterhin unter dem Deckmantel der Corona-Pandemie in einer Art „Anti-Parteienverkehr“ befinden, geht in den meisten Ämtern ohne telefonische Terminvereinbarung gleich mal gar nichts. Online kann man zu diesem Anliegen keinen Termin reservieren und das hat seinen guten Grund, wie im weiteren Verlauf dieses Artikels dargestellt wird.
Gesundheitsämter wimmeln ab – Paragraphen offenbar unbekannt
Wer nun glaubt, dass mit einem Anruf bei der Bezirkshauptmannschaft oder beim Magistrat alles geklärt ist und man den „Zettel“ rasch abholen kann oder gar zugeschickt bekommt, muss leider enttäuscht werden. Stichprobenartig kontaktierte Aviation Direct die Bezirkshauptmannschaften Mattersburg und St. Pölten-Land sowie die Magistratsabteilung 15 der Stadt Wien. Die telefonischen Erstauskünfte waren nicht nur enttäuschend, sondern es wurden krasse Fehlauskünfte erteilt. Allen drei Behörden war der Paragraph 4 Abs. 20 Epidemiegesetz völlig unbekannt. Trotz mehrmaligem Herumverbinden konnten die Mitarbeiter damit nichts anfangen und verwiesen auf die Österreichische Gesundheitskasse, da diese dafür zuständig wäre und nur diese „in das ELGA-System schauen könne“.
Auf den Vorhalt, dass die Bezirksverwaltungsbehörden laut Gesetz zuständig wären, kommentierte man dahingehend, dass trotzdem die ÖGK zuständig wäre. Die MA15 verwies zusätzlich auf die so genannten Bezirksstellen der MA15 mit dem doch leicht zynischen Zusatz „fragen Sie da mal“. Selbstredend wussten die Bezirksstellen ebenfalls nichts und verwiesen auf die Österreichische Gesundheitskasse. „Wir machen zur Zeit gar keine Impfungen, also können wir auch keine Bestätigungen ausstellen. Wir haben nicht mal eine Software am Computer“, so die wenig sachliche Auskunft einer Mitarbeiterin einer MA15-Bezirksstelle.
ÖGK „sauer“ über Falschauskünfte der Behörden
Also soll die Österreichische Gesundheitskasse die Bestätigungen für Geimpfte und Genesene ausstellen? Die telefonische Erstauskunft war eher nach dem Motto „wenn du was willst, schwing deinen Hintern ins Amt“, denn die Hotline war völlig ratlos und riet zum Aufsuchen einer Dienststelle. Dort konnte man selbstredend die Bescheinigungen nicht ausstellen, jedoch plauderte einer Mitarbeiterin aus dem Nähkästchen und sagte, dass täglich eine zweistellige Anzahl von Personen von den Gesundheitsbehörden zur ÖGK geschickt werde. Es handle sich um Fehlauskünfte, denn die ÖGK wäre weder zur Ausstellung der Bestätigungen befugt, noch habe sie dafür einen Zugang zum elektronischen Impfpass. Wenig überraschend: Die Gesundheitskasse verweist wieder auf die Bezirksverwaltungsbehörde und meint, dass man einen schriftlichen Antrag einbringen solle und zusätzlich auch mal bei ELGA fragen könne.
Hintergrund ist, dass jede in Österreich verabreichte Covid-Impfung in einen elektronischen Impfpass eingetragen wird. Ob man das will oder nicht – interessiert die Behörden nicht, denn im Gegensatz zum Rest von ELGA gibt es keine Möglichkeit sich vom E-Impfpass abzumelden. Über die so genannte Bürgerkarte bzw. Handysignatur kann man den elektronischen Impfpass jederzeit einsehen und sogar ausdrucken. Die Lösung des Problems gefunden?
ELGA-Ausdrucke ohne Angabe des Ausstellers: Ausländische Behörden anerkennen das nicht
Nein, ganz und gar nicht. Die PDF-Datei, die heruntergeladen werden kann, erfüllt keinerlei Formvorschriften an amtliche Dokumente. Es ist noch nicht einmal verzeichnet wer das Dokument ausgestellt hat. Selbstredend fehlt auch eine Amtssignatur, die außerhalb Österreichs ohnehin faktisch wertlos ist. Vereinfacht gesagt: Man hat eine PDF-Datei vor sich, die eine Optik aufweist als ob man selbst etwas im Word „gebastelt“ habe.
Diesen „Wisch“ sollen also ausländische Behörden, beispielsweise, bei der Grenzkontrolle anerkennen? Erwartungsgemäß lautet die Antwort der Gesundheitsministerien von Baden-Württemberg, Bayern und Deutschland sowie des Office of Deputy Prime Ministers von Malta ganz klar: Nein! Nicht einmal die simpelsten Formvorschriften erfüllt der „Elga-Ausdruck“. Es wurde gar darauf hingewiesen, dass aus den PDF-Dateien des österreichischen E-Impfpasses gar nicht hervorgehen würde wer das Dokument überhaupt ausgestellt hat und obendrein wirke es nicht gerade valide.
Da bleibt ja dann noch der „Offline-Weg“, sprich über ein fünf DIN A4-Seiten starkes Formular einen Auszug aus dem E-Impfpass bei ELGA anzufordern. Ein Blick in das sogenannte Amtssignatur-Gesetz, auf dessen Grundlage Behörden seit einigen Jahren Briefe und Bescheide ohne Stempel und Unterschrift verschicken, zeigt: Bürger haben das Recht darauf eine Variante mit Amtssigel und Unterschrift zu bekommen. Klingt nach einem Jackpot und man müsste dann von der ELGA ein Exemplar mit Stempel und Unterschrift bekommen?
Nada. Die zuständige ELGA-Stelle teilte dazu mit, dass der Ausdruck, den man mit einem fünf A4 Seiten starken Formular plus Beilage einer Ausweiskopie nur per Post – nicht per Mail oder Fax – anfordern kann, weder abgestempelt noch unterschrieben wird. Auf den Vorhalt, dass die Echtheit des Dokuments mit Stempel und Unterschrift bescheinigt werden solle, sagte man lapidar, dass man ja nur technischer Dienstleister wäre und gar nicht wüsste, ob die Impfungen wirklich verabreicht worden sind.
Behörden können sich bis zu sechs Monate Zeit lassen
Da war dann noch der Tipp der Österreichischen Gesundheitskasse, dass man einen schriftlichen Antrag bei der Bezirksverwaltungsbehörde einbringen solle. Grundsätzlich eine gute Idee, denn darauf müssen Ämter reagieren. Gleich in den Antrag schreiben, dass die Behörde einen Bescheid ausstellen soll, wenn sie dem Anliegen nicht nachkommen. Alles per Einschreiben an das jeweilige Amt und dann heißt es warten. Doch Vorsicht: Das so genannte Allgemeine Verwaltungsgesetz sieht vor, dass Behörden stolze sechs Monate Zeit haben, um sich um das Anliegen zu kümmern. Auch dann müssen diese keinen Finger rühren, denn der Bürger kann dann eine so genannte Säumnisbeschwerde an das örtlich Zuständige Verwaltungsgericht richten. Diese muss bei der ursprünglichen Behörde eingebracht werden.
Die Krux an der „Antragssache“ ist: Der Gesetzgeber hat verabsäumt in den eingangs genannten Paragraphen des Epidemiegesetz eine Frist für die Erledigung zu verankern. Das bedeutet konkret, dass sich die Behörden den AVG-Paragraphen, dass Anliegen längstens innerhalb von sechs Monaten zu erledigen sind, so hinbiegen können, dass sie ein halbes Jahr lang Zeit haben. Bis dahin sind Genesungs- und Impfstatus den jüngsten Ankündigungen von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) nach ohnehin abgelaufen. Ein wahrer Kampf gegen Windmühlen also und das obwohl das Gesetz klipp und klar regelt wer zuständig ist und wie es zu laufen hat.
MA15 sieht die Schuld beim Mückstein-Ministerium
Was sagen eigentlich das Gesundheitsministerium und die Behörden zu diesem absurden Vorgehen und dem offensichtlichen Verweigern gesetzlicher Rechte? Das von Wolfgang Mückstein (Grüne) geleitete Gesundheitsministerium gab trotz mehrfacher Erinnerung überhaupt keine Stellungnahme ab. Man ignorierte die offensichtlich äußerst unangenehme Anfrage komplett. Niederösterreich und das Burgenland verwiesen auf die Zuständigkeit des Gesundheitsministeriums.
Einzig die Magistratsabteilung 15 des Magistrats der Stadt Wien äußerte sich, beantwortete aber die konkreten Fragestellungen nicht. Die Medienreferentin lieferte für das Nichtbeantworten eine sehr ausführliche Stellungnahme, aus der nachstehend auszugsweise zitiert wird: „Ursprünglich wurde zu den Bestimmungen § 4 Abs 18 und 20 EpiG (betreffend Genesungsnachweis und Impfnachweis, in Kraft seit 27.02.2021) seitens des BMSGPK kommuniziert, dass dies über eine Bundes-Software abgewickelt werden soll und die Länder diese Nachweise aus dem Gesundheitsportal (Bundes-Software) generieren können. Dies war zu einem Zeitpunkt, an dem die gesetzlichen Regelungen bereits in Kraft waren. Faktisch gab es diese Möglichkeit aber noch nicht, da die technischen Möglichkeiten seitens des Bundes bis dato nicht geschaffen wurden. Auch auf Nachfragen der Länder konnte vom BMSGPK bisher nicht klargestellt werden, wie diese Nachweise ausgestellt werden können. Erst vor kurzem wurde seitens des Bundes kommuniziert, dass die technische Umsetzung nun doch durch die Länder abzuwickeln ist. Daran wird derzeit selbstverständlich gearbeitet, dies wird allerdings naturgemäß noch etwas Zeit in Anspruch nehmen. Ich muss angesichts dessen um Verständnis bitten, dass eine Beantwortung der untenstehenden Fragestellungen aus derzeitiger Sicht nicht sinnvoll/möglich erscheinen.“
Würde seitens der Behörden auch nur der Ansatz des Willens bestehen, dass sie Impfungen, die sie obendrein selbst verabreicht haben, in Form einer amtlichen Bestätigung über den Status (§ 4 Abs. 20 Epidemiegesetz) bescheinigen wollten, dann wäre es sehr einfach: Zur Not im Textverarbeitungsprogramm ein paar Zeilen schreiben, auf Behördenbriefpapier ausdrucken, Amtssigel draufstempeln, Unterschrift des befugten Beamten drauf und voila: Eine gesetzeskonforme Bescheinigung, die mit hoher Wahrscheinlichkeit international anerkannt ist, wäre da. Dieser Wille besteht aber offensichtlich nicht.
Fälscher liefern binnen einer Stunde
Traurig, aber leider wahr: Für etwa 200 Euro gibt es gefälschte gelbe WHO-Impfpässe im Internet, die gegen entsprechendes „Trinkgeld“ auch – wenn es sein muss – binnen einer Stunde übergeben werden können. Und genau das ist der Grund dafür, dass der WHO-Impfpass in sehr naher Zukunft nicht mehr als „zweiter Reisepass“ anerkannt sein wird.
Diesen zu fälschen ist eigentlich kein Hexenwerk: In der Apotheke einen kostenlosen „Rohling“ holen, einen Stempel basteln oder bestellen, mit einem Drucker eine Etikette mit irgendeiner Chargennummer ausdrucken, Datum, Fake-Stempel und Fake-Sticker in den Impfpass und voila, die Fälschung ist fertig. Mit einem Fuß befindet man sich dann aber im Knast, denn es handelt sich um eine Dokumentenfälschung, die in den meisten Ländern mit Haftstrafen belegt ist. Daher: Auf keinen Fall irgendwas „basteln“ und schon gleich gar keine Fälschungen kaufen! Lieber die Behörden mit ihren legalen „Waffen“, sprich Anträgen, Fristsetzungsanträgen, Beschwerden und „lästige“ Anrufe, zum Einlenken und Handeln bewegen.