Die drittgrößte Fluggesellschaft Brasiliens, Azul Linhas Aéreas Brasileiras, zieht einem Bericht zufolge die Beantragung von Gläubigerschutz nach Chapter 11 in den Vereinigten Staaten in Betracht. Seit Beginn der Covid-19-Pandemie hat das Unternehmen Schulden in Höhe von 5,35 Milliarden US-Dollar angehäuft. Neben Chapter 11 sollen auch andere Optionen wie eine weitere Kapitalerhöhung oder eine Fusion mit einer anderen Fluggesellschaft von dem angeschlagenen Unternehmen geprüft werden.
Wie Bloomberg unter Berufung auf mit den Gesprächen vertraute Personen berichtet, laufen die Diskussionen, aber es sei noch keine Entscheidung über einen Antrag nach Chapter 11 gefallen. Azul gab am 16. Mai 2025 eine Erklärung zu der Angelegenheit heraus, in der der Bericht weder ausdrücklich bestätigt noch dementiert wurde. Darin hieß es, daß Azul im Rahmen des üblichen Finanz- und Strategiemanagements fortlaufend Alternativen prüfe, die zur Stärkung der Kapitalstruktur und zur Sicherung der Liquidität beitragen könnten, wobei der Fokus auf der langfristigen Nachhaltigkeit des Betriebs liege. Man werde die Aktionäre und den Markt über alle Entwicklungen informieren.
CEO sieht operative Verbesserungen
Die Möglichkeit eines Chapter 11-Antrags war während einer Telefonkonferenz zu den Quartalsergebnissen am 14. Mai nicht zur Sprache gekommen. Stattdessen hatte CEO John Rodgerson Analysten mitgeteilt, daß Azul sein Geschäft deutlich verbessere und sich stark auf Effizienz konzentriere. „Wir konzentrieren uns darauf, Azul zu einer schlanken operativen Fluggesellschaft zu machen“, sagte er und fügte hinzu, daß man bereits erhebliche Fortschritte erzielt habe, aber noch mehr getan werden könne.
Eine kürzlich durchgeführte finanzielle Restrukturierung hatte Azul Vereinbarungen mit Anleihegläubigern, Leasinggebern und Erstausrüstern gebracht, um frühe Schulden in Höhe von 1,6 Milliarden US-Dollar aus der Bilanz zu streichen und zusätzlich 525 Millionen US-Dollar aufzunehmen. Finanzvorstand Alexandre Malfitani erwähnte in der Telefonkonferenz drei Eigenkapitalangebote in den letzten Monaten, darunter die Umwandlung von Schulden in Eigenkapital gegenüber Leasinggebern und eine Kapitaleinbringung durch die Mehrheitsaktionäre. Ein weiteres Angebot zur Umwandlung von Anleihen in Eigenkapital sei gefolgt. Man werde den richtigen Zeitpunkt für die Aufnahme zusätzlichen Eigenkapitals finden. Ein Eigenkapitalangebot im April sei jedoch auf wenig Resonanz gestoßen. Trotzdem sei es gelungen, einen erheblichen Teil der Schulden in Eigenkapital umzuwandeln und die Verschuldung zu reduzieren.
Fusionsgespräche mit GOL laufen weiter
Bezüglich der unverbindlichen Fusionsvereinbarung mit der Abra Group, der Eigentümerin von GOL Linhas Aéreas Inteligentes, die Azul Anfang des Jahres unterzeichnet hatte, sagte Malfitani, daß die Gespräche andauerten. GOL wolle jedoch zunächst ihren eigenen Chapter 11-Prozess abschließen, was im Juni erwartet werde. Die Diskussionen würden auf vielen Ebenen fortgesetzt, einschließlich Bewertung und Kartellrecht. Rodgerson hatte die Fusion als Chance bezeichnet, einen „nationalen Champion“ in Brasilien zu schaffen.
Am selben Tag der Telefonkonferenz gab Azul einen bereinigten Nettoverlust von 1,82 Milliarden Real (321 Millionen US-Dollar) für das erste Quartal 2025 bekannt, was einem Anstieg von 460 Prozent gegenüber dem Verlust im Vergleichsquartal 2024 entspricht. Die Fluggesellschaft führte dies auf höhere Betriebskosten und die Abwertung des brasilianischen Real zurück. Die Nettoverschuldung belief sich zum 31. März auf 31,35 Milliarden Real (5,53 Milliarden US-Dollar), was einem Rückgang von 50,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert entspricht. Trotz dieser Reduzierung der Nettoverschuldung scheinen die anhaltenden finanziellen Belastungen Azul nun dazu zu bewegen, verschiedene Optionen zur weiteren Sanierung zu prüfen, einschliesslich eines möglichen Chapter 11-Verfahrens.