Die Schweizer Fluggesellschaft Chair Airlines sieht sich in der aktuellen Luftverkehrslandschaft mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. In einem strategischen Schritt hat die Airline entschieden, den Leasingvertrag für ihre letzte A319-100 zu verlängern, anstatt wie geplant auf eine rein A320-200-Flotte umzusteigen.
Diese Entscheidung ist eine Reaktion auf die schwierigen Marktbedingungen, die durch stark gestiegene Leasingraten für ältere Flugzeuge und die anhaltenden Probleme in der Lieferkette verursacht werden. CEO Shpend Ibrahimi erklärt, dass die Airline vorerst an ihrer älteren Maschine festhalten wird, da der Rückstau an A320neo-Flugzeugen die Attraktivität der A319 erhöht hat.
Airbus A319 bleibt noch länger
Chair Airlines hatte ursprünglich vor, ihren 17,7 Jahre alten A319 bis Ende 2024 gegen ein neueres A320-Modell auszutauschen. Derzeit gibt es jedoch massive Lieferengpässe bei den modernen A320neo-Flugzeugen, was die Leasingpreise für ältere Modelle in die Höhe treibt.
„Wir gehen davon aus, dass sich die Situation im nächsten Jahr verbessern wird, da wir die Probleme mit der A320neo besser in den Griff bekommen und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen erhöht wird“, erklärt Ibrahimi in einem Interview mit CH-Aviation.com. Dieser Optimismus ist jedoch von Unsicherheit geprägt, da die Luftfahrtindustrie weiterhin mit verschiedenen externen Herausforderungen zu kämpfen hat.
Ein zentrales Problem sind die aufgrund von Triebwerksproblemen am Boden liegenden A320neo-Flugzeuge von Pratt & Whitney. Diese Situation hat die Airlines dazu veranlasst, ihre Flottenstrategien zu überdenken und vorübergehend ältere Modelle weiter zu betreiben. Chair Airlines plant, ihre Flotte in Zukunft auf den A320-200 mit 180 Sitzen umzustellen, was den Betrieb mit nur einem Flugzeugtyp erleichtern würde.
Marktstrategie und Betriebsmodell
Chair Airlines, mehrheitlich im Besitz von Albex Aviation, konzentriert sich auf die Bereitstellung von Freizeitcharterflügen zu beliebten Urlaubszielen im Mittelmeerraum und in Nordafrika. Die Airline bedient aktuell zehn Destinationen ab ihrem Hauptstandort Zürich, darunter beliebte Ziele wie Pristina, Rhodos, Hurghada und Palma de Mallorca. Diese Routen sind besonders wichtig für die kosovo-albanische Diaspora, die oft zwischen den Heimatländern und der Schweiz pendelt.
Die Herausforderungen auf dem Markt zeigen sich auch in den Buchungstrends. Ibrahimi berichtet von einem Rückgang der Buchungen im Sommer 2024, während sich die Nachfrage der Passagiere zunehmend in Richtung Nebensaison und Last-Minute-Buchungen verschiebt. „Es gibt zwei Theorien: Entweder reisen weniger Menschen oder die Kunden diversifizieren ihre Reiseziele und -zeitpunkte“, so Ibrahimi. Diese Unsicherheit erfordert von Chair Airlines eine flexible und anpassungsfähige Geschäftsstrategie.
Die Auswirkungen geopolitischer Entwicklungen
Ein weiterer Aspekt, der die Betriebsabläufe von Chair Airlines beeinflusst, sind geopolitische Spannungen, insbesondere im Nahen Osten. Der israelische Krieg gegen die Hamas hat zu Buchungsschwankungen im ägyptischen Markt geführt, der für die Airline von großer Bedeutung ist. Trotz dieser Unsicherheiten hat sich die Nachfrage stabilisiert, da andere Reiseveranstalter die Lücken geschlossen haben, die durch die Insolvenz des deutschen Reiseveranstalters FTI Touristik entstanden sind.
Zudem hat Chair Airlines die Flüge zu den Kanarischen Inseln eingestellt, da die Nachfrage nicht ausreicht, um den Service aufrechtzuerhalten. Die Konkurrenz und die Überlastung des Marktes in dieser Region zwingen die Airline, ihre Routenstrategien zu überdenken.
Ausblick und zukünftige Pläne
Trotz der aktuellen Herausforderungen zeigt sich Chair Airlines optimistisch in Bezug auf die Zukunft. Ibrahimi kündigte an, dass die Airline möglicherweise ihre Flotte im nächsten Jahr aufstocken wird, vorausgesetzt, die Marktbedingungen verbessern sich. Eine mögliche Zusammenarbeit mit Enter Air oder anderen Reiseveranstaltern könnte ebenfalls dazu beitragen, die Kapazitäten zu erhöhen und neue Märkte zu erschließen.
Chair Airlines steht vor der Herausforderung, in einem sich ständig verändernden Umfeld wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Airline verfolgt eine klare Strategie, um ihre Flotte zu modernisieren und die Kundenbedürfnisse besser zu bedienen, während sie gleichzeitig auf externe Marktentwicklungen reagieren muss. Die nächsten Monate werden entscheidend sein, um zu beobachten, wie sich die Lage in der Luftfahrtindustrie weiter entwickelt und welche Maßnahmen Chair Airlines ergreift, um ihre Position im Markt zu festigen.