Die Deutsche Bahn (DB) intensiviert in diesem Sommer ihre Bemühungen zur Kundengewinnung im Fernverkehr durch gezielte Preisaktionen und den Einsatz künstlicher Intelligenz. Sonderpreise für ausgewählte Strecken und Zielgruppen stehen dabei im Mittelpunkt, um die Auslastung zu steigern und neue Fahrgäste anzuziehen. Stefanie Berk, Marketing- und Vertriebschefin der DB, betonte, die Angebote richteten sich gezielt an unterschiedliche Kundengruppen wie junge Menschen, Senioren und Pendler.
Viele der neuen Tarife werden testweise eingeführt und sind oft an bestimmte Tageszeiten oder Reisetage gebunden. Ziel ist es, herauszufinden, welche Aktionen tatsächlich neue Fahrgäste anziehen. Ein besonderer Fokus liegt auf Kurzstrecken, wo beispielsweise zwischen Lübeck und Hamburg der Preis ab dem 15. Juni mit Bahncard auf rund fünf Euro sinken kann, was ein ICE-Ticket günstiger machen könnte als das Parken in der Stadt. Eine weitere Neuerung betrifft den Flexpreis, der nun differenziert wird: Wer früh bucht, zahlt weniger – ein Prinzip, das die Bahn von der Luftfahrtbranche übernimmt. Die Sparpreise sind zudem nun ein Jahr im Voraus buchbar, statt wie bisher nur sechs Monate.
Hinter der Preisgestaltung steht ein automatisiertes System, das auf Algorithmen und künstlicher Intelligenz basiert. Dieses System berücksichtigt historische Daten, Auslastung, Wochentage, Uhrzeiten und Feiertage. Berk erklärte, ohne Automatisierung wäre die Verarbeitung von Milliarden von Preisvarianten, die aufgrund der vielen Zwischenhalte von Zügen notwendig sind, nicht mehr zu bewältigen. Erste Erfolge zeigen sich bereits: Eine März-Kampagne mit dem Super Sparpreis Young für unter 27-Jährige führte zu einer Umsatzsteigerung und etwa 50 Prozent mehr Ticketverkäufen in dieser Zielgruppe. Auch Aktionen mit rabattierten Bahncards steigerten die Nutzung der Bahn. Das Deutschlandticket setzt die Bahn zwar auf Kurzstrecken unter Druck, hat aber gleichzeitig viele neue Kunden ins Bahnsystem gebracht.
International strebt die Bahn eine Vereinfachung grenzüberschreitender Buchungen an. Mit dem neuen technischen Standard Open Sales and Distribution Model (OSDM) werden bereits Tests mit der ÖBB und SBB durchgeführt. Bis Ende 2026 sollen alle Nachbarländer angebunden sein, um mehr Sparpreise international verfügbar zu machen, wo bisher oft nur teure Flexpreise existierten. Beim Nachtzugangebot setzt die Bahn auf Kooperationen, primär mit der ÖBB. Während die ÖBB in Wagenmaterial investiert, übernimmt die DB Vertrieb, Infrastruktur und Organisation in Deutschland. Berk forderte zudem die Politik auf, durch einheitliche Regulierung und finanzielle Unterstützung europaweit gleiche Bedingungen wie im Flugverkehr zu schaffen, um ein nachhaltiges Wachstum des grenzüberschreitenden Bahnverkehrs zu ermöglichen.