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Deutsche Bahn: Spartickets nur noch gegen persönliche Daten

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Waren das noch Zeiten: Man ging am Bahnhof kurz vor der Abfahrt des Zuges zum Fahrkartenschalter, sagte dem Bahnbeamten wo man hin möchte und in welcher Wagenklasse, bezahlte – zumeist – in bar und schon ging es auf den Bahnsteig. Den Beamten interessierte nicht wer man war und schon gleich gar nicht welche Telefonnummer oder E-Mail-Adresse man hat. Voraussichtlich ab Oktober 2023 will die Deutsche Bahn Fernverkehrstickets nur noch gegen Angabe von Kontaktdaten verkaufen. Es bleibt aber ein letztes Schlupfloch: Die Automaten.

Die geplante Regelung soll zunächst ausschließlich die so genannten Spar-Fahrscheine betreffen. Zum Vollpreis soll auch weiterhin „anonym“ gekauft werden können. Bei Verbraucherschützern stößt das Vorhaben von Deutschlands größtem Eisenbahnbetreiber naturgemäß auf wenig Gegenliebe. Die Fragestellung ist ganz klar: Warum will die DB plötzlich bei Billig-Fahrscheinen die Kontaktdaten der Reisenden haben und zwar auch dann, wenn am Schalter gekauft wird? Über Jahrzehnte hinweg war dies nicht notwendig.

Die Verbraucherzentrale Bundesverband befürchtet, dass hinter dem „Digitalisierungszwang“ ganz andere Interessen stecken könnten. Unter anderem gegenüber dem Rundfunk Berlin-Brandenburg sagte eine Sprecherin, dass die geplante Regelung der DB, die voraussichtlich ab Oktober 2023 gelten soll, beim Schalterverkauf überhaupt keinen Sinn machen würde. Im Internet bzw. über die App kann man schon lange keine „anonymen Fahrkarten“ für den Fernverkehr erwerben. Zumindest die Vermutung besteht, dass die DB die Daten auch zu Werbezwecken, beispielsweise für die Zustellung von „Sonderangeboten“ per Mail und/oder SMS nutzen könnten.

Konsumentenschützer fragen sich „wozu eigentlich?“

Die Verbraucherschützer gehen aber auch davon aus, dass es bei den Fahrkartenschaltern schon alleine deswegen zu längeren Wartezeiten kommen könnte, weil sich das Diktieren von Handynummer und/oder E-Mail-Adresse hinziehen könnte. Punktuell müssten sich die Ticketverkäufer auch auf Diskussionen mit den Fahrgästen einstellen. Nicht gerade wenige Menschen kaufen ihre Fahrkarten bewusst an Automaten oder am Schalter, um eben – im Gegensatz zum Onlinevertrieb – keine personenbezogenen Daten preisgeben zu müssen.

Und es gibt noch eine Kundengruppe, die regelrecht von den günstigen Fahrscheinen ausgeschlossen werden könnte: Personen, häufig ältere Menschen, die schlichtweg weder Handynummer, noch E-Mail-Adresse haben. Es ist kein Geheimnis, dass gerade ältere Semester die persönliche Beratung am Schalter sehr schätzen. Auch jüngere Menschen, sogar aus der Generation Smartphone, sind oftmals bereit einen Aufpreis für die persönliche Beratung durch einen Bahnmitarbeiter zu bezahlen, denn im Tarifdschungel den Durchblick zu bewahren, ist nicht so einfach. Gerade wenn es um Fahrkarten ins Ausland geht, scheinen viele Menschen ein wesentlich größeres Vertrauen in einen echten Bahnmitarbeiter als in Apps und Homepages zu haben.

Seitens der DB zeigt man sich über die Kritik an der geplanten Pflicht zur Bekanntgabe von Kontaktdaten beim Erwerb von Spartickets verwundert. Man verweist darauf, dass die Vollpreis-Fahrkarten („Flexpreis“) gar nicht betroffen wären und diese als Alternative zur Verfügung stehen werden. Diesem „Braten“ traut man bei der Verbraucherzentrale Bundesverband aber nicht wirklich, denn man verweist darauf, dass der Flexpreis zumeist teurer wäre und überdies befürchtet man, dass auch hier früher oder später persönliche Daten abgefragt werden würden.

Automaten als „Schlupfloch“ auf unbestimmte Zeit

Die Deutsche Bahn AG will mit 1. Oktober 2023 sämtliche Spar-Fahrkarten im Fernverkehr, die an Schaltern oder über Agenturen (z.B. Reisebüros) verkauft werden, auf so genannte Online-Tickets umstellen. Die Ausgabe der Tickets soll dann nicht mehr auf Papier erfolgen, sondern per E-Mail und/oder SMS an den Kunden. Also so ähnlich wie schon bislang im Internetvertrieb. Man verspricht sich davon Vorteile für den Kunden, was jedoch von der Verbraucherzentrale Bundesverband angezweifelt wird.

Wer ab 1. Oktober 2023 „anonyme“ Spartickets bei der DB kaufen will, hat auf unbestimmte Zeit noch einen Ausweg: An den Automaten soll die neue Regelung vorerst noch nicht greifen, denn die Software der Geräte muss angepasst werden. Das kann so einiges an Zeit in Anspruch nehmen und bis diese Umstellung bewerkstelligt ist, erhält man hier noch Spar-Fahrkarten im Fernverkehr ohne Angabe von persönlichen Kontaktdaten. Wer mit Bargeld statt mit Debit- oder Kreditkarten bezahlt, hat dann auch weiterhin eine komplett anonyme Fahrkarte. Wie lange dieser „Ausweichweg“ funktioniert, ist unklar. Gerade für die Kundengruppe, die bewusst zum Schalter geht, weil die Automaten bzw. die Homepage als zu kompliziert empfunden werden oder weil man einfach die persönliche Beratung schätzt, dürfte aber nur untergeordnet von diesem „Schlupfloch“ profitieren.

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