Angesichts wachsender sicherheitspolitischer Herausforderungen und struktureller Defizite in der militärischen Infrastruktur intensiviert die Bundeswehr die Zusammenarbeit mit zivilen Unternehmen, um ihre Rolle als logistische Drehscheibe der Nato zu erfüllen.
Die Bundeswehr hat sich an bedeutende Logistikunternehmen wie die Deutsche Bahn, Lufthansa und Rheinmetall gewandt, um im Krisenfall die Verlegung von Soldaten und militärischem Gerät an die Nato-Ostgrenze sicherzustellen. Diese Kooperationen sind Teil der umfassenderen Bemühungen Deutschlands, seiner Verpflichtung als logistische Drehscheibe innerhalb der Allianz gerecht zu werden.
Nationale Sicherheitsstrategie und logistische Verpflichtungen
Mit der Verabschiedung der Nationalen Sicherheitsstrategie 2023 hat sich Deutschland klar zu seiner Rolle innerhalb des nordatlantischen Bündnisses bekannt. In einem möglichen Krisenszenario soll die Bundesrepublik in der Lage sein, zehntausende alliierte Soldaten durch ihr Territorium zu führen, zu versorgen und militärisch zu unterstützen. Dies setzt eine leistungsfähige Infrastruktur voraus – und deren Mängel sind schon heute offensichtlich.
Die Bundeswehr sieht sich derzeit nicht in der Lage, die gestiegenen Anforderungen allein zu bewältigen. Defizite bei Straßen, Schienenwegen und Brücken erschweren die Verlegung schwerer militärischer Ausrüstung. Vor allem in Ost-West-Richtung bestehen logistische Engpässe. Das strategische Konzept der Nato, das sogenannte „New Force Model“, sieht vor, daß innerhalb kürzester Zeit große Truppenkontingente verlegt werden können – ein Ziel, das ohne zivile Unterstützung kaum erreichbar scheint.
Wachsende Abhängigkeit von privaten Dienstleistern
Bereits jetzt ist die Bundeswehr bei logistischen Aufgaben außerhalb direkter Krisengebiete fast vollständig auf zivilgewerbliche Anbieter angewiesen. Das betrifft nicht nur Transporte auf Straße und Schiene, sondern auch die Bereitstellung technischer Mittel und personeller Unterstützung. Das Operative Führungskommando der Bundeswehr bestätigte offiziell, daß der militärische Transport von Gütern und Gerät weitgehend durch private Firmen realisiert werde.
In Gesprächen mit der Lufthansa wird auch über eine mögliche Grundausbildung von Kampfjetpiloten diskutiert. Hintergrund ist der wachsende Bedarf an fliegendem Personal, der mit den derzeitigen Kapazitäten der Bundeswehr nicht abgedeckt werden kann. Die Beteiligung ziviler Luftfahrtunternehmen könnte hier Abhilfe schaffen und zugleich Ausbildungsstandards sichern.
Rolle von Rheinmetall und der Deutschen Bahn
Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat sich in den letzten Jahren als wichtiger Partner der Bundeswehr etabliert. Neben der Lieferung von Rüstungsgütern wird das Unternehmen künftig wohl auch bei logistischen Aufgaben eingebunden. Die Deutsche Bahn wiederum steht bereits in engem Austausch mit dem Verteidigungsministerium. Über spezielle Logistiklösungen wie Schwerlasttransporte auf der Schiene soll gewährleistet werden, daß auch sperriges Gerät wie Panzer zügig verlegt werden kann.
Ein zusätzlicher Aspekt betrifft die Sicherheit der zivil genutzten Infrastruktur. Im Falle einer Zuspitzung der Lage wären Bahnhöfe, Flughäfen und Energieversorgungsnetze zentrale Zielobjekte möglicher Angriffe – nicht nur physisch, sondern vor allem auch im digitalen Raum. Die Bundeswehr arbeitet daher mit Unternehmen aus der sogenannten Kritischen Infrastruktur zusammen, um Reaktionsfähigkeit und Resilienz im Krisenfall zu erhöhen.