Deutschland beharrt auf komplizierte Quarantäne-Regeln

Verkehrsschilder am Flughafen Stuttgart (Foto: Robert Spohr).
Verkehrsschilder am Flughafen Stuttgart (Foto: Robert Spohr).

Deutschland beharrt auf komplizierte Quarantäne-Regeln

Verkehrsschilder am Flughafen Stuttgart (Foto: Robert Spohr).
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Deutschland plant künftig sämtliche Rückkehrer aus vom Robert-Koch-Institut definierten „Risikogebieten“ beim Vorliegen eines negativen PCR-Tests fünf Tage in Quarantäne zu stecken. Kann dieser nicht vorgewiesen werden, sollen es sogar zehn Tage werden. Das Bundesinnenministerium arbeitet derzeit an einer so genannten „Musterquarantäneverordnung“.

Auf deren Grundlage sollen die einzelnen Bundesländer dann ihre Bestimmungen erlassen, die sich unterscheiden können. Mittlerweile geht in Deutschland der Trend sogar in die Richtung, dass Personen, die sich im Inland in einem RKI-Risikogebiet aufgehalten haben, in Quarantäne gehen sollen. Dadurch wird ein nahezu undurchblickbarer Flickenteppich geschaffen.

Uni-Professor der Charité Berlin kritisiert 50er-Marke des RKI

Die Problematik in Deutschland ist leicht erklärt: Das Robert-Koch-Institut legte zu Beginn der Pandemie willkürlich fest, dass ein Risikogebiet eine Region ist, in der es mehr als 50 positiv Getestete pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche gibt. Wie viele PCR-Untersuchungen eigentlich durchgeführt werden, spielt keine Rolle. In den letzten Tagen sorgten die Meldungen der Türkei, die systematisch nur positiv Getestete mit Symptomen gemeldet haben. Asymptomatische Fälle wurden aus der Statistik kaschiert, so dass die Zahlen niedriger wirkten. Das hatte zur Folge, dass das RKI einige Regionen nicht mehr als Risikogebiet einstufte. Selbstredend handelte es sich dabei um typische Urlauberziele.

Die Definition, die in Deutschland angewandt wird, ist auch in der Ärzteschaft massiv umstritten, da diese auf keinerlei wissenschaftlichen Kriterien beruht, sondern willkürlich festgelegt wurde. Dem schließt sich auch Stefan Willich, Universitätsprofessor und Direktor des Instituts für Epidemiologie an der Charité Berlin, an. Er verweist in diversen Medienstatements, dass die „50er-Marke“ vor fünf Monaten festgelegt wurde, aber nur ein grober Anhaltspunkt war.

“Das heißt, allein wegen der Anzahl der Testung ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass man hier diese Zahl mal überschreitet. Dann gibt es keinen vernünftigen Bezugsrahmen. Ich denke, das wird in den nächsten Wochen auch auf der Basis von neuen Stichproben und Erhebungen noch einmal anders definiert werden müssen“, so Willich gegenüber dem Rundfunk Berlin-Brandenburg.

Die deutsche Politik beharrt momentan ungeachtet der Warnungen von Fluggesellschaften Verbänden und Touristikern, dass voraussichtlich ab 5. Oktober 2020 alle Rückkehrer aus „RKI-Risikogebieten“ in Quarantäne müssen. Negativer PCR-Test hin oder her. Die fünftägige Absonderung von Personen, die einen negativen Befund, der nicht älter als 48 Stunden ist, vorweisen können, begründet man übrigens damit, dass die Inkubationszeit bei fünf Tagen liegen würde. Wer keinen negativen PCR-Test dabei hat, darf sich übrigens auch erst nach fünf Tagen testen lassen und wenn der Befund negativ ist, die Quarantäne verlassen. Andernfalls gilt ein Fristablauf von zehn Tagen, so die momentanen Pläne.

Digitale Einreise-Voranmeldung verspätet sich weiter, Polizeigewerkschaft übt Kritik

In der Luftfahrt sollen die Aussteigekarten, umgangssprachlich aufgrund der äußerst häufigen Falschangaben auch „Mickey-Maus-Zettel“ genannt, durch ein elektronisches Reise-Voranmeldesystem, das beispielsweise Spanien und Griechenland schon haben, ersetzt werden. Selbstredend steht dieses am 15. Oktober 2020 noch nicht zur Verfügung, sondern allerfrühestens am 1. November 2020, vielleicht auch später.

Genau das stellt jedoch in Deutschland weiterhin ein Problem dar. Zwar ordnete Innenminister Horst Seehofer an, dass seit Ende September 2020 die Aussteigekarten auf Papier nicht mehr vom Beförderungsunternehmen abgesammelt werden sollen, sondern von der Bundespolizei. Diese soll die Angaben auch auf Plausibilität prüfen und anschließend an die lokalen Gesundheitsbehörden weiterleiten. Für diese Aufgaben fehlen jedoch nach Angaben der Gewerkschaft an vielen Airports schlichtweg Beamte. Vorgesehen ist übrigens nur, dass die Personalien mit dem Reisepass oder Personalausweis abgeglichen werden, so dass Mickey Maus und Angela Merkel seltener einreisen.

Gegenüber der Rheinischen Post erklärte die Polizeigewerkschaft, dass für die Umsetzung des Vorhabens des Bundesinnenministeriums an den Flughäfen weder die erforderlichen personellen Ressourcen noch Infrastruktur vorhanden ist. Auch kritisiert die Arbeitnehmervertretung der Bundespolizisten, dass es rechtlich fragwürdig erscheint Personen, die aus dem Schengen-Raum einreisen ohne einen konkreten Vorverdacht zu kontrollieren. Die Umsetzung der geplanten Quarantäne-Bestimmungen, der digitalen Aussteigekarten und der Kontrollen durch die Bundespolizei bleiben daher abzuwarten. Unterstützung durch die jeweilige Landespolizei wird übrigens schwierig, denn Grenzkontrollen sind Bundessache und können nicht einfach an die Länder abgeschoben werden. Kurios: Die Verordnungen, auf denen die Tätigkeit der Bundespolizei aufgrund der Corona-Einreisebeschränkungen basiert bzw. basieren wird, sind Ländersache.

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