Deutschlands Luftfahrterholung hinkt anderen EU-Staaten hinterher

Anzeigetafel im Terminal 1 am Flughafen Frankfurt am Main (Foto: Jan Gruber).
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Deutschlands Luftfahrterholung hinkt anderen EU-Staaten hinterher

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Mit klaren Forderungen wenden sich die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Verkehrsflughäfen in Richtung Politik, denn die im Vergleich mit anderen EU-Staaten langsame Erholung der Branche gibt nicht ganz unberechtigt Sorge, dass sich Deutschland zunehmend “abhängen” könnte. 

Sowohl in Österreich als auch in der Bundesrepublik reagierten die jeweils amtierenden Regierungen auf das Auftreten von Greta Thunberg und ihrer Anhänger. Unter dem Motto “Fliegen muss fürs Klima teurer werden” wurden die Ticketsteuern erhöht und das mitten in einer schwierigen Phase der Corona-Pandemie. Allerdings wurden nicht alle Vorhaben tatsächlich umgesetzt, denn die Ankündigung von Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne), dass ab September 2020 Mindestpreise von rund 40 Euro für Flugscheine eingeführt werden, hat man bis heute nicht umgesetzt und generell wurde es um das Vorhaben, das sich laut ihrem “Klimaschutzministerium” seit vielen Monaten in der “finalen Phase” befinden soll, sehr ruhig.  

Selbst der damalige Staatssekretär und heutige Finanzminister, Magnus Brunner (ÖVP), äußerte von Anfang an Bedenken, dass Gewesslers Traum mit dem EU-Recht und internationalen Luftfahrtverträgen in Einklang gebracht werden kann. Die Ministerin, die Privatjets in Österreich verbieten will, jedoch selbst häufig mit Businessjets, die laut einem ihrer Sprecher gar keine sind, da es sich um Bedarfsfluggesellschaften handeln würde, unterwegs ist, hat sich seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr zu den von ihr avisierten Mindestpreisen für Flugtickets geäußert. 

In der Bundesrepublik Deutschland ist das “politische Klima”, das der Luftfahrt gegenüber an den Tag gelegt wird, weniger von populistischen Ankündigungen geprägt, jedoch auch nicht sonderlich freundlich. Im Gegensatz zu anderen EU-Staaten hat man nur wenige Maßnahmen ergriffen, um die Branche bei der Erholung zu unterstützen. Auch hinken Angebot und Nachfrage noch immer dem Vorkrisenniveau hinterher. In vielen anderen EU-Mitgliedsstaaten konnte man zumindest das Vorkrisenaufkommen erreichen oder aber in vielen Fällen dieses bereits übertreffen. 

Innerdeutscher Verkehr hat nicht mal die Hälfte des Vorkrisenaufkommens erreicht 

Zwar zeigen die jüngsten Zahlen des ADV, die den Zeitraum zwischen Jänner und April 2023 berücksichtigen, dass sich auch Deutschlands Airports auf dem Weg der Erholung befinden, jedoch hinkt man den EU-Partnern zum Teil erheblich hinterher. Laut Branchenverband ist besonders auffällig, dass die Verteilung auf die einzelenen Verkehrssegmente äußerst ungleich erfolgt. 

So gab es im Europa-Verkehr 33,3 Millionen Reisende. Man lag damit um 36 Prozent über dem Vorjahresaufkommen, jedoch noch immer um 23,8 Prozent unter dem Wert, den man im Vergleichszeitraum des Jahres 2019 hatte. Auf der Langstrecke konnten Deutschlands Airports gegenüber 2022 um 65,2 Prozent zulegen, aber zum Vorkrisenniveau fehlen noch immer 18,1 Prozent. 

Regelrecht mies läuft es im innerdeutschen Verkehr. Dieser hatte lediglich 6,5 Millionen Fluggäste und damit um 55,8 Prozent weniger als vor der Corona-Pandemie. Im Vergleich mit den ersten vier Monaten des Jahres 2022 konnte man immerhin um 49,1 Prozent zulegen. Die Gründe für den anhaltenden Einbruch sind weniger in plötzlicher “Flugscham” der Deutschen zu finden, sondern eher im Umstand, dass das Angebot – auch aufgrund hoher Flugabgabe – massiv ausgedünnt wurde. Zum Beispiel fliegt Easyjet, die vor Corona durchaus hochfrequent im Inland unterwegs war, so gut wie nichts mehr innerhalb der Bundesrepublik. Auch Lufthansa und Eurowings haben ihre innerdeutschen Routen reduziert bzw. ausgedünnt. 

Die Flughäfen formulieren drei Forderungen aus ihrer Sitzung heraus: 

  • Finanzielle Entlastung des Luftverkehrs zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit: Deutschlands Flughäfen verlieren gegenüber europäischen Wettbewerbern Marktanteile. Mit dieser Entwicklung liegt Deutschland am unteren Ende der großen europäischen Luftverkehrsmärkte. Die Entwicklung der angebotenen Sitze liegt in Deutschland um mehr als 10 Prozent hinter europäischen Nachbarstaaten zurück. Der Anteil der regulativen Abgaben und Gebühren liegt in Deutschland bereits bei über 30 Prozent der gesamten Standortkosten. Eine Wettbewerbsgleichheit mit den europäischen Nachbarn kann nur durch eine signifikante Reduzierung der Kosten gelingen. 
  • Internationale direkte Konnektivität stärken bei gleichzeitigem Schutz vor unfairem Wettbewerb: Deutsche Flughäfen verlieren an internationaler Vernetzung. Konnektivität in der Langstrecke geht verloren. Der Rückgang bei den für die globale Vernetzung Deutschlands wichtigen Interkont-Strecken ist ein Alarmzeichen für den Wirtschaftsstandort. Konkurrierende europäische Luftverkehrsstandorte legen im Interkontinentalverkehr teilweise deutlich zu. Eine Politik, die unseren heimischen Airlines durch Steuern und Regulierungen Mühlsteine um den Hals legt und für Airlines aus Drittstaaten die Märkte abschottet, verfehlt ihre Ziele. Weder wird der Luftverkehr in Deutschland gestärkt, noch profitiert der Wirtschaftsstandort Deutschland von internationaler Konnektivität. 
  • Flughäfen zwischen ökologischer Transformation und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit: Für einen zukunftsfähigen Luftverkehrsstandort Deutschland braucht es einen Dreiklang aus Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Dafür müssen innovative Konzepte zur Dekarbonisierung entschlossen gefördert werden. Für die klimapolitische Transformation brauchen die Flughäfen politische Unterstützung und finanzielle Förderung. 

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