Die Rakete der zivilen Luftfahrt und ihre Zukunft am Himmel Europas ist ungewiss und hinterlässt von Tag zu Tag eine größere Lücke. Charterfluglinien wie Condor und Jet2 oder Nationalcarrier wie Icelandair aber auch Delta und United sind die letzten Airlines, die derzeit noch aktiv an der Boeing 757 festhalten. Pläne für den Ruhestand gibt es, jedoch tun sich Airlines schwer, passenden Ersatz zu finden. Deshalb wurden schon mehrmals Termine für den „Final Flight“ verschoben – wie beispielsweise Icelandair mit der 757-300 im vergangenen Oktober – die auch derzeit keinen neuen Termin mehr publiziert haben.
Die Boeing 757 begann 1983 mit British Airways und Monarch die Erkundung Europäischer Strecken, und wurde sehr schnell bei Charterfluglinien aber auch bei Staatscarriern sehr beliebt. Iberia, British Airways, Aer Lingus, Icelandair und Co. boten Flüge mit Business Class an, während Condor, LTU, Britannia und sämtliche Fluglinien Europas bis zu Y239 Pax in der -200er Variante an Urlaubsdestinationen am Mittelmeer verteilten. Sogar transatlantische Routen sind für dieses Modell kein Problem, wie es derzeit United Airlines noch beweist.
Old reliable ist ein Begriff der die 757 sehr gut beschreibt, aber auch fleißiges Arbeitspferd. Denn so einige Airlines hätten, ohne die herausragende Performance dieser Maschine, nie das anbieten können, das sie aktuell tun. Wie man bei Icelandair sieht, -die Europa mit Nordamerika, via Reykjavik verbindet.
Aus Kostengründen und geringer Nachfrage, entschloss man sich 2004, die Produktion in Renton [U.S.A] einzustellen. Als 2015 mehrere Fluglinien wie bspw. United Airlines einen Nachfolger suchte, wurde man auf die Boeing 737MAX hingewiesen und vertröstet. Boeing hält bis heute Abstand zum Thema 757 und ihre Nachfolge. Der B757 eine 737 als Ersatz entgegen zu stellen, macht nach nur kurzer Recherche eigentlich wenig Sinn. Man nehme eine 752 als Basis mit 200 Pax, dann ergibt sich eine Reichweite von über 3.900 Nautischen Meilen. Dem gegenüber kommt die 738 mit 162 Pax auf 2.900 NM. [Jeweils ca. 3/4 Auslastung] Diese beiden Maschinen sind erfolgreich, jede auf ihre Art, jedoch kein Ersatz für ihr Gegenüber. Gerade das Chartergeschäft wurde durch die B757 und das Schwesterflugzeug B767 revolutioniert. Die Betriebsgrenzen von Maximum Takeoff and Landing Temperatures von -54°C bis +54° machten bei eisigster Kälte bei Forschungsflügen in der Antarktis, aber auch in der Hitze Afrikas, beispielsweise bei Ethiopian Airlines, keine Probleme und die 757 blieb ein verlässliches Flugzeug.
Boeing 757 und ihr Einsatz in Innsbruck + Daten und Fakten
Am 9. Februar 1989 setzte die erste Maschine des Typs Boeing 757 in Innsbruck zur Landung an. Mit dem Kennzeichen PH-AHE [LN:165] der Air Holland, begann eine neue Ära in Innsbruck, denn gerade im Winter setzten absofort unzählige Charterairlines auf diese Maschine. Gerade Engländer wie JMC-Airlines, Monarch und Air2000, Russen mit Vim Airlines, Holländer mit Transavia und Dutch Bird, brachten die Kapazität der Ankunftshalle in Innsbruck oft an die Grenzen. Der Flieger jedoch kam in Innsbruck nie wirklich an seine Performance Grenzen, mit voller Y235 Konfiguration und Skigepäck der Urlauber, kam sie mit der 2.000m Piste am LOWI gut aus. Besonders spektakulär, die Abflüge am Saisonbeginn mit Ferry Departure, wenn man bedenkt, dass eine vollbeladene 757-200 mit max Takeoff Weight [MTOW] von 115.000kg nur 1650m Piste beim Start braucht, dann kann man sich vorstellen, wie schnell ein solcher Vogel erst leer ohne Beladung in der Luft ist. Dass Frachtflieger von UPS bei Leerflügen oft mit +6.000ft Steigrate auf Flugfläche FL420 [42.000ft = max Cruise Altitude] emporsteigen, beweist die Stärke dieser Maschine. Mit den Basisdaten von 47m Länge, 38m Spannweite [42m mit Winglets] und einer Höhe von 13m, ist diese Maschine für Short-, Medium-, und Longrange Flüge geeignet. Ausgestattet sind sie mit Rolls-Royce Triebwerken oder Pratt and Whitney Turbinen. Mit der Crewkonfiguration 2/5[+2] bietet die Maschine der Variante -200 bis zu Y239 Plätze, die um 7 Meter verlängerte 757-300 aus dem Jahre 1998 sogar bis zu Y274 Sitzplätze full Economy.
Zwischen 1981 und 2004 wurden insgesamt 1.050 Exemplare am Renton Airfield im Bundesstaat Washington produziert. Der Prototyp hob am 19. Februar 1982 bei turbulenten Wetterbedingungen zum ersten Mal ab und fliegt bis heute als Versuchslabor sämtliche Forschungsflüge für die Entwicklung der Raptor F22. Die Maschine ging im Jahre 2004 vom Band und ist derzeit bei Delta Air Lines mit neuestem Interieur unterwegs. Delta hat bis heute noch eine stolze Flotte von 121 aktiven Maschinen des Typs 757 und ist neben United noch immer der größte Betreiber. Egal, ob als Passagierflieger auf Charterflügen, transatlantischen Routen mit Business Class, Frachter oder sogar als Kombiversion in Nepal. Die B757 fand auf allen Kontinenten ihren Platz.
Die Tage sind gezählt und die Zukunft ungewiss
Da man diesen Artikel bereits größtenteils in der Vergangenheitsform schreiben muss, wird man schnell auf das Verschwinden dieses Typs am Himmel weltweit aufmerksam. Das neue Leben als Frachtflieger, steht der 757 derzeit nicht schlecht und unzählige Flieger sind nach wie vor bei DHL, FedEx und UPS noch aktiv. Die Passagierflotten werden 2025 in Europa größtenteils verschwunden sein und auch nur mehr in Amerika zu finden sein. Ehemalige Betreiber versuchen ihr Glück mit der 737Max oder a321XLR. Auf einen Nachfolger von Boeing wird noch immer gewartet. Die Parkpositionen der Flughäfen in Europa werden die Aufschriften B757 nun nicht mehr brauchen, ein vor wenigen Jahren noch häufiger Gast, ist nun ein seltenes Exemplar geworden. Die Herzen von Piloten, Betreibern aber auch Passagieren ließ die 757 höherschlagen und unvergessliche Momente bleiben gerne in den Köpfen für die Ewigkeit.
Ob sich Boeing noch einmal für diesen Typ entscheiden wird bleibt offen. Was Boeing von der Neuauflage der 757 abhält, sind eigentlich nur zwei Gründe – hohe Produktionskosten und die nicht mehr vorhandene Produktionslinie in Renton.
Bereits die künstliche Intelligenz hat das Problem verstanden und auf die Frage „nenne mir 3 Gründe warum Boeing eine Neuauflage versuchen soll“ -kommt sogar die KI auf dem Punkt:
ChatGPT:
Hier sind drei Gründe, warum Boeing die 757 erneuern sollte:
1. Wachsender Markt für Mittelstreckenflüge: Der Markt für Flugreisen zwischen mittelgroßen Städten wächst, insbesondere in Nordamerika, Europa und Asien. Viele Fluggesellschaften benötigen ein effizientes Flugzeug für Strecken von 3.000 bis 6.000 km. Die 757, obwohl sie immer noch beliebt ist, ist in die Jahre gekommen, und eine moderne Erneuerung könnte den Bedürfnissen dieses Marktes besser gerecht werden.
2. Wettbewerb mit der A321XLR: Airbus hat die A321XLR entwickelt, die für längere Mittelstreckenflüge geeignet ist und über eine größere Reichweite sowie eine bessere Treibstoffeffizienz verfügt. Eine Erneuerung der 757 würde Boeing helfen, mit diesem wachsenden Wettbewerbsdruck Schritt zu halten und seine Marktstellung im Segment der Mittelstreckenflugzeuge zu sichern.
3. Technologische Verbesserungen und Nachhaltigkeit: Eine neue Version der 757 könnte von den neuesten Technologien profitieren, wie effizienteren Triebwerken, optimierter Aerodynamik und besserer Treibstoffeffizienz. Dies würde nicht nur die Betriebskosten für Fluggesellschaften senken, sondern auch zur Reduzierung von Emissionen beitragen, was in der Luftfahrtbranche zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Wie die nächsten Jahre aussehen werden bleibt offen, was jedoch klar ist – die Boeing 757 bietet dem Hersteller nach wie vor ein tolles Grundkonzept aus dem man noch so einiges daraus machen kann. Gerade diese Kapazität von ca. 230 Passagieren und das Twin Engine Konzept ist wie man derzeit sieht sehr begehrt, Drei -und Vierstrahler sind Geschichte. Die Flieger werden kleiner, haben jedoch größere Reichweiten. Sogar Russland plant einen Relaunch der Tupolev 204 scherzhaft auch „757-ski“ genannt und will bis 2030 bereits über 100 neue Exemplare produzieren. Was gewiss ist – in den Vereinigten Staaten ist und bleibt die B757 noch immer ein wichtiger Flieger, auf den man sich verlassen kann.
Dieser Beitrag wurde verfasst von: Benjamin Radner