EASA erlässt einheitliche Promillegrenze für fliegendes Personal

Alkoholische Getränke (Foto: Pixabay).
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EASA erlässt einheitliche Promillegrenze für fliegendes Personal

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Alkohol und Flugbesatzungen sind eigentlich zwei Worte, die sich gegenseitig ausschließen müssen. Leider kommt es immer wieder – auch in Österreich und Deutschland – vor, dass Flugbegleiter und Piloten nicht nüchtern ihren Dienst versehen. Das muss jedoch nicht zwangsläufig an ernsthaften Problemen liegen, sondern manchmal wird – beispielsweise nach einer Geburtstagsfeier – auch nur die Zeit, der der Körper zum Abbau des Alkohols benötigt unterschätzt.

Grundsätzlich ist der Kapitän verantwortlich für das Verhalten der gesamten Besatzung und hat laut Austro Control “im Falle einer Alkoholisierung seiner Crew entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Das ist vergleichbar mit einem Arbeitgeber, der mit einem alkoholisierten Mitarbeiter umzugehen hat”.

Während die Promillegrenzen im Straßenverkehr klar definiert sind, ist das in der Luftfahrt momentan ein wenig anders, wie ein Sprecher der Austro Control erläutert: “Luftfahrtrechtlich kommt derzeit der §171 LFG zur Anwendung, der aber ausschließlich die Alkoholisierung des Piloten selbst betrifft. Der §171 LFG sieht ein Verbot von Flügen bei Gefährdung der Sicherheit in der Luftfahrt vor und enthält eine allgemeine Definition zur Alkoholisierung – „…wenn der verantwortliche Pilot sich offensichtlich in einem durch Alkohol, Drogen oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet“ – ohne spezifisches Limit.”

Allerdings können die Behörden in begründeten Verdachtsfällen handeln und sofortige Maßnahmen ergreifen. Gelegentlich werden im Rahmen der so genannten Ramp-Checks, die ungefähr den Zweck einer allgemeinen Verkehrskontrolle im Straßenverkehr erfüllen, auch Alkoholtestungen durchgeführt. Dafür muss es keinen konkreten Verdacht geben, denn die Beamten sind befugt, genau wie bei Autofahrern, eine spontane Kontrolle durchzuführen. Selbstverständlich gibt es auch hier Rechte für Betroffene, doch wer nichts zu verbergen hat, wird auch nicht versuchen sich einem Alkomaten zu entziehen.

Auf die Frage wer zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen in einem konkreten Verdachtsfall oder aber bei einem “Treffer” befugt ist, antwortete ein Sprecher der Austro Control wie folgt: “Autorisiert zum Verbot von Flügen und zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen sind unter anderem von Austro Control ermächtigte Organe (Fluginspektoren), Organe der Flugsicherung und Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizei). Diese Zwangsmaßnahmen können von einer Verweigerung der Startfreigabe bis hin zu Abnahme des Pilotenscheines reichen.”

EASA legt konkrete Promillegrenze fest

Im kommenden Jahr wird es allerdings zu Veränderungen kommen, denn die neue AOC-Verordnung der EASA sieht europaweit einheitliche Alkohollimits vor, die dann auch exakt definiert sind. “Was konkret ein Alkohollimit für fliegendes Personal angeht, tritt ab 14. Februar 2021 entsprechend der europäischen Vorgaben der EASA eine Novelle der AOC Verordnung (AOCV) in Kraft, die hier einige Anpassungen bringt. Mit der Novelle wird ein Limit des Alkoholgehalts im Blut von 0,2 g/l (0,2 Promille) oder ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,1 mg/l festgelegt”, so die Austro Control. “Die Kontrollen werden von speziell geschulten Inspektoren von Austro Control durchgeführt. Es werden derzeit durch Austro Control im Verdachtsfall Alkoholkontrollen durchgeführt, mit 14. Februar 2021 werden diese entsprechend der Vorgaben der EASA planmäßig im Zuge der Vorfeldkontrollen durchgeführt.”

Austro Control und BMI sehen Zuständigkeiten anders

Immer wieder ist es insbesondere für Kollegen schwierig einen Verdachtsfall zu melden, denn man will ja den Job nicht in Gefahr bringen. Allerdings steht die Sicherheit in der Luftfahrt an oberster Stelle, so dass Alkoholisierungen – egal ob ein Problem vorliegt oder ob aufgrund einer Feier eine Restalkoholisierung besteht – nicht totgeschwiegen werden sollten. Oftmals dürfte ein Gespräch mit dem Kollegen ausreichend sein, so dass dieser dann seinen Dienst nicht antritt, ein Standby-Crewmitglied übernimmt und so die Angelegenheit dezent innerhalb der Firma ohne Aufsehen gelöst werden kann.

Allerdings gibt es laut Austro Control sowohl für fliegendes Personal als auch für Passagiere die Möglichkeit die Behörden auf Alkoholverdacht aufmerksam zu machen. Wie das funktioniert, erklärt der Sprecher: “Meldung an die Polizei beispielweise bei Gefahr in Verzug bzw. über die die Zentrale Meldestelle von Austro Control ([email protected] oder im On-LineTool. (https://www.austrocontrol.at/luftfahrtbehoerde/safety/meldewesen).” Die heimischen Behörden können auch bei ausländischen Airlines, sofern diese im Luftraum oder am Boden der Republik Österreich sind, handeln.

Im Zuge der Recherchen ergab sich allerdings auch ein Widerspruch, denn die Landespolizeidirektion Niederösterreich erklärte sich für die Meldung von Verdachtsfällen möglicherweise alkoholisierten Personals für nicht zuständig. Dies steht im Widerspruch zur Erklärung der Austro Control. Ein Medienreferent des Innenministeriums erklärte dazu: “Verdachtsfälle, wie von Ihnen geschildert, die z.B. Flugbegleiter/innen oder sonstiges Airline-Personal betreffen, beziehungsweise das Setzen entsprechender Maßnahmen, fallen tatsächlich – wie Ihnen die Kolleg/innen des Stadtpolizeikommandos Schwechat richtig mitgeteilt haben – nicht in den behördlichen Zuständigkeitsbereich des BMI, sondern in jene der Fluglinie selbst, die das Verhalten des eigenen Personals im Regelfall mit Arbeitsverträgen regelt. In gewissen Fällen, z.B. wenn ein derartiger Verdacht gegen einen Piloten besteht, kann sich eine Zuständigkeit des BMK ergeben, wobei die Polizei hier nur in Assistenz für das BMK tätig werden könnte.” Das BMK – vormals Verkehrsministerium – beantwortete eine entsprechende Anfrage zu diesem Thema überhaupt nicht.

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