Etihad: Aus der Traum von der “weltumspannenden Airline”

Boeing 787-9 (Foto: Jan Gruber).
Boeing 787-9 (Foto: Jan Gruber).

Etihad: Aus der Traum von der “weltumspannenden Airline”

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Mit Hilfe einer von Swissair kopierten Hunter-Strategie wollte Etihad Airways eine weltumspannende Airline-Gruppe schaffen. Genau wie bei den Schweizern ging das Konzept sich bei kriselnden Airlines einzukaufen nicht auf. Nach vielen verbrannten Milliarden U.S.-Dollar will sich der Golfcarrier nun massiv verkleinern.

Die Parallelen zur gescheiterten Hunter-Strategie der ehemaligen Swissair sind deutlich: Beide Airlines kauften sich im großen Stil bei Fluggesellschaften ein, die finanziell am Abgrund standen. Geschaffen wurde jeweils ein Vielfliegerprogramm und die Carrier sollten an der “kurzen Leine” gehalten werden. In beiden Fällen ging das Konzept aber nicht auf, denn der Kapitalbedarf der kriselnden Beteiligungen war jeweils ein Faß ohne Boden. Swissair brachte sich damit in den Konkurs und viele Airlines, bei denen man sich eingekauft hatte, existieren heute nicht. Etihad Airways drehte den “Töchtern” den Geldhahn ab und diese gingen reihenweise pleite. Übrig geblieben sind nur noch Air Serbia und Air Seychelles, wobei beide bereits vor der Corona-Pandemie stark angeschlagen waren. Die Serben können allerdings froh sein, dass der Mehrheitseigentümer – der Staat – sich klar zum Carrier bekennt und diesen in der Luft halten kann. Alitalia wurde vom italienischen Staat vor dem Grounding bewahrt und soll mal wieder neu aufgesetzt werden.

Etihad Airways vernichtete mit der gescheiterten Strategie viele Milliarden U.S.-Dollar und hatte auch im eigenen Flugbetrieb wenig davon. Dieser war von Anfang an defizitär und die Hoffnung, dass über die Beteiligungen mehr Reisende in Abu Dhabi umsteigen werden, erfüllte sich nicht. Dennoch baute man die Flotte massiv aus und flottete auch den Maschinentyp Airbus A380 ein. Frei nach dem Motto: Was die Konkurrenz in Dubai kann, können wir auch.

Die Lage bei Etihad ist aufgrund der Corona-Pandemie – wie bei fast allen anderen Fluggesellschaften auch – angespannt, denn die nahezu undurchblickbaren Einreise- und Quarantänebestimmungen wirken sich äußerst nachteilig auf die Nachfrage aus. Die Folge daraus ist, dass der Löwenanteil der Flotte auf dem Boden steht. Das schließt auch die Superjumbos ein. Seit etwa 2017 versucht man immer wieder den Carrier der Verwandtschaft in Dubai zu übergeben, um eine anschließende Fusion durchführen zu können. Dazu kam es bislang nicht und Emirates hat sehr gute Gründe nicht aufs Gaspedal zu steigen, sondern den von Abu Dhabi gewünschten “Deal” eher abzulehnen.

Das Emirat Abu Dhabi änderte zwischenzeitlich auch die Luftfahrtstrategie und beteiligte sich an gleich zwei Low-Cost-Startups. An Air Arabia Abu Dhabi ist man über Etihad Airways beteiligt und die Anteile an Wizzair Abu Dhabi hält der Staat über eine Holdinggesellschaft. Langfristig sieht man das Wachstum also nicht in einem “Luxuscarrier”, sondern im Billigflugsegment. Das hat natürlich Auswirkungen auf Etihad Airways und zwar ganz unabhängig von der Corona-Pandemie. Die Krise beschleunigt die Umsetzung der neuen Luftfahrtstrategie des Emirats Abu Dhabi.

Etihad Airways wird in wesentlich verkleinerter Form weiterbestehen, denn Touristen sollen überwiegend mit den beiden Billigfluggesellschaften in die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate gebracht werden. Der Staatscarrier hingegen reduziert laut Medienmitteilung in allen Bereichen. Das schließt ausdrücklich auch das Management ein, das radikal umgebaut wird. Man will eine flache Struktur schaffen, denn Etihad ist keine große Airlinegruppe mehr. Derzeit hat man zehn A380 in der Flotte, wobei diese im Jahr 2021 nicht zum Einsatz kommen werde. Ob sie jemals wieder für den Golfcarrier abheben werden, steht in den Sternen. Das Unternehmen teilte dazu lediglich mit, dass man erst dann darüber nachdenken wird, wenn es die Nachfrage wieder erlaubt. Könnte durchaus auch sein, dass die Superjumbos sang- und klanglos aus der Flotte verschwinden.

Der Carrier soll künftig oberhalb der Lowcoster positioniert werden und sich auf das klassische Full-Service-Segment konzentrieren. Vorbei sind die Zeiten, in denen man mit purem Luxus punkten wollte. Das Streckennetz wird verkleinert und soll sich auf ertragreiche Routen in diesem Geschäftsfeld fokussieren. Viel wird man den beiden Lowcostern, an denen der Staat direkt oder indirekt beteiligt ist, überlassen. Die Flotte wird daher auf lange Sicht verkleinert, jedoch machte Etihad keinerlei Angaben zum Ausmaß.

Wesentlich gesprächiger war man in Sachen Management, denn zahlreiche Spitzenmanager müssen das Unternehmen verlassen. Das betrifft unter anderem Chief Commercial Officer Robert Kamark, Vertriebsleiter Duncan Bureau, Chief Transformation Officer Akram Alami sowie Mutaz Saleh, der bislang für Compliance zuständig war. Jene, die bleiben dürfen, erhalten zum Teil neue Aufgaben. 

“Wir können nicht fortfahren, uns an einer Marktentwicklung zu orientieren, die sich für die absehbare Zukunft geändert hat”, begründet CEO Tony Douglas den Umbau des Managements und des Konzerns. Etihad Airways müsse verschiedene Maßnahmen ergreifen, das Geschäftsmodell anpassen und sich als “stolzer, mittelgroßer Carrier positionieren”. Von den einstigen Plänen eine “weltumspannende Airlinegruppe” zu schaffen ist keine Rede mehr.

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