Das Europäische Parlament hat den Reformvorschlag des EU-Rates zur Fluggastrechte-Verordnung (EG 261/2004) bereits vor der endgültigen Abstimmung im September klar zurückgewiesen. Die Abgeordneten sind sich parteiübergreifend einig, daß die vom Rat geplante Schwächung der Fluggastrechte inakzeptabel ist. Die Association of Passenger Right Advocates (APRA) begrüßt diese Entscheidung, warnt jedoch gleichzeitig davor, daß der als verbraucherfeindlich eingestufte Vorschlag weiterhin im September zur finalen Abstimmung stehen wird. Sollte sich der EU-Rat durchsetzen, drohen Millionen von Reisenden erhebliche Nachteile, da dies einen klaren Rückschritt im Verbraucherschutz bedeuten würde.
Besonders umstritten ist die geplante Handgepäckregelung. Während der EU-Rat in seinem Vorschlag die kostenlose Mitnahme von Handgepäck grundsätzlich abschaffen möchte, fordert der Verkehrsausschuß des Parlaments, den Passagieren ein kostenloses Handgepäckstück bis zu sieben Kilogramm zu garantieren. Aus Sicht der APRA sind die vom EU-Rat vorgelegten Änderungen nicht nur verbraucherfeindlich, sondern auch rechtlich fragwürdig, insbesondere da ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Handgepäck als untrennbaren Bestandteil des Beförderungsvertrages definiert. Tomasz Pawliszyn, Präsident der APRA und CEO von AirHelp, wies darauf hin, daß die Interessen von Reisenden und Fluggesellschaften hier stark auseinandergehen und Lobbygruppen versuchen, die Abgeordneten zu beeinflussen, um die Einnahmen aus Gepäckgebühren zu schützen.
Weitere umstrittene Punkte im Vorschlag des EU-Rates umfassen die Anhebung der Schwellenwerte für Entschädigungen bei Verspätungen auf vier oder sechs Stunden anstatt der bisherigen drei Stunden, was rund 60 Prozent der heutigen Entschädigungsansprüche entfallen lassen würde. Ferner sollen mehr Ausnahmen für Fluggesellschaften bei „aussergewöhnlichen Umständen“ gelten, wodurch interne Probleme wie Streiks oder technische Defekte künftig nicht mehr entschädigungspflichtig wären – eine Neudefinition, die der Rechtsprechung des EuGH widerspricht. Auch eine drastische Verkürzung der Frist zur Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen auf nur sechs Monate, im Gegensatz zu den heute üblichen zwei bis fünf Jahren in den meisten Ländern, ist vorgesehen.
Zudem würden die Entschädigungssummen gesenkt, beispielsweise von 600 Euro auf 500 Euro für Langstreckenflüge, trotz gestiegener Flugkosten und Inflation. Entschädigungen sollen auch bei mehreren Flugstörungen nur pro Reise gelten, und Umbuchungen sowie Hotelübernachtungen bei Flugausfällen auf drei Nächte begrenzt werden. Tomasz Pawliszyn betonte, daß das Europäische Parlament ein starkes Signal für den Verbraucherschutz gesetzt habe. Dennoch sei die Gefahr nicht gebannt. Sollte die Reform im September beschlossen werden, drohen massive Verschlechterungen für Millionen Fluggäste in Europa. Viele der geplanten Änderungen seien aus Sicht der APRA nicht mit geltendem EU-Recht vereinbar und könnten zu einer unklaren Rechtslage sowie einer Klagewelle führen.