Eurowings schafft “Schalterzwang” wieder ab

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Eurowings schafft “Schalterzwang” wieder ab

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Wenn es um den besten Sitzplatz geht, sind manchen Passagieren die Abstände besonders wichtig. Doch sobald es ums Aussteigen geht, ignorieren ausgerechnet jene, die zuvor gemeckert hatten alle Anweisungen der Crew und pfeifen auf die Abstände.

Die deutsche Fluggesellschaft Eurowings überraschte Mitte Juni damit, dass zwar der Check-In online vorgenommen werden soll, jedoch die Bordkarte persönlich am Schalter abgeholt werden muss. Man habe so einige Fragen, die man nur persönlich stellen könne, argumentierte das Unternehmen. In der Praxis entpuppte sich das Verfahren jedoch als regelrechte Farce, das in einem „Testflug“ mit der Fragestellung des Check-In-Agents warum man eigentlich zum Schalter kommt, wenn man Online eingecheckt hat. Selbstverständlich verbunden mit dem Hinweis, dass man sich doch bitte beim nächsten Mal die Bordkarte selbst ausdrucken solle. Nur war dies aufgrund von Eurowings-Vorgaben eben nicht möglich.

Dass dieses „System“ nicht der Weisheit letzter Schluss war und auch im Lufthansa-Konzern ein einzigartiger Alleingang war, sah jetzt auch Eurowings ein. Zumindest zwischen Österreich und Deutschland ist der „Abholzwang“ am Schalter wieder abgeschafft. Passagiere können nun wieder kontaktlos online über den PC oder ein Smartphone einchecken und erhalten ihre Bordkarte zum Ausdrucken oder alternativ auf das Display.

Ein Sprecher von Eurowings erklärte zu den Hintergründen warum man den „Schalterzwang“ eingeführt hat und nun wieder beendet hat ausführlich: „Wir können nachvollziehen, dass das persönliche Abholen der Bordkarte ein zeitlicher Mehraufwand für den Reisenden bedeutet – gerade wenn man sich an die unbestrittenen Vorteile eines Online-Check-Ins gewöhnt hat. Leider lassen die beiden Länder Deutschland und Österreich nach wie vor noch keinen ganz freien Reiseverkehr zu. Das hat die Mehrzahl der Passagiere, die ja überwiegend Deutsche und Österreicher sind, nicht gespürt – wohl aber einige andere Nationalitäten, die ebenfalls zu unseren Kunden als internationale Airline gehören. So umfassen aktuell beispielsweise die Hinweise der IATA zur Einreise nach Österreich eine Vielzahl von Reiseeinschränkungen für verschiedene Nationalitäten oder Personenkreise, die sich in einem der definierten Länder aufgehalten oder bestimmte Länder durchreist haben. Insbesondere zu letzterem Punkt ist ein persönliche Befragung des Fluggastes dringend geboten, um Fehlbeförderungen zu vermeiden. Da sich diese Regelungen auch noch sehr häufig ändern, war es bisher nicht möglich, diese unterschiedlichen Parameter in das Online-Check-In-System zu integrieren. Deshalb war der Online-Check-In im grenzüberschreitenden Verkehr deaktiviert, um bei ALLEN Reisenden zu prüfen, ob alle notwendigen Informationen für eine ordnungsgemäße Einreise vorliegen. Im Zuge der Lockerungen der Reisebeschränkungen haben wir den Online-Check-In inzwischen aber wieder freigeschaltet.“

Passagiere wollen erst Abstände und halten sich nur eine Stunde später nicht mehr daran

Das Einhalten eines Sicherheitsabstands von zumindest einem Meter (in Deutschland übrigens 1,5 Meter) wird von Virologen empfohlen. Zum Teil gibt es sogar Verordnungen der Regierung, die dies unter bestimmten Umständen sogar verbindlich vorgeschrieben wird. An Bord gibt es keine explizite Vorschrift, die Airlines zum Freihalten des Mittelsitzes oder gar ganzer Sitzreihen verpflichten würde. Die EASA empfiehlt hierzu allerdings, dass dies praktiziert werden sollte, wenn die Auslastung des Fluges dies zulässt. Derzeit sind vollständig ausgebuchte Flüge leider eher die absolute Ausnahme, so dass es auf vielen Verbindungen reichlich freie Sitze und Reihen geben würde.

Auf beiden „Testflügen“ mit Eurowings war die Auslastung eher bescheiden, so dass es problemlos möglich gewesen wäre die Empfehlungen der EASA hinsichtlich der Abstände umzusetzen. Insbesondere auch aufgrund des Umstands, dass alle Reisenden ihre Bordkarten persönlich am Schalter abholen mussten. Somit hätte die Möglichkeit bestanden, dass die Sitzplätze am Schalter konform der Empfehlungen der EASA zugwiesen werden. Darauf verzichtete die Lufthansa-Tochter allerdings und so ergab sich das durchaus merkwürdige Bild, dass viele Reisende in vollbesetzten Dreier-Reihen im hinteren Teil der Kabine „zusammengepfercht“ wurden, während der Großteil der verbleibenden Reihen komplett leer war. Ein dazu befragter Pilot, der nicht für Eurowings tätig ist, meinte, dass dies wirtschaftliche Gründe haben könnte, denn der Treibstoffverbrauch wäre niedriger, wenn das Gewicht (sprich die Passagiere) im hinteren Bereich des Airbus A319 „gesammelt“ ist.

Während es beim Hinflug eher sehr ruhig war und nur wenige Reisende sich umsetzten, wurde es beim Abflugsort Deutschland ganz leicht unruhig. Einige Passagiere monierten bei der Crew in sehr freundlichem, aber bestimmten Ton, dass die Einhaltung der Abstände doch möglich ist und ob man sich bitte umsetzen könne. Dieser Bitte kam das Kabinenpersonal gerne nach und wies auch mittels Lautsprecherdurchsage auf die Möglichkeit einen anderen Sitzplatz nach freier Wahl einzunehmen hin.

Jenen Fluggästen, denen vor dem Abflug die Einhaltung der Abstände besonders wichtig war, muss man aber auch einen Vorwurf machen, denn nach der Landung waren diese Gedanken offenbar verflogen und trotz wiederholter Durchsagen der Besatzung, dass man bitte sitzen bleiben soll und Reihe für Reihe ausgestiegen wird, um eben die Sicherheitsabstände einhalten zu können, wurde dies ausgerechnet von den „meckernden“ Passagieren blank ignoriert. Diese sprangen sofort auf und bildeten eine Warteschlange im Gang – als ob dadurch das Aussteigen schneller möglich wäre. Der diensthabenden Eurowings-Crew ist hier positiv anzurechnen, dass diese alles versucht hat, das möglich ist, um die Fluggäste, die es besonders eilig hatten, zum Hinsetzen und zur Einhaltung der Abstände zu bewegen. Einige Reisenden waren sehr einsichtig und hielten sich an die Anweisungen der Besatzungen, doch leider nicht alle. Obskur, aber genau so war es leider: Es waren ausgerechnet jene Fluggäste, die vor dem Abflug die Einhaltung der Abstände moniert hatten und unbedingt umgesetzt werden wollten.

Dies zeigt sehr deutlich, dass ein Miteinander zwischen Besatzung und Passagieren notwendig ist. Reisende müssen sich diszipliniert verhalten und den Anweisungen des Kabinenpersonals Folge leisten. Wird dies kollektiv ignoriert ist eben kein geordnetes Deboarding unter Einhaltung der Sicherheitsabstände möglich. Die Crews tun was sie können, doch müssen die Passagiere einfach diszipliniert sein und sich kurz gedulden bis ihre Reihe zum Aussteigen dran ist. Leider scheinen manche Fluggäste selbst damit überfordert zu sein.

Ein Eurowings-Sprecher erklärte zum Thema Sitzplätze ausführlich: „Allgemein gilt: Wir schränken die Sitzplatzauswahl nicht ein, so dass die Passagiere die freie Wahl haben, wo sie sich hinsetzen wollen. Das System setzt im Normalfall auf ein grobe Verteilung – hinterlegt ist hierbei ein recht komplexer Algorhythmus, der die verschiedensten Konstellationen berücksichtigt – Zusammengehörigkeit der Reisenden, Kinder, Emergency Exit, nicht belegbare Sitzplätze etc. Warum sich die Verteilung auf den von Ihnen genannten Strecken aus Ihrer Sicht anders dargestellt hat, lässt sich von unserer aktuellen Warte leider nicht mehr rekonstruieren. Grundsätzlich werden unsere Seating-Systeme aber ständig weiterentwickelt und an neue Anforderungen angepasst.“

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