Es klingt wie ein Schildbürgerstreich: Der Flughafen Berlin-Brandenburg ist noch nicht einmal drei Wochen in Betrieb und schon droht die Betreibergesellschaft mit der Schließung des Airports. Wie das funktioniert weiß man in Berlin ohnehin schon, denn mit dem Dichtmachen von Tempelhof und Tegel hat man ja schon Erfahrung im Zusperren von Flughäfen.
Doch es geht knallhart ums Geld. Bereits unmittelbar vor der Eröffnung des BER wurde öffentlich bekannt, dass die Finanzlage der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH aufgrund der Corona-Pandemie sehr stark angespannt ist. Nicht nur, dass über die Jahre hinweg die Baukosten in Sachen BER aus dem Ruder gelaufen sind, nun kam dazu, dass die Einnahmen wegen stark reduziertem Angebot regelrecht weggebrochen sind. Das Unternehmen befindet sich im Eigentum der Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bundesrepublik Deutschland.
Welchen Vorwurf will man denn Geschäftsführer Engelbert Lütke Daldrup wegen der momentanen Situation machen? Am besten überhaupt keinen, sondern die Vorwürfe sind bei den Entscheidungsträgern in der Politik besser aufgehoben. Dass der Geschäftsführer Alarm schlägt, dass es so finanziell nicht weitergehen kann, zeigt eher Verantwortungsbewusstsein. Man kann der BER-Gesellschaft so ziemlich alles in Sachen „Schlamperei in der Vergangenheit“ vorwerfen, aber für die Corona-Pandemie und die nochmals knallhart verschärften Einreisebedingungen der Bundesrepublik Deutschland kann das Team rund um Daldrup definitiv nichts.
Eine Frage ist aber durchaus berechtigt: Wozu hat man denn mitten in der Coronakrise, nur zwei Tage vor dem deutschen „Lockdown light“, wissentlich, dass die Nachfrage wegen der bevorstehenden neuen Quarantänebestimmungen nochmals einknicken wird, überhaupt das Terminal 1 in Betrieb genommen? Das momentan geringe Fluggastaufkommen könnten die alten Schönefeld-Terminals locker stemmen und auch das einstige Tegel-Aufkommen übernehmen. Oder umgekehrt gefragt? Wozu lässt man die SXF-Gebäude offen, obwohl das Terminal 1 eine symbolische Reise zum Mond von der Kapazitätsgrenze entfernt ist? Die Antworten darauf sind simpel: Es war eine politische Entscheidung. Der BER musste um jeden Preis aufsperren damit ein paar Politiker in Berlin und Brandenburg ihre Gesichter wahren können. Eine nochmalige Verschiebung wurde als peinlich erachtet. Diesmal hätte sie aber einen wirklich vernünftigen und nachvollziehbaren Grund gehabt.
Die Politik wollte also, dass das BER-Terminal 1 in Betrieb geht und damit alles schön groß wirkt, dass auch die alten SXF-Hallen in Betrieb bleiben. Luftlinie nur wenige Kilometer entfernt hat sich die Bundesregierung von so genannten „Star-Virologen“ neue Quarantänebestimmungen aufschwatzen lassen und diese entgegen aller Warnungen anderer Mediziner, der Reisebranche, der Flughäfen und Airports beschlossen. Jeder, der aus einem Risikogebiet kommend nach Deutschland will, muss mindestens fünf Tage in Quarantäne und das aber nur mit negativem PCR-Test, denn sonst blühen sogar zehn Tage Absonderung. Risikogebiet ist so ziemlich die ganze Welt mit Schwerpunkt Europa. Selbst das Robert-Koch-Institut zeigte auf, dass die vorherigen Maßnahmen vollkommen ausreichend waren, denn die aus dem Ausland eingeschleppten Ansteckungen so gering sind, dass sie laut RKI im Pandemieverlauf eine nicht nennenswerte Rolle spielen.
Die Konsequenz aus den ganzen politischen Entscheidungen ist, dass die BER-Gesellschaft mit leeren Kassen und stark sinkenden Einnahmen, aber zwei Terminals in Schönefeld und Tegel in Betriebsbereitschaft dasteht. Laut Handelsblatt drohte Flughafenchef Daldrup in einem Brief an die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen damit, dass der Flugbetrieb eingestellt werden muss, wenn Bund und die beiden Länder nicht kurzfristig weitere Finanzhilfen bereitstellen. Das wäre ja die Krönung der langen BER-Geschichte: Eröffnet und nicht mal vier Wochen danach muss aus Geldmangel wieder zugesperrt werden.
Die Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH benötigt laut diesem Medienbericht etwa 300 Millionen Euro. Beantragt wurden bei der FBB 201,2 Millionen Euro, die jedoch diese Woche an die Gesellschaft in Form eines Darlehens geflossen sein sollen. Weitere 98,8 Millionen Euro wurden im Oktober als Zuschuss durch die drei Gesellschafter eingebracht.
Bei der Berliner Senatsverwaltung geht man laut Handelsblatt davon aus, dass das Geld nicht ausreichen wird. Man habe sich darauf vorbereitet, dass die Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH auch in den Folgejahren auf finanzielle Hilfen angewiesen sein wird. Man könne zum aktuellen Zeitpunkt aufgrund der sich ständig verändernden Corona-Situation keine Prognose zur Höhe des möglichen Finanzbedarfs abgeben. Anders ausgedrückt: Daldrup und sein Team werden noch weitere Briefe mit der Bitte um Geld schicken müssen und offenbar ist das einzig wirksame Druckmittel die Drohung mit der Schmach, dass zugesperrt werden muss.