FKB-Chef Jung: “Reisen in Europa muss wieder ohne ‘Grenzen’ möglich sein”

Manfred Jung (Foto: Baden-Airpark GmbH).
Manfred Jung (Foto: Baden-Airpark GmbH).

FKB-Chef Jung: “Reisen in Europa muss wieder ohne ‘Grenzen’ möglich sein”

Manfred Jung (Foto: Baden-Airpark GmbH).
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Der deutsche Regionalflughafen Karlsruhe/Baden-Baden (FKB) befindet sich nur einen gefühlten Steinwurf von der französischen Grenze entfernt und ist der zweitgrößte Airport Baden-Württembergs. Die 3.000 Meter lange Piste erbte man von der Royal Canadian Air Force, die hier bis 1993 einen Stützpunkt unterhielt.

Nach durchaus turbulenten ersten Jahren als Zivilflughafen, die insbesondere dem ungünstigen Umstand geschuldet waren, dass die damalige Baden-Airpark AG einen windigen privaten Eigentümer hatte, der mit der Flowtex AG für einen schweren Wirtschaftsskandal sorgte, entwickelte sich der Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden (FKB) seit dem Jahr 2001 unter neuen Eigentümern solide weiter. Der Stuttgart Airport hält zwei Drittel und die übrigen Anteile befinden sich in den Händen der Region.

Der Baden-Airpark war – wie viele andere Regionalflughäfen auch – von vielen Veränderungen im Flugverkehr betroffen. Fluggesellschaften kamen und gingen, wichtige Strecken gingen verloren, weil der Operator Pleite ging oder aber aus verschiedenen Gründen die Route aufgab. Tägliches Airport-Business eben. Doch die Corona-Krise war und ist auch in Karlsruhe/Baden-Baden eine noch nie dagewesene Situation.

Geleitet wird die Baden-Airpark GmbH seit 19 Jahren von Manfred Jung, der mit Jahresende einen neuen „Job“ antreten wird: Der Manager wird in den wohlverdienten Ruhestand treten. Sein Nachfolger wird Uwe Kotzan, der zuletzt Geschäftsführer am Flughafen Erfurt war, sein. Im Gespräch mit Aviation.Direct erklärt Jung warum Reisen ohne Grenzen in Europa wieder möglich sein muss, welche Fragen sich hinsichtlich Schnelltests stellen und wie am Baden-Airpark der Lockdown und die Krise empfunden wurden.

Durch die Vielzahl an Risikogebieten fährt der Luftverkehr seit Mitte August aber wieder herunter. Die Ungewissheit wann wieder ein nennenswerter Luftverkehr dauerhaft stattfinden kann, belastet uns alle aktuell mehr als der Beginn der Krise.

Manfred Jung, Geschäftsführer Baden-Airpark GmbH

Aviation.Direct: Welche Schritte müssen Regierungen und die EU setzen, um der Luftfahrt- und Touristikbranche das Überleben und Comeback ermöglichen zu können?
Manfred Jung: Das Reisen in Europa muss wieder ohne „Grenzen“ möglich sein. Bei dem aktuellen und sich ständig ändernden „Flickenteppich“ an Risikogebieten, fehlt für die Passagiere, Urlauber und Geschäftsreisenden jegliche Planbarkeit und Sicherheit, so dass viele Reisen erst gar nicht angetreten werden. Weiterhin sollte eine EU-Einreisekartei (vergleichbar mit dem ESTA-Verfahren in den USA) eingeführt werden. Die dortige Registrierung wäre dann die Voraussetzung für eine Flugbuchung und würde die vielen nationalen Formulare unnötig machen. Mit den dort angegebenen korrekten Kontaktdaten, könnten zum Beispiel alle Flugpassagiere überall erreicht werden.

Aviation.Direct: Einige Airlines und die IATA plädieren dazu, dass vor dem Abflug Schnelltests durchgeführt werden sollen. Diese könnten beispielsweise im Zuge der Sicherheitskontrolle gemacht werden. Was halten Sie von der Durchführung von Schnelltests vor jedem Abflug und wie könnten diese bei Ihnen umgesetzt werden?
Manfred Jung:
Die Durchführung von Schnelltests mit der nötigen Aussagegenauigkeit wäre ein sehr gutes Mittel um die Sicherheit beim Reisen zu erhöhen. Am Flughafen Karlsruhe / Baden-Baden (FKB) haben wir genügend Flächen um diese im Bereich der Fluggastkontrolle durchführen zu lassen. Wie immer steckt jedoch der Teufel im Detail und es stellen sich beispielsweise die folgenden Fragen: Wer darf solche Schnelltests durchführen: nur Ärzte? Gibt es europaweit dauerhaft genügend Schnelltests? Wer bezahlt diese Schnelltests?

Aviation.Direct: Bitte beschreiben Sie ein wenig wie Sie und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den plötzlichen Quasi-Stillstand der Luftfahrt erlebt haben und was welche Gefühle und Gedanken hatten Sie?
Manfred Jung:
Bis zum März 2020 konnte sich niemand von uns vorstellen, dass es mal 80 oder 90 Prozent Rückgang im gewerblichen Luftverkehr geben könnte. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten daraufhin verständlicherweise große Sorgen um ihre Arbeitsplätze. Dem konnten Geschäftsführung und Betriebsrat mit der Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit schnell begegnen. Bei mir als Geschäftsführer, lag der Schwerpunkt meiner Gedanken und meines Handelns darin, die verschiedenen Prozesse kontrolliert herunterzufahren und natürlich die Liquidität der Baden-Airpark GmbH weiter zu sichern. Wir hatten am FKB aber immer Flugbetrieb (Frachtflüge, Rettungs- und Ambulanzflüge, Organtransporte, Business Aviation sowie Flüge für Erntehelfer und Pflegekräfte). Dies hat es erleichtert, positiv in die Zukunft zu sehen.

Aviation.Direct: Wie war die Stimmung bei Ihnen als der Flugverkehr nach und nach wieder angelaufen ist?
Manfred Jung: Der Flugbetrieb ist im Juli relativ zügig wieder angelaufen und alle haben erstmal ein wenig aufgeatmet. Durch die Vielzahl an Risikogebieten fährt der Luftverkehr seit Mitte August aber wieder herunter. Die Ungewissheit wann wieder ein nennenswerter Luftverkehr dauerhaft stattfinden kann, belastet uns alle aktuell mehr als der Beginn der Krise. Damals konnte jeder darauf hoffen, dass es in wenigen Wochen wieder anläuft, was ja dann auch im Juli geklappt hat. Aktuell traut sich keiner einen Zeithorizont zu nennen und welcher der Systempartner dann noch auf dem Markt ist.

Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden (Foto: Robert Spohr).

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