Lufthansa-Konzernchef Carsten Spohr rechnet damit, dass die Ticketpreise aufgrund stark steigender Kerosinkosten weiter erhöht werden müssen. Ähnlich argumentiert auch Swiss-Chef Dieter Vranckx, der auch darauf verweist, dass das Fuel Hedging den Effekt auf Dauer nicht vollständig abfangen kann.
Die Lufthansa Group hat rund 80 Prozent des Treibstoffbedarfs mittels Preissicherungsgeschäften abgedeckt. Das bedeutet konkret, dass man sich mit den Mineralölgesellschaften auf Fixpreise mit einer bestimmten Laufzeit geeinigt hat. Diese liegen derzeit unter dem regulären Zapfsäulenpreis, so dass der Kranich-Konzern finanziell profitiert, weil weniger bezahlt werden muss. Allerdings hat jeder Fuel-Hedging-Vertrag eine bestimmte Laufzeit, so dass die stark gestiegenen Spritpreise mit zeitlicher Verzögerung auch bei den Fluggesellschaften der Lufthansa Group ankommen werden.
Daher gehen Dieter Vranckx und sein Vorgesetzter Carsten Spohr davon aus, dass die Preise für Flugscheine weiter steigen werden. Erst kürzlich wurde bekannt, dass die Lufthansa Group in einem ersten Schritt die Ticketpreise anheben wird. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es noch weiter nach oben gehen.
Mit dem Wiedererreichen der Nachfrage, die man im Jahr 2019 hatte, rechnet Spohr nicht vor dem Jahr 2023. Allerdings sagte er auch, dass auf manchen Routen die Buchungszahlen über dem Vorkrisenniveau liegen. Dabei handelt es sich überwiegend um touristische Strecken, die verstärkt von Urlaubern, die in den letzten beiden Jahren zu Hause geblieben sind, nachgefragt sind. Auch verzeichnet man bei der Lufthansa Group einen verstärkten Absatz in den teureren Reiseklassen. Im Bereich Geschäftsreisen ist das Bild ein wenig anders: Die Nachfrage liegt noch immer deutlich unter dem Vorkrisenniveau, was Spohr unter anderem auch darauf zurückführt, dass besonders das einst reisefreudige mittlere Management weiterhin Telefon- und Videokonferenzen nutzt.
Auch im Bereich Business Travel stark vertretene Reisebüros erklärten telefonisch gegenüber Aviation.Direct, dass der derzeitige Stand so ist, dass viele große Firmen nur noch dann persönlich zu Kunden anreisen, wenn es um besonders wichtige Dinge oder große Deals geht. Gerade Verkäufer und das mittlere Management, das vor der Corona-Pandemie zu so ziemlich jedem Termin persönlich geflogen ist, muss am Boden bleiben. Die Firmen sparen dadurch erhebliche Reisekosten ein. Dies soll der Hauptgrund für das Festhalten an Telefon- und Videokonferenzen sein. Etwaige Umweltschutzgründe spielen allenfalls im Marketing eine Rolle.
Personalmangel bei vielen Anbietern
Viele Fluggesellschaften und Airports leiden derzeit unter dem Umstand, dass im Verlauf der Pandemie viele Mitarbeiter abgesprungen sind. Die Gründe hierfür sind individuell und je nach Airline bzw. Flughafen und Beschäftigtem unterschiedlich. Bei manchen Anbietern scheint sich zu rächen, dass man zu viel Personal abgebaut hat bzw. zum freiwilligen Ausstieg bewogen hat. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Branche an vielen Stellen zu wenige Mitarbeiter hat und genau das könnte die Erholung weiter hemmen.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr sieht das Kernproblem weniger beim fliegenden Personal, sondern eher beim Bodenpersonal an den Flughäfen. Er warnt eindringlich davor, dass viele Flüge im Frühjahr und Sommer gestrichen werden könnten, weil diese schlichtweg an den Airports nicht ohne lange Wartezeiten abgefertigt werden können. An den letzten Wochenenden musste der Kranich-Konzern wiederholt Flüge aus genau diesem Grund absagen. Gefordert sind nun die Flughäfen.