Simulation des Flughafens Budweis
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Flughafen Budweis will trotz Kritik weiterhin durchstarten

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Durch die Coronavirus-Krise befinden sich mittlerweile Flughäfen in ganz Europa im Schleudergang, manche sehen sich bereits mit massiven Liquiditätsproblemen konfrontiert, dennoch wird in der tschechischen Region Südböhmen weiterhin am dortigen Flughafenprojekt festgehalten. Begleitet wird der Entwicklungsprozess, um in absehbarer Zeit erste internationale Flüge durchführen zu dürfen, von einem sehr kritisierten und komplizierten Zertifizierungsprozess für die notwendigen Flugsicherungsverfahren, zudem verabschiedete sich mit der Stadt Budweis bereits ein wichtiger Partner aus dem Projekt.

„Der Verkauf des Anteils der Stadt Budweis ist für ein Gewinn“, stellt Viktor Lavička, stellvertretender Oberbürgermeister von Budweis, mit klaren Worten fest: „Es ist der einzige Weg, aus diesem Millionengrab herauszukommen“. Wie tschechische Medien berichten, ergab die Bewertung der städtischen Flughafenanteile im Vorfeld zäher Verhandlungen einen Wert zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Euro. „Nachdem noch immer kein Betriebsstart absehbar ist, kann der tatsächliche Marktwert des Flughafens nur mit Null bewertet werden. Auch wir müssen an die Zukunft denken und können ein derartiges Flughafenprojekt nicht mehr finanzieren“, erklärt Lavička die letztliche Einigung auf einen Verkauf der Anteile zu einem Buchwert unter 250.000 Euro. Nachdem die Europäische Union bereits 2012 eine Förderzusage über 15 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, kurz EFRE, zum Flughafenausbau zurückgezogen hatte, mussten die bisherigen Projektbetreiber Stadt Budweis und Region Südböhmen die geplante Investitionssumme von etwa 40 Millionen Euro drastisch reduzieren. Dennoch wurde, trotz kritischen Stimmen aus dem Bereich des Handels und der Wirtschaft in Südböhmen, das ehrgeizige Projekt, welches jenen in Maribor oder Kassel-Calden ähnelt, vorangetrieben. Insgesamt dürften seitens der Stadt Budweis in den letzten Jahren etwa 18 Millionen Euro für das Flughafenprojekt aufgewendet worden sein, Vertreter der Stadt gingen deshalb davon aus, dass zukünftig langfristig auch weiterhin Gelder aus der öffentlichen Hand für den operativen Betrieb zuzuschießen gewesen wären.


Das Passagierterminal wurde bereits 2018 fertiggestellt und wäre für 600.000 Passagiere ausgelegt (Foto: Hochtief AG)

Ganz anders sieht dies die Regionalverwaltung Südböhmens. „Ein Eigentümer ist doch besser als zwei, deshalb war dieser Verkauf auch abzuwickeln“, kommentiert Josef Knot, der Stellvertreter der südböhmischen Bezirkshauptfrau Ivana Stráská, den Verkauf der Anteile seitens der Stadt Budweis. Ende Juni stimmte die Regionalversammlung des Kreis Südböhmens für die Übernahme der Stadtanteile. Die oppositionelle Fraktion der ODS trägt die Entscheidung zwar mit, erhob aber wiederholt den kritischen Einspruch, dass es nach wie vor an einem entsprechenden Entwicklungskonzept für den Flughafen Budweis fehlt. Für die ODS liegt die Vermutung nahe, dass der Flughafen für Frachtverbindungen geöffnet werden soll, nachdem die Entwicklung im Bereich des Passagierverkehrs auf Flughäfen wie Brünn oder Pardubice sehr überschaubar wäre. „Wir haben nicht vor, Frachtflüge in Budweis anzubieten“, kontert Josef Knot der Kritik. Viel mehr soll mit interessierten Investoren wie Accolade, Eigentümer mehrerer großer Wirtschaftsparks in Tschechien und Polen, darüber verhandelt werden, Teile der Flächen des ehemaligen Militärflughafens Plana entsprechend zu verwerten und so dem Umsatz des Flughafens zuzuführen. Als Eigentümer des Flughafens Brünn hätte Accolade bereits ausreichende Erfahrungen, zudem gute Kontakte zu großen tschechischen und internationalen Unternehmen, um entsprechende Konzepte für Betriebsansiedelungen entwickeln zu können.

Flugverkehrsmäßig muss der „Letiště České Budějovice“, ICAO-Code LKCS, allerdings derzeit kleinere Brötchen backen, durch die noch ausstehender Zertifizierung gilt man weiterhin als nicht-öffentlicher Flugplatz und darf daher nur private Flüge mit Flugzeuge mit einer maximalen Spannweite von 36 Metern abwickeln. Martina Vodičková, Sprecherin des Flughafens Budweis, zu AviationDirect: „Anfang nächsten Jahres sollten wir zum Fluginformationsdienst AFIS zurückkehren und eine Lizenz für die Bereitstellung von IFR / AFIS-Diensten im Laufe des Jahres erhalten. Mit Übereinstimmung der bestehenden europäischen Standards zertifizieren wir den Flughafenbetrieb und die Flugsicherungsdienste, wenn auch in einem sehr komplizierten Prozess.“ Im Laufe dieses Zertifizierungsprozesses kam es mittlerweile zu einen Rückschlägen. So stellte die tschechische Flugsicherung zu Beginn des Prozesses fest, dass notwendiges Personal fehlen würde, um einen weiteren Regionalflughafen in Tschechien zu betreuen. Ein bereits errichteter, aber für die sichere Abwicklung des Flugbetriebes zu hoher Sendemast musste abgetragen und entsprechend der luftfahrtgesetzlichen Bestimmungen neu errichtet werden.


So leer sich die europäischen Flughäfen derzeit leider aufgrund der Coronavirus-Pandemie präsentieren, wurde im neuen Budweiser Passagierterminal seit seiner Fertigstellung noch kein einziger Passagier abgefertigt (Foto: Hochtief AG)

Aktuell mehren sich nach Veröffentlichung der Korridorkarten für An- und Abflüge kontroversielle Kritiken aus den Flughafen-Umlandgemeinden. Dazu soll eine 25 Jahre bestehende und noch auf den militärischen Flugbetrieb zurückgehende Schutzzone zugunsten der neuen Zertifizierung des Flughafens Budweis aufgeweicht werden. Während Teile der Bevölkerung und Regionalpolitiker Lärmbelästigungen durch an- und abfliegende Flugzeuge über die neuen Flugrouten erwarten und dagegen auch nach der Einspruchsfrist Ende November vorgehen möchten, begrüßen andere die Aufhebung der bestehenden Schutzzone, wie sie seitens der tschechischen Zivilluftfahrtbehörde beantragt wurde. „Nach den geltenden Regelungen der Schutzzone könnten wir nicht einmal einen Kindergarten im Gemeindeamt errichten, den wir dringend brauchen. Wenn diese Zone aufgehoben wird, können wir eine derartige Einrichtung bauen. Und auch die Besitzer des umliegenden Grundstücks konnten endlich bauen“, sagt der Bürgermeister von Planá, Tomé Pintér, gegenüber Medien. Durch die Aufhebung der Schutzzone könnten die Flächenwidmungspläne entsprechend neu organisiert werden, wodurch ein Entwickeln neuer Wohn- und Betriebsflächen ermöglicht wird, so die Befürworter.

Ungeachtet der Probleme und Kritiken denkt man am Flughafen Budweis bereits an die Zeit nach Ende der notwendigen Zertifizierung. „Bereits in diesem Jahr wollten wir die Beförderung asiatischer Passagiere aus Prag näher an die Stadt Krumlov sicherstellen. Die Absicht war, nach und nach UNESCO-Städte zu verbinden und asiatische touristische Routen Prag-Krumau-Salzburg-Split anzubieten, leider hat die Coronavirus-Krise dieses Projekt gestoppt. Wir werden den Zustand der Flughäfen und Fluggesellschaften nach der Krise sehen“, erklärt Martina Vodičková. Derzeit hätte man durch die Pandemie die Möglichkeit, das Flughafengeschäft entsprechend für die Zeit danach vorzubereiten. Dazu werde man entsprechende günstige Preise bieten, so Vodičková gegenüber AviationDirect, welche möglichen Partnern von den Möglichkeiten, die der South Bohemian Airport České Budějovice – so sein vollständiger Marketingname – bietet, entsprechend überzeugen sollte. Völlig offen ist allerdings, wie schnell sich der insbesondere aus Fernostasien kommende Tourismus im sogenannten Goldenen Dreieck Prag-Wien-Budapest erholen kann. Mit fast 2 Millionen Touristen pro Jahr galt die südböhmische UNESCO-Weltkulturerbestadt Krumau (Krumlov) als eine der Top-Destinationen. Täglich legten hunderte asiatische Touristen im Rahmen ihrer Besichtigungstour durch Europa einen Aufenthalt für wenige Stunden unterhalb der im Jahre 1253 erstmals erwähnten Witigonen-Burg Crumlov ein. Es dürfte von einer zeitnahen Verfügbarkeit eines Impfstoffes gegen das Coronavirus und wohl auch von einer möglichst hohen und raschen Durchimpfungsrate abhängen, wann Tschechien und somit auch Südböhmen wieder an die Touristenzahlen vor 2020 anschließen kann. Dass selbst tschechische Tourismusexperten davon ausgehen, dass dies nicht so schnell passieren wird, zeigt auch die vorzeitige Rückgabe eines im Asienverkehr ab Prag eingesetzten Airbus A330-300 bei CSA Czech Airlines.


Zu Promotionzwecken besuchte Mitte 2018 ein Embraer 190 und ein Airbus A319 den Flughafen Planá bei Budweis. Bis zum Abschluss des Zertifizierungsverfahren dürfen diese Flugzeuge nicht mehr landen (Foto: South Bohemian Airport České Budějovice)

Damit setzt Vodičková die Ankündigungspolitik fort, welche durch einen ehemaligen Airline-Marketingmanager kreiert wurde. Dieser wurde Mitte 2018 vom damaligen Flughafenchef Ladislav Ondrich geholt, um dem tschechischen Airport entsprechende Kontakte zu Airlines und Reiseveranstaltern zu ermöglichen. Gegenüber der OTS-basierten Tourismuspresse erfolgte Mitte 2019 die Ankündigung von ersten Linienflügen ab dem Frühjahr 2020. Wie Insider allerdings berichten, soll es nach dem persönlichen Rückzug von Ondrich zu Auffassungsunterschieden mit der neuen Führung des Unternehmens durch Robert Kala gekommen sein, wodurch sich die Wege des Airline-Marketingmanagers und seinem tschechischen Arbeitgeber nach gerade einmal eineinhalb Jahre trennten. Seitens des Flughafens in Budweis erklärt Martina Vodičková auf Anfrage von AviationDirect, dass die Trennung auf eigenen Wunsch, jedoch ohne jegliche Streitigkeiten oder Probleme erfolgte, zudem hält man nach wie vor guten Austausch und kann sich eine neuerliche Zusammenarbeit in Zukunft wieder vorstellen. Vom vermeintlichen Ziel, Billigfluggesellschaften nach Budweis zu locken, damit internationale Touristen kulturelle Schätze der Region Südböhmen entdecken und Tschechen, aber auch Ober- und Niederösterreicher ihre Urlaubsreise ex Planá antreten können, ist man aus derzeitiger Sicht noch weiter entfernt als vom Ende des Zertifizierungsverfahren. Ebenso wurde eine ganzjährige Stationierung einer Boeing 737-MAX beworben, um von Budweis ganzjährige Flugverbindungen von den Kanaren bis Ägypten in einem 24h-Tour-Operator-Konzept zu ermöglichen oder mit kleineren Chartermaschinen neue Nischenziele wie Sitia auf Kreta oder Paros auf den Kykladen anzubieten. Der Blick auf die Outgoing-Leisure-Angebote anderer Regionalflughäfen in Tschechien zeigte allerdings eine völlig andere Realität, da die Kapazität von mehreren tausend Flugsesseln seitens tschechischer Reiseveranstalter in den letzten Jahren aufgrund Reorganisations- und Marktbereinigungsmaßnahmen abgezogen wurden. Während tschechische Medien selten, jedoch vorwiegend kritisch über die ehrgeizigen Zukunftspläne in Planá berichteten, erfolgte in österreichischen Lokalmedien sowie deutschsprachigen Luftfahrtmagazinen eine eher positive, kaum hinterfragte Berichterstattung. 

Einen kleinen, aber dennoch wichtigen Erfolg konnte der Flughafen Budweis allerdings erzielen. Mit dem Jahreswechsel kehrt Rettungshubschrauber „Kryštof 13“ vom Flugplatz Bechyně zurück nach Planá. „Anfang November hat das Rettungstraining auf dem Flughafengelände bereits begonnen. Für den Flughafen Budweis ist die Rückkehr des Rettungshelikopters eine logische Vereinheitlichung der Luftfahrtaktivitäten in unserem Gebiet in der Nähe des regionalen Krankenhauses“, sagt Vodičková. Bereits vor einigen Jahren war der Rettungshubschrauber für die Region Südböhmen am eigenes für diese Zwecke errichteten Heliport in Planá stationiert, mit dem Wechsel des eingesetzten Fluggeräts von Bell 427 auf die W-3A Sokol, betrieben durch die Luftstreitkräfte, wurde die Einheit vom tschechischen Verteidigungsministerium 2017 zum Militärstützpunkt Bechyně, nördlich von Budweis, verlegt. Gleichzeitig mit der Rückkehr nach Planá erfolgt nun die Umstellung des „Kryštof 13“ auf den Eurocopter EC135 T2+, betrieben durch den Anbieter DSA.

Letztendlich hat die Coronavirus-Krise nun doch den Flughafen Planá bei Budweis eingeholt, wurde nun doch eine Covid-19-Teststraße auf dem weitläufigen Flughafengelände eingerichtet.

Hinweis in eigener Sache: AviationDirect beruft sich für die Recherche zu diesem Bericht auf eigene Anfragen bei offiziellen Stellen, entsprechende Beiträge in tschechischen und österreichischen Medien (siehe entsprechende Verlinkung) sowie Hintergrundgespräche mit Personen aus Tschechien und Österreich.

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1 Comment

  • Altmetallflieger , 16. November 2020 @ 18:31

    Was will man da mit Frachtflügen?
    Die haben doch gar keinen Umschlagplatzt oder Hallen dafür,das Terminal ist doch nur für Passagiere ausgelegt oder hab ich da was übersehen?
    Dazu ist die Konkurrenz aus dem nahen Linz zu groß und alles schon vorhanden,selbst große Tiere wie Pferde,Elefanten können da abgefertigt werden.
    Dazu können auch Pharmazeutische Produkte die Kühlung verlangen oder eben Lebensmittel dementsprechend gelagert werden.

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