Öffentliche Anreise zu umliegenden Flughäfen Kärntens: Eine Analyse im Jahr 2024.
Dieser faktenbasierte Bericht fokussiert sich primär auf die Annahme der Situation, dass der Flughafen Klagenfurt geschlossen wird und ein nahegelegener Flughafen erreicht werden soll. Bewusst wird das Transportmittel „Auto“ jedoch in der Analyse ausgeschlossen und eine Anreise darf nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgen. Als Ausgangspunkt wird der Standort Klagenfurt Hauptbahnhof gewählt. Der Report zielt darauf ab darzulegen, warum eine Schließung des Flughafens Klagenfurt im Jahr 2024 schlichtweg nicht vorstellbar ist und welche infrastrukturellen Baustellen zuerst gelöst werden müssten, um dies in irgendeiner Form rechtfertigen zu können.
Geographisches Lagebild des Flughafens Klagenfurt
Fahrtzeitenberechnungen
Um eine faire Bewertung durchführen zu können, wird für alle Flughäfen ein normaler Arbeitstag (Montag – Freitag) sowie eine Abfahrtszeit im Bereich 08:00 – 16:00 Uhr anvisiert.
2 – Flughafen Graz
Die aktuelle Anreise zum Flughafen Graz aus der Kärntner Landeshauptstadt kann über zwei Varianten erfolgen.
Option 1:
Der sogenannte ÖBB Intercitybus (ICB) verkehrt auf der Strecke Klagenfurt-Wolfsberg-Graz und retour: Der Bus fährt 14-mal täglich zwischen den beiden Landeshauptstädten im Süden Österreichs und benötigt dafür 2 Stunden, laut ÖBB Website. Im Anschluss muss am Grazer Hauptbahnhof in die Straßenbahnlinie S5 umgestiegen werden, welche in 11 Minuten am Flughafen Graz Halt macht. Gesamtzeit: 2 Stunden und 36 Minuten.
Option 2:
Es besteht auch die Möglichkeit, mittels Zug die klassische Südbahnstrecke entlang zu fahren bis zur Station Bruck an der Mur, dort in den Zug nach Graz HBF umzusteigen und wieder mit der Straßenbahnlinie 5 zum Flughafen Graz zu gelangen. Gesamtzeit: 3 Stunden 12 Minuten
Abbildung 5: Option 2 Südbahnstrecke |
Es empfiehlt sich jedoch Option 1 zu wählen, aufgrund der schnelleren Reisezeit und nur einem Umstieg. Option 2 könnte durch die vorhandene Streckenführung der Zuggleise auch mit dem Sprichwort „mit der Kirche ums Kreuz fahren“ beschrieben werden.
Stichwort Koralmbahn:
Das Gesamtprojekt Koralmbahn verbindet ab Dezember 2025 Graz und Klagenfurt in nur 45 Minuten Fahrzeit. Die Züge der Koralmbahn werden aber in einer vier Kilometer langen Unterflurtrasse am Flughafen Graz vorbeifahren, eine Haltestelle ist bis heute nicht vorgesehen. Kritik dazu kommt regelmäßig von allen Seiten wie Wirtschaft, Politik und Tourismus. Die ÖBB ist offen dafür, nachträglich eine Haltestelle zu errichten.
Jörg Haider hat Haltestelle verhindert
Jörg Haider, der im Oktober 2008 verstorben ist, hat die Haltestelle verhindert, da es seiner Ansicht nach dem Flughafen in Klagenfurt nur schwächen würde. Das war seine Bedingung, um als damaliger Landeshauptmann Kärntens dem Bau der Koralmbahn zuzustimmen.
(Ex)-Ministerin für Mobilität Leonore Gewessler (Grüne)
Es werde am Flughafen Graz keine Haltestelle geben. Das sei in den Planungen „nicht vorgesehen“. Das sagte sie im März 2023.
November 2024
Österreich hat gewählt und eine neue Regierung steht vor der Tür. Eine neue Transportministerin oder Minister könnten all ihre jahrelangen Blockaden gegenüber Infrastrukturprojekten zunichtemachen und einen ganz neuen Schwung in die Sache bringen.
Abschließend darf erwähnt werden, sollte die Haltestelle zusätzlich noch installiert werden, so ist der Flughafen Graz zweifelsohne der größte Konkurrent gegenüber allen anderen Flughäfen im Umkreis von Kärnten.
3 – Flughafen Ljubljana
Will man einer ortsfremden Person erklären, wie der schnellste Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen Klagenfurt und dem Flughafen Ljubljana zu erreichen ist, könnte man genauso eine kleine Weltreise beschreiben, obwohl die beiden Flughäfen nur 48km Luftlinie trennen!
Es sei denn, man verfügt über das nötige Kleingeld und kann sich ein sündteures Taxi leisten.
Ein kurzer Anruf bei einem Bekannten, der in einem namhaften Klagenfurter Taxiunternehmen arbeitet versicherte mir, dass man von Klagenfurt zum Flughafen Ljubljana mindestens im Schnitt 200€ oder mehr zu bezahlen hat.
Option 1:
Obwohl diese Route offiziell in keiner App zu finden ist, werde ich hier die lokalen Kärntner Ortskenntnisse ein wenig zu Nutze machen und eine Empfehlung abgeben.
Mit dem Zug fährt man von Klagenfurt HBF nach Villach HBF und steigt dort um in den Zug, welcher die Strecke Villach – Ljubljana fährt. Aber aufgepasst, statt dem Hauptstadtbahnhof Ljubljana muss schon eine Station vorher bei der slowenischen Stadt „Kranj“ ausgestiegen werden.
Dort angekommen bestellt man sich ein Taxi und fährt die letzten Kilometer zum Flughafen. Das sind circa 12-15 Minuten Fahrtzeit. Bei einer Stadt wie Kranj, die fast 40.000 Tausend Einwohner zählt, kann hoffentlich erwartet werden das ein Taxi am Bahnhof zur Verfügung steht.
Warum macht man das? Da der slowenische Flughafen Ljubljana ganz weit außerhalb nördlich der Hauptstadt liegt und aus Kärnten sowieso aus dem Norden angereist wird. Es würde schlichtweg keinen Sinn machen, ganz hinunter zu fahren, um dann wieder den ganzen Weg hinauf zu fahren.
Gesamtzeit: mindestens 2 Stunden 30 Minuten (siehe Grafik)
Option 2:
Unter dieser Route verstehen sich sämtliche andere Möglichkeiten, die auf Routenplanern angeboten werden. Auf Google Maps ist die wahrscheinlich einfachste Route mit zwei Umstiegen die Fahrt nach Villach mit dem Zug, im FlixBus weiter zur Busstation Ljubljana und von dort wieder mit einem neuen Bus zum Flughafen in den Norden der Stadt.
Apropos Flughafen Ljubljana
Dieser Flughafen hat in Sachen Infrastruktur, abgesehen von der Anreise mit dem Auto, eine nicht zufriedenstellende Erreichbarkeit für eine europäische Hauptstadt, so kritisch muss man sein. Es gibt zwar eine vorbeifahrende Autobahn, jedoch keine Zugstation. Mehrmals stündlich fahren Busse in die Hauptstadt Ljubljana, Kranj und Bled.
Was zusätzlich noch bei der Autoanreise aus Kärnten lästig ist, das eine eigene slowenische Vignette für ein kurzes Stück Autobahn gekauft werden muss.
Zusammenfassend: Eine groteske Situation für 48km Luftlinie!
4 – Flughafen Salzburg
Die Zugstrecke durch den bekannten Tauerntunnel verbindet Klagenfurt mit Salzburg. Am Hauptbahnhof wird in einen Stadtbus zum Salzburger Flughafen umgestiegen.
Gesamtzeit: 3 Stunden 38 Minuten
Modernisierung des Tauerntunnels von 18. November 2024 bis 4. Juli 2025
Der ÖBB-Tauerntunnel ist 113 Jahre alt und wird daher ab Ende 2024 innerhalb von 8 Monaten umfassend modernisiert. Für den Fernverkehr zwischen Salzburg und Kärnten bedeutet dies einen Schienenersatzverkehr mit Bussen. Bedeutet aber zugleich auch, dass die ursprüngliche Zeit nicht mehr eingehalten werden kann und mindestens mit 4 Stunden Fahrtzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu rechnen ist.
A 10 Tauern Autobahn Tunnelerneuerung bis Juni 2025
Auch wenn in diesem Bericht das Verkehrsmittel Auto explizit ausgeschlossen werden soll, so darf in diesem Kontext nicht unerwähnt bleiben das gerade umfangreiche Sanierungsarbeiten an der A10 Tauernautobahn stattfinden. Geradezu tagtäglich läuft im Hitradio Ö3 der Verkehrsfunk auf und ab mit Staumeldungen genau auf dieser Strecke.
Conclusio: Selbst mit der Autoanreise ist mit einer Fahrzeit je nach Verkehr mit 2 bis über 3 Stunden zu rechnen.
5 – Flughafen Wien
Das Bundesland Kärnten ist das einzige in Österreich, welches von der ÖBB nicht mit einer Direktverbindung an den Flughafen Wien angebunden ist.
Aus Kärnten muss über Wien Hauptbahnhof umgestiegen werden. Tagsüber fährt der Zug alle zwei Stunden, in der Hauptverkehrszeit stündlich. Die Fahrzeit von Klagenfurt zum Wiener Hauptbahnhof beträgt fast genau 4 Stunden. Anschließend muss je nach Ankunft wieder auf den nächsten einfahrenden Zug Richtung Flughafen gewartet werden. Im besten Fall ist das ein paar Minuten Wartezeit, im schlechtesten Fall ein kompletter Bahnsteigwechsel und schweres Gepäck inklusive.
Gesamtzeit: 4 Stunden 18 Minuten
Im Oktober 2023 strich Flixbus die Verbindung zwischen Klagenfurt und Wien was zu einer noch verschlechterten öffentlichen Anbindung an die Bundeshauptstadt führte.
Erst wenn der Semmering Basistunnel + die Koralmbahn fertiggestellt sind, wird man laut ÖBB bei der Annahme alles funktioniert nach Plan im Jahr 2030 fertig sein. Dann wird eine Fahrtzeit zwischen Klagenfurt – Wien in 2 Stunden 40 Minuten möglich sein.
6 – Flughafen Triest
Dieser Flughafen läuft ein wenig unter dem Radar der Kärntner Bevölkerung und bekommt bei weitem nicht die Aufmerksamkeit wie Graz oder Ljubljana. Triest stand sogar jahrhundertelang unter österreichischer Herrschaft und wurde erst mit dem Ende des ersten Weltkrieges 1918 italienisch.
Option 1:
Die schnellste Route mit der ÖBB verläuft bis nach Udine und führt über einen Umstieg zum „Trieste Airport“. Einziges Manko: Diese Route mit einem schnellen Umstieg funktioniert nur zwei Mal am Tag. Ansonsten ist mit zwei bis drei Umstiegen zu rechnen.
Gesamtzeit: 2 Stunden 47 Minuten
Option 2:
Unter dieser Option verstehen sich sämtliche andere Möglichkeiten, die auf Routenplanern angeboten werden. Auf Google Maps ist die wahrscheinlich einfachste Route mit zwei Umstiegen die Fahrt nach Villach mit dem Zug, im FlixBus weiter zur Busstation Udine und von dort mit einem italienischen Zug zum Flughafen Triest.
Gesamtzeit: mindestens 3 Stunden 50 Minuten
7 – Flughafen Venedig
Drei Mal am Tag fährt ein Railjet Zug der ÖBB direkt von Klagenfurt nach Venedig. Weitaus kompliziertere Varianten mit Umstiegen in Villach oder der italienischen Stadt Udine nehmen längere Fahrtzeiten in Anspruch.
Angekommen bei der Station „Venezia Mestre“ ist der schnellste aber weitaus teurere Weg natürlich ein Taxi. Ansonsten ist es möglich einen Flughafenbus zum „Venice Marco Polo Airport zu nehmen“. Gesamtzeit: mindestens 4 Stunden
8 – Flughafen Treviso
Venedigs zweiter Flughafen liegt weit außerhalb nördlich in der Stadt Treviso und wird nur von Billigfluglinien angeflogen, jedoch dies sehr erfolgreich.
Drei Mal am Tag fährt ein Railjet Zug der ÖBB direkt von Klagenfurt nach Venedig. Eine Station zuvor steigt man bei „Treviso Centrale“ aus und fährt mit einem Taxi die letzten fünf Kilometer zum Flughafen.
Gesamtzeit: mindestens 3 Stunden 40 Minuten
Schlussfolgerung
Die Strecke Klagenfurt – Wien ist alternativlos und muss bleiben!
Ohne Auto in Kärnten ist man im Jahr 2024 immer noch aufgeschmissen. Es sei denn, man lebt im Zentrum der Stadt Klagenfurt und hat seinen gesamten Lebensmittelpunkt in der Innenstadt, wo ein öffentliches Verkehrsmittel ausreichend ist. Darüber hinaus wird es aber schwierig werden.
Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass je nach Wohnort in Kärnten zuerst einmal die Landeshauptstadt Klagenfurt erreicht werden müsste, um die analysierten Fahrtzeiten zu den Flughäfen überhaupt zu erzielen.
Beim Thema Koralmtunnel ist das letzte Wort der Politik noch nicht gesprochen. Sollte nachträglich die Bahnhaltestelle Graz Flughafen eingebaut werden, so ist Klagenfurt an einen Flughafen mit 4 internationalen Drehkreuzen (Frankfurt, München, Wien, Zürich) in 45 Minuten Fahrtzeit angeschlossen. Geschieht das nicht, wird man zwar am Grazer Hauptbahnhof ankommen, muss dann aber dort wieder in die Straßenbahn umsteigen und das ganze Stück mit der S-Bahn zurückfahren.
Entscheidend wird sein wie die zwei Bundesländer Kärnten und Steiermark sich aufeinander abstimmen werden. Denkbar wäre, dass beide Flughäfen miteinander kooperieren und ihr Angebot aufeinander abstimmen.
Für Business Reisende Fluggäste aus Kärnten wird aber der Früh- bzw. Spätflug von/nach Wien weiterhin unersetzbar bleiben. Auch wenn die reißerische Headline von 45 Minuten im ersten Moment gut klingt, so ist für einen Geschäftsreisenden noch nicht viel erreicht, wenn zuerst die Anfahrt zum Bahnhof bevorsteht, dort das Auto geparkt wird, eine Zugfahrt zu absolvieren ist, eingecheckt werden muss und der erste Flug zu einem Hub Flughafen führt. Für Freizeitreisende, die viel Zeit mitbringen und unter keinem Zeitdruck stehen, wird die Koralmbahn aber viele neue Optionen ermöglichen.
Alle weiteren Flughäfen sind durch die schlechte öffentliche Anbindung sowie die komplizierte langwierige Anreise aus Kärnten ohne Privat PKW nicht wirklich eine Konkurrenz in nahegelegener Zukunft.
Dieser Beitrag wurde verfasst von: Andreas Knoll