Die europäische Fluglinienvereinigung Airlines for Europe (A4E) fordert eine deutliche Abschwächung der EU-Verordnung 261/2004 (EG 261), welche die Rechte von Flugpassagieren bei Flugunterbrechungen schützt. Ein von A4E in Auftrag gegebener Bericht argumentiert, dass die Verordnung eine erhebliche finanzielle Belastung für die Fluggesellschaften darstelle. Diesem Ansinnen widersprechen Fluggastrechteorganisationen vehement und werfen den Fluglinien vor, die tatsächlichen Kosten übertrieben darzustellen und ihre Gewinne auf Kosten der Passagiere zu maximieren.
Im Kern der Kritik steht die Behauptung der Fluglinien, durch die EG 261 würden ihnen Milliarden Euro an Kosten entstehen. Der von A4E präsentierte Bericht beinhaltet laut Kritikern jedoch spekulative Zahlen und Kostenpositionen, die nicht direkt mit der Verordnung in Zusammenhang stünden, wie beispielsweise nationale Steuern und temporäre Grenzschliessungen während der Pandemie. Belastbare und transparente Daten zu den tatsächlichen Kosten seien von den Fluggesellschaften bisher nicht vorgelegt worden.
Die Allianz der Fluggastrecht-Organisationen (APRA) hält die Darstellung der Fluglinien für irreführend. Laut AirHelp, einem APRA-Mitglied, beliefen sich die tatsächlichen Kosten durch die EG 261 auf lediglich 0,58 bis 1,17 Euro pro Passagier. APRA kritisiert, dass die Fluggesellschaften nach staatlichen Rettungsmassnahmen während der Pandemie, die durch Steuerzahler und Passagiere finanziert wurden, nun versuchen, die Rechte ihrer Kunden zu beschneiden, um ihre Gewinne weiter zu steigern.
Die von den Fluglinien angeführte Kostenbelastung durch Störungen, die ausserhalb ihres Einflussbereichs liegen, wird von APRA ebenfalls zurückgewiesen. Die EG 261 greife gerade dann nicht, wenn Störungen durch aussergewöhnliche Umstände wie schlechtes Wetter oder die Flugsicherung verursacht werden. APRA-Präsident Tomasz Pawliszyn warnt vor einer Schwächung der Verordnung, da dies zu Rechtsunsicherheit führen und das Vertrauen der Fluggäste in den Luftverkehr untergraben würde. Statt einer Lockerung fordert APRA eine Stärkung der Fluggastrechte und gleiche Regeln für alle Fluggesellschaften, um Fairness und Verantwortlichkeit zu gewährleisten. Eine Abschaffung der EG 261 würde nach Ansicht von APRA zu einem unkontrollierten Zustand führen, in dem Passagiere den Entscheidungen der Fluglinien schutzlos ausgeliefert wären, ohne dass es Konsequenzen für schlechten Service gäbe.