Frankreich hat sich entschieden, die sogenannte „Solidaritätssteuer auf Flugtickets“ (Taxe de Solidarité sur les Billets d’Avion, TSBA) erheblich zu erhöhen, was zu einer erneuten Kontroverse in der Luftfahrtbranche führt. Der Entwurf des Finanzgesetzes für 2025, der von der Nationalversammlung und dem Senat Ende Januar 2025 verabschiedet wurde, enthält signifikante Erhöhungen dieser Steuer, die zunächst 2006 eingeführt und 2020 auf eine Ökosteuer für Flugtickets ausgeweitet wurde. Die Entscheidung, die Steuer ab dem 1. März 2025 drastisch zu erhöhen, löst nicht nur Unmut in der Branche aus, sondern birgt auch potenzielle Risiken für die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Luftfahrt und den Tourismus.
Die TSBA ist bereits seit Jahren ein umstrittenes Thema in der französischen Luftfahrtpolitik. Für Kurzstreckenflüge innerhalb Frankreichs oder Europas wird die Steuer für Economy-Class-Tickets von 2,63 Euro auf 7,40 Euro steigen. Für Business-Class-Tickets werden künftig 30 Euro fällig. Langstreckenflüge werden künftig mit einer Steuer von 15 bis 40 Euro belegt, wobei First-Class- und Business-Class-Flüge mit bis zu 120 Euro belastet werden. Besonders stark betroffen ist der Bereich der Geschäftsfliegerei, wo Steuererhöhungen von bis zu 2.100 Euro für Langstreckenflüge erwartet werden.
Die steigende Steuerbelastung soll vor allem dazu beitragen, die französische Regierung mit zusätzlichen Einnahmen zu versorgen. Ursprünglich wurde die TSBA eingeführt, um Projekte zur Entwicklung von umweltfreundlicheren Verkehrsoptionen zu finanzieren. Kritiker werfen der Regierung jedoch vor, die Steuererhöhungen ohne hinreichende Studien und ohne Betrachtung der ökonomischen Auswirkungen auf die Luftfahrtindustrie vorzunehmen. Insbesondere der Luftfahrtsektor befürchtet, dass dies die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Fluggesellschaften im internationalen Wettbewerb schwächen könnte.
Kritik aus der Luftfahrtbranche
Die Reaktionen aus der Branche auf die Steuererhöhung sind überwiegend negativ. Anne Rigail, CEO von Air France, erklärte, dass die Steuererhöhung den Konzern mit etwa 100 Millionen Euro belasten werde – eine erhebliche Summe für ein Unternehmen, das noch mit den Nachwirkungen der Corona-Pandemie kämpft und gleichzeitig massive Investitionen in die Dekarbonisierung des Luftverkehrs tätigen muss. Rigail warnte, dass die Erhöhung der TSBA vor allem die französische Fluggesellschaften im Vergleich zu ihren europäischen Konkurrenten benachteiligen werde und sogar zu einem Rückgang von internationalen Passagieren führen könnte, die Frankreich als Ziel evitierten.
Auch die European Business Aviation Association (EBAA) hat die Steuererhöhungen scharf kritisiert. Die EBAA bezeichnet die geplanten Erhöhungen als „übermäßig und ungerecht“, und kündigte an, gegen die Maßnahme rechtliche Schritte einzuleiten. Besonders stark betroffen sind kleinere Fluggesellschaften und Dienstleister der Geschäftsfliegerei, für die die neuen Steuerbelastungen existenzbedrohend sein könnten. In der Vergangenheit hatte Ryanair bereits angekündigt, die Kapazitäten zu französischen Regionalflughäfen um 50 Prozent zu reduzieren, sollte die Steuererhöhung wie geplant umgesetzt werden. Dies würde nicht nur zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führen, sondern auch den französischen Luftverkehr in ländlichen Regionen beeinträchtigen.
Fehlende Wirtschaftsstudie und die Auswirkungen auf kleine Unternehmen
Ein zentraler Vorwurf von Gewerkschaften und Verbänden ist, dass die Steuererhöhung ohne eine gründliche wirtschaftliche Untersuchung beschlossen wurde. Die Fédération Nationale de l’Aviation et de ses Métiers (FNAM) kritisiert, dass der Gesetzesentwurf ohne vorherige Prüfung der Auswirkungen auf den Markt und die Wettbewerbsfähigkeit der Branche verabschiedet wurde. Insbesondere der Geschäftsflugbetrieb, der stark von den französischen Mittelstandsanbietern abhängt, könnte die zusätzlichen Kosten nicht verkraften, was zu einem Abbau von Arbeitsplätzen und einem Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit führen könnte.
Pascal de Izaguirre, der Präsident von FNAM, erklärte, dass die Steuererhöhung die Kosten für die territorialen Kontinuität (also Flugverbindungen in weniger bevölkerte Gebiete) erhöhen werde, was wiederum zu einer Schädigung der Wettbewerbsfähigkeit der Branche führe. De Izaguirre warnte außerdem davor, dass diese Erhöhung das Potenzial habe, die Fähigkeit der Fluggesellschaften zu beeinträchtigen, Investitionen in die Modernisierung und Dekarbonisierung ihrer Flotten zu tätigen. Dies könnte sich negativ auf die gesamte französische Luftfahrtindustrie auswirken.
Politische Unsicherheit und die Verabschiedung des Gesetzes
Die Verabschiedung des Finanzgesetzes war von politischen Unsicherheiten geprägt, die durch die französischen Parlamentswahlen im Juli 2024 ausgelöst wurden. Diese führten zu einer Neubildung der Regierung, wodurch sich der Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes verzögerte. Ursprünglich sollte der Gesetzesentwurf bis zum 31. Dezember 2024 verabschiedet werden, doch nach monatelangen Debatten erfolgte die endgültige Verabschiedung des Gesetzes erst Anfang Februar 2025.
Ein weiterer Aspekt, der zu Verunsicherungen in der Branche führte, war die schwierige Kommunikation der genauen Details der Steuererhöhung. Während die Höhe der Steuererhöhungen im Gesetzesentwurf festgelegt wurde, gab es Unsicherheiten darüber, wie die Steuererhöhung genau umgesetzt und von den Airlines erhoben werden würde.
Die Erhöhung der TSBA ist ein weiterer Schritt im Streben der französischen Regierung, zusätzliche Einnahmen zu generieren und die Finanzierung öffentlicher Projekte zu sichern. Für die Luftfahrtbranche stellt die Maßnahme jedoch eine ernsthafte Belastung dar, die nicht nur zu steigenden Ticketpreisen führt, sondern auch das Potenzial hat, die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Luftfahrtgesellschaften auf den internationalen Märkten zu verringern. Besonders für kleine Fluggesellschaften und die Geschäftsfliegerei dürfte die Steuererhöhung schwerwiegende Auswirkungen haben.
Angesichts der bestehenden Herausforderungen wird es für die französische Regierung entscheidend sein, eine Balance zwischen den fiskalischen Zielen und den Bedürfnissen der Luftfahrtindustrie zu finden, um langfristig eine gesunde Wettbewerbslandschaft zu erhalten.