Friedrichshafen: Insolvenzverfahren über Flughafen eröffnet

Foto: Flughafen Friedrichshafen.
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Friedrichshafen: Insolvenzverfahren über Flughafen eröffnet

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Das Amtsgericht Ravensburg hat am 1. Juni 2021 über das Vermögen des Flughafens Friedrichshafen ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet. Im Laufe des Monats wird der von der Geschäftsleitung und den Gesellschaftern entwickelte Finanzplan im Gläubigeraussschuss zur Abstimmung kommen. Als Sachwalter fungiert Rechtsanwalt Alexander Hubl.

Der Flughafen Friedrichshafen war bereits vor der Corona-Pandemie defizitär, jedoch riss die Krise die Finanzen des Airports endgültig in den sprichwörtlichen Keller. Die Geschäftsleitung musste im Feber 2021 aufgrund einer eingetretenen Überschuldung ein Schutzschirmverfahren beantragen. Das Amtsgericht Ravensburg eröffnete nun ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Dennoch blickt man am Bodensee hoffnungsvoll in die Zukunft.

„Die Buchungszunahmen in anderen Euroopäischen Ländern mit einer bereits höheren Durchimpfung als in Deutschland zeigen, dass sich der Luftverkehr wieder erholen wird. Das wird nicht von heute auf morgen geschehen, aber nach einer langen Zeit der Entbehrungen wird die Reiselust auch wieder eintreten. Wir haben bereits früher in schwierigen Zeiten gut gewirtschaftet und operativ positive Ergebnisse erreicht. Wir gehen davon aus, dass wir das auch wieder schaffen werden“, erklärt Geschäftsführer Claus-Dieter Wehr.

Investitionen in die Infrastruktur stehen an

Bereits im Herbst 2020 wurde in den Gremien der beiden Hauptgesellschafter ein Maßnahmenpaket erörtert und Beschlüsse zur weiteren Finanzierung gefasst. Bestandteile waren damals unter anderem der Ausgleich des finanziellen COVID-19 Schadens in der Zeit des Lockdowns von März bis Juni 2020 in Höhe von insgesamt 1,9 Millionen Euro sowie eine vorübergehende Umstrukturierungshilfe in Höhe von 6 Millionen Euro. Letztere wurde bisher noch nicht abgerufen.

Der Finanzbedarf in den nächsten fünf Jahren (bis 2025) ergibt sich aus dem operativen Geschäft, den notwendigen Investitionen und den Finanzierungskosten. Im operativen Bereich werden aufgrund der COVID-19 Pandemie, die sich über den Lockdown von März bis Juni 2020 hinaus bis mindestens 2024 in niedrigeren Passagierzahlen niederschlägt, sowie in geringerem Maße durch das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung insgesamt 13,9 Millionen Euro erforderlich.

Für die nächsten fünf Jahre sind am Flughafen außerdem Investitionen in die Infrastruktur in Höhe von 22,6 Millionen Euro notwendig. Hinzu kommen für die Finanzierung Aufwendungen von insgesamt 7,4 Millionen Euro bis 2025. Daraus ergibt sich für die nächsten fünf Jahre ein Finanzbedarf von insgesamt rund 43,8 Millionen Euro, oder jährlich rund 8,8 Millionen Euro. Spätestens ab 2024 wird das operative Geschäft gemäß den Planungen wieder schwarze Zahlen schreiben, sodass in den Folgejahren nur noch Zuschüsse für Investitionen von jährlich maximal 3 Millionen Euro erforderlich sein werden.

Grundstücke sollen verkauft werden

Der Finanzbedarf kann über die Maßnahmen, die bereits im Herbst 2020 in den Gremien der beiden Hauptgesellschafter erörtert wurden und nochmals auch im Insolvenzverfahren bestätigt werden sollen, gedeckt werden. Wesentlicher Teil sind Finanzzuschüsse in die auch die vorübergehende Umstrukturierungshilfe einfließt.

Weiterer Teil des Finanzpakets soll ein Verkauf der Grundstücke des Flughafens an Gesellschafter oder an Unternehmen in deren Umfeld sowie die Rückanmietung durch den Flughafen sein. Die daraus resultierenden Mietkosten sind dann Teil der jährlichen operativen Kosten. Zu dieser Finanzierungsüberlegung werden derzeit noch Gespräche geführt.

Die von der Bundespolitik auf den Weg gebrachte Entlastung der Regionalflughäfen von den Flugsicherungskosten ist eine weitere wichtige Komponente, die die Finanzierung stützt und möglicherweise den Finanzbedarf in der Zukunft noch reduziert. Die Umsetzung dieser Kostenentlastung führt zu einer Gleichstellung mit den 15 von der DFS kontrollierten Verkehrsflughäfen, die die Kosten für die Flugsicherung nicht selbst zu tragen haben.

EU-Kommission muss noch prüfen

Der Finanzierungsplan muss beihilferechtlichen Anforderungen der EU-Kommission genügen. „In gemeinsamen Gesprächen mit Fachanwälten und der Kommission haben wir die wesentlichen Eckpunkte der Finanzierung besprochen und können daher davon ausgehen, dass wir deren Zustimmung zu diesem Gesamtpaket auch erreichen können.“, so Wehr.

Im Finanzplan ist der Insolvenzplan des Unternehmens berücksichtigt, der wiederum unter anderem unter dem Vorbehalt der Zustimmung der EU-Kommission zum Gesamtkonzept stehen wird. „Wir haben in den letzten Monaten sehr konstruktiv und konzentriert an der Sanierung des Unternehmens gearbeitet. Ich bin überzeugt, dass wir mit allen Maßnahmen das Unternehmen wieder auf eine solide Basis stellen können“, sagt Herr Alexander Hubl von der Kanzlei SGP Schneider Geiwitz & Partner, der als Sachwalter das Insolvenzverfahren begleitet und überwacht.

Das zuständige Insolvenzgericht Ravensburg hat das Insolvenzverfahren am 1. Juni 2021 in Eigenverwaltung eröffnet und für Ende Juli die Gläubigerversammlung terminiert. Formal beendet wird das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung nach Zustimmung der Gläubigerversammlung zum Insolvenzplan sowie der EU-Kommission zum Finanzierungsplan. Dies ist spätestens Ende des Jahres zu erwarten.

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