In den letzten Tagen sorgte der Chartervermarkter Green Airlines neuerlich für Aufsehen, denn in nur einer Woche verlor man gleich zwei “Airline-Partner”. Nach nur wenigen Legs zog die bulgarische Alk Air die fast 30 Jahre alte Boeing 737-300 ab und die rumänische Just Us Air kam erst gar nicht, denn man habe nie einen Vertrag abgeschlossen. Die Folge daraus: Gestrandete Passagiere, die sich gegenüber Medien über das Verhalten von Green Airlines beklagen.
Auf der Homepage stellt sich das Unternehmen als Fluggesellschaft dar und präsentiert gar eine Flotte, jedoch besitzt man kein einziges Fluggerät und obendrein ist man keine von einer europäischen Luftfahrtbehörde zugelassene Airline. Dieser Umstand dürfte vielen Ticketkäufern wohl nicht ganz bewusst gewesen sein, denn im Gegensatz zu echten Fluggesellschaften erfolgt keine fortlaufende Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit, von der die Betriebsgenehmigung abhängig ist.
Briefkastenservice-Anbieter residiert am Firmensitz
Doch bereits die Firmenadresse von Green Airlines wirft viele Fragen auf, denn am Bahnhofsplatz 12 im deutschen Karlsruhe findet sich nicht etwa eine Verwaltung mit Nominated Persons (vormals Postholder), Flugbetriebsleiter und allem was sonst so zu einer Airline gehört, sondern ein Anbieter für Briefkastenadressen und Co-Working-Spaces. Design Offices nennt sich das und auf der Homepage ist unter anderem zu lesen: “Mit einer repräsentativen Geschäftsadresse überzeugen Sie Kunden und Geschäftspartner auf den ersten Blick und steigern damit auch Ihren Unternehmenserfolg. Die DO Address von Design Offices bietet eine Top-Präsenz in einem exklusiven Umfeld und erhöht Ihre Kundenkontakte. Neben einem zuverlässigen Postservice bietet sie Zugang zu einer professionellen Arbeitsumgebung für alle, die geschäftlich viel unterwegs sind.” Die Kosten hierfür betragen übrigens 149 Euro pro Monat.
Was Green Airlines tatsächlich am “Firmensitz” macht ist insofern auch unklar, da man beispielsweise in Stellenausschreibungen behauptet, dass sich der Hauptsitz am Flughafen Paderborn befinden würde. Dort weiß aber niemand etwas von einem Verwaltungssitz dieser Nicht-Fluggesellschaft.
Alleingesellschafter und Geschäftsführer wohnt 300 Kilometer entfernt
Ein weiteres Indiz dafür, dass der im Handelsregister eingetragene und bei Design-Offices “angemietete” Firmensitz lediglich ein so genanntes “virtuelles Büro” sein könnte, ist der Umstand, dass Alleineigentümer und Geschäftsführer Stefan Auwetter seinen Wohnsitz in Bayern im Landkreis Ebersberg gemeldet hat. Von dort aus sind es deutlich über 300 Straßenkilometer bis zum Firmensitz. Es erscheint doch eher unwahrscheinlich, dass der Geschäftsführer einer eigenen Angaben nach “klimafairen Fluggesellschaft” täglich mehr als 600 Kilometer im Auto verbringt. Die im Handelsregister hinterlegten Dokumente liefern hierfür ebenfalls einen Hinweis, denn diese wurden nicht etwa von badischen Notaren beglaubigt, sondern von bayerischen, die sich nur etwa 16 Kilometer vom auf den Dokumenten angegebenen Wohnort des Alleingesellschafters und Geschäftsführers entfernt befinden.
Kunden lassen auf Social Media Dampf ab
In Sozialen Medien entschuldigt sich Green Airlines zwar dafür, dass Flüge kurzfristig abgesagt wurden und die “Hotline”, die auf einer Mobilbox eines Handyanbieters landet, “wegen hohem Aufkommen” schwer erreichbar ist. Man bittet indirekt darum, dass man sich doch per E-Mail melden solle. Die Reaktionen eigenen Darstellungen nach geprellter Kunden haben nicht lange auf sich warten lassen. Bemerkenswert ist dabei, dass auf Rückforderungen und Fragen bezüglich der Passagierrechte und der damit verbundenen Ausgleichszahlungen zumindest am Wochenende keine öffentliche Reaktion seitens Green Airlines erfolgt ist.
Spannend dürfte sein wie Polizei und Staatsanwaltschaft die behaupteten Strafanzeigen, für die es seitens der Behörden (noch) keine offizielle Bestätigung gibt, behandeln werden. So sich bewahrheiten sollte, dass Tickets verkauft wurden, obwohl man das entsprechende Fluggerät gar nicht angemietet hatte und somit überhaupt nicht in der Lage war die verkaufte Leistung zu erbringen, könnte dies ein Nachspiel haben. Nach österreichischem Recht ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass für alle möglicherweise beteiligten natürlichen und juristischen Personen die Unschuldsvermutung zu gelten hat.