Wiens Flughafendirektor Günther Ofner meldet sich in seiner Funktion als Luftfahrt-Fachgruppenobmann der WKO neuerlich in Sachen der ins Stocken geratenen Austrian-Airlines-KV-Verhandlungen zu Wort. Er appelliert öffentlich, dass die Gewerkschaft Vida und der Betriebsrat Bord das jüngste Angebot annehmen sollen.
Zwar spricht Ofner in seiner Funktion als Wirtschaftskammer-Funktionär, jedoch ist er hauptberuflich Vorstand der Flughafen Wien AG, deren größter Kunde Austrian Airlines ist. Als Airport-Chef wäre er zu Neutralität verpflichtet, jedoch gilt dies scheinbar in der WKO-Funktion nicht. Die KV-Verhandlungen darf Austrian Airlines aus rechtlichen Gründen nicht direkt mit der Gewerkschaft Vida führen, sondern muss sich eben von der Wirtschaftskammer vertreten lassen.
Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die Verhandlungsrunde Nummer 20 ohne Ergebnis abgebrochen worden ist. Die Gewerkschafter wollen ab Anfang dieser Woche ihre Mitglieder über den aktuellen Stand der Dinge sowie mögliche weitere Arbeitskampfmaßnahmen abstimmen lassen. Es ist noch nicht absehbar wann das Ergebnis vorliegen wird und welche Schritte Betriebsrat Bord und Vida dann setzen werden.
Allerdings scheint es sich die Arbeitgeberseite auch nützlich zu machen, dass das fliegende Personal nicht unbedingt geschlossen hinter den Arbeitnehmervertretern zu stehen scheint. Dies zeigt beispielsweise auch, dass bei den jüngsten Betriebsversammlungen viele Flugbegleiter und Piloten erst gar nicht teilgenommen haben. Auch konnte die AUA zuletzt trotz der BV immerhin 80 Flüge durchführen. Unter vorgehaltener Hand behaupten einige Austrian-Airlines-Mitarbeiter, dass entsprechender Druck auf Mitarbeiter mit befristeten Verträgen ausübt worden sein soll. Angeblich könne die Teilnahme dazu führen, dass der Arbeitsvertrag nicht verlängert werden würde. Derartige „Drohungen“ sollen jedoch nur mündlich ausgesprochen worden sein, so dass sich die Behauptungen nicht objektiv nachprüfen lassen.
Jedenfalls drängt die Wirtschaftskammer Österreich als formeller Vertreter des Austrian-Airlines-Managements auch öffentlich darauf, dass die Gewerkschaft Vida und indirekt damit das fliegende AUA-Personal das jüngste Angebot einfach annehmen sollen. Die Arbeitnehmervertreter haben bereits mitgeteilt, dass sie keine signifikanten Verbesserungen sehen und daher die Verhandlungen – zumindest vorläufig – abgebrochen haben.
Dass Austrian Airlines längst kein Super-Premium-Carrier mehr ist, sondern besonders auf der Kurz- und Mittelstrecke sich dem Service- und Produktniveau der Konkurrenten Ryanair und Wizz Air angeglichen hat, ist allgemein bekannt. Man konnte im Vorjahr von der hohen Nachfrage profitieren und auf dem Markt hohe Ticketpreise durchsetzen. Ob das aber dauerhaft so bleibt, ist fraglich, denn nicht gerade wenige Reisende ziehen in Betracht zu günstigeren Anbietern auszuweichen. Es ist daher nicht wirklich verwunderlich, dass die zahlreichen Flugausfälle, die Austrian Airlines in den letzten Wochen hatte, eigene regelrechte Gratis-Werbung für Konkurrenten, die nicht betroffen waren, ist.
„Angesichts des sehr guten Angebots der AUA von garantierten 18% Gehaltserhöhung – für Copiloten sogar bis zu 28% – wäre es völlig unvertretbar, weiter tausende Arbeitsplätze in der Luftfahrtbranche zu gefährden. Deshalb appelliere ich an die Belegschaftsvertreterinnen und -vertreter, das Angebot anzunehmen und nicht mit unerfüllbaren Forderungen das eigene Unternehmen zu zerstören. Das vorliegende Angebot liegt deutlich über der Inflation und ist besser als alle zuletzt von der vida abgeschlossenen Kollektivverträge. Ein anhaltender Arbeitskampf würde dem soeben erst aus der Coronakrise wieder gesundeten Luftverkehr massiv schaden. Es darf nicht sein, dass zehntausende Beschäftigte und vida-Mitglieder am Flughafen, bei den Dienstleisterungsunternehmen und im Tourismus in Geiselhaft genommen und in ihrer Existenz gefährdet werden, weil verantwortungslose Scharfmacher und Scharfmacherinnen absurde Gehaltsforderungen stellen“, kritisiert WKÖ-Luftfahrtchef Günther Ofner das Vorgehender Arbeitnehmervertreter. „Man braucht kein Experte sein, um sich auszumalen, was das für die Zukunft der AUA und der österreichischen Luftfahrt bedeutet: nämlich den Verlust von tausenden Arbeitsplätzen und eine nachhaltige Schädigung des Wirtschaftsstandortes Österreich“, führt Ofner aus. Und er erinnert: „Sozialpartnerschaft heißt nicht, dass eine Seite unerfüllbare Forderungen stellt und auf Biegen und Brechen darauf beharrt, sondern als Sozialpartner sollte man sich bemühen, einen für beide Seiten machbaren Kompromiss zu finden.“
Der Wiener Flughafendirektor vertritt in seiner WKO-Funktion auch die Ansicht, dass die Arbeitnehmervertreter mit ihren aus seiner Sicht „überhöhten Forderungen“ den „Leitbetrieb AUA zugrunde richten“ würden: „Das nützt weder der AUA selbst noch ihrer Belegschaft noch den Mitgliedern der vida in den unterschiedlichen Branchen. Ich fordere Gewerkschaft und Betriebsrat daher auf, nicht länger am eigenen Ast zu sägen“.