In einer koordinierten Aktion haben Klimakleber der „Letzte Generation“ am 15. August 2024 mehrere deutsche Flughäfen durch Protestaktionen teilweise lahmgelegt. Aktivisten drangen in orangen Warnwesten auf die Flughäfen Berlin-Brandenburg, Stuttgart, Nürnberg und Köln/Bonn ein und sorgten so für erhebliche Störungen im Flugbetrieb.
Die Aktionen werfen nicht nur Fragen über die Effektivität und Legitimität solcher Proteste auf, sondern haben auch eine erneute Debatte über die Sicherheit an Flughäfen und die Angemessenheit der Gesetzeslage entfacht.
Am Morgen des 15. August gelang es Aktivisten der „Letzten Generation“, auf das Gelände mehrerer großer Flughäfen in Deutschland zu gelangen. Während sie an einigen Standorten – wie in Stuttgart – lediglich Zubringerstraßen blockierten, drangen sie in Köln/Bonn und Nürnberg direkt in sicherheitsrelevante Bereiche ein, was dazu führte, dass der Flugbetrieb vorübergehend eingestellt werden musste. An den Flughäfen Stuttgart und Köln/Bonn klebten sich Aktivisten auf der Straße oder in der Nähe der Start- und Landebahnen fest, was die Einsatzkräfte der Polizei zwang, diese erst vom Boden zu lösen, bevor der Betrieb wieder aufgenommen werden konnte. Es kam dabei zu keinen größeren Zwischenfällen, und die Polizei nahm die Aktivisten in Gewahrsam.
Die Protestierenden der „Letzten Generation“ wollten mit ihrer Aktion auf die Dringlichkeit radikaler Klimaschutzmaßnahmen aufmerksam machen. Laut einer Erklärung der Gruppe wurden bei den Aktionen Banner mit Aufschriften wie „Oil kills“ (Öl tötet) und „Sign the treaty“ (Den Vertrag unterschreiben) zur Schau gestellt. Diese Slogans verweisen auf die Forderungen der Aktivisten nach einem sofortigen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und der Unterzeichnung eines internationalen Vertrags, der diese Forderungen global verankern soll.
Reaktionen auf die Proteste
Die Aktionen der „Letzten Generation“ stießen auf scharfe Kritik, sowohl von politischer Seite als auch von Seiten der Luftfahrtindustrie. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verurteilte die Proteste scharf und bezeichnete sie als „gefährlich und dumm“. Auf der Plattform X (ehemals Twitter) erklärte sie, dass solche „kriminellen Aktionen“ nicht nur das Leben der Aktivisten gefährden, sondern auch das Leben Unbeteiligter. Faeser betonte, dass die Bundesregierung bereits Schritte zur Verschärfung des Luftsicherheitsgesetzes unternommen habe, um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern.
Der Entwurf zur Gesetzesänderung sieht vor, dass das „vorsätzliche, unberechtigte Eindringen“ auf Rollfelder sowie Start- und Landebahnen künftig unter Strafe gestellt wird, wenn dadurch die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs beeinträchtigt wird. Diese Reform ist eine direkte Reaktion auf die wiederholten Störaktionen der „Letzten Generation“, die seit Anfang 2022 durch Straßenblockaden und Festkleben auf sich aufmerksam gemacht hat. Die neue Gesetzeslage soll empfindliche Freiheitsstrafen für derartige Aktionen vorsehen und Flughäfen dazu verpflichten, ihre Sicherheitsmaßnahmen weiter zu verschärfen.
Die Sicht der Flughäfen und der Luftfahrtbranche
Der Flughafenverband ADV (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen) widersprach jedoch der Kritik an den Sicherheitsvorkehrungen der Flughäfen. ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel betonte, dass die Sicherheitskonzepte an den Flughäfen sehr gut funktioniert hätten und die Melde- und Alarmketten zuverlässig ausgelöst worden seien. Trotz dieser positiven Bewertung forderte Beisel jedoch, dass die geplante Verschärfung des Luftsicherheitsgesetzes so schnell wie möglich umgesetzt werden müsse, um eine klare rechtliche Grundlage für die Strafverfolgung solcher Vorfälle zu schaffen.
Beisel machte zudem deutlich, dass die Aktionen der „Letzten Generation“ nicht als legitimer Protest, sondern als Straftaten zu betrachten seien, die konsequent von der Justiz verfolgt werden müssten. Er betonte, dass die Flughäfen ihre Sicherheitsmaßnahmen kontinuierlich überprüfen und anpassen, um auch in Zukunft ähnliche Vorfälle möglichst zu verhindern.
Gesellschaftliche und politische Implikationen
Die Protestaktionen der „Letzten Generation“ werfen nicht nur Fragen nach der Sicherheit an deutschen Flughäfen auf, sondern auch nach der Legitimität und Wirksamkeit radikaler Protestformen im Kampf gegen den Klimawandel. Während die Aktivisten betonen, dass ihre Aktionen notwendig sind, um auf die Dringlichkeit des Klimaschutzes aufmerksam zu machen, sehen Kritiker in diesen Maßnahmen eine unverantwortliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.
Die wiederholten Aktionen der „Letzten Generation“ haben in den letzten Jahren zunehmend polarisiert. Einerseits gibt es Stimmen, die die Radikalität der Gruppe als Ausdruck der Verzweiflung angesichts der fortschreitenden Klimakrise verstehen. Andererseits wächst der Druck auf die Politik, mit härteren Gesetzen gegen solche Störaktionen vorzugehen. Diese Polarisierung spiegelt sich auch in der öffentlichen Debatte wider, die zunehmend zwischen Verständnis für die Anliegen der Aktivisten und Ablehnung ihrer Methoden gespalten ist.
Die Protestaktionen der „Letzten Generation“ an mehreren deutschen Flughäfen haben einmal mehr die Spannungen zwischen selbsternannten Klimaschützern und staatlichen Institutionen offengelegt. Während die Aktivisten ihre Aktionen als notwendigen Weckruf sehen, betrachten politische Entscheidungsträger und Vertreter der Luftfahrtbranche diese als gefährliche und kriminelle Handlungen. Die geplante Verschärfung des Luftsicherheitsgesetzes ist ein klares Signal der Bundesregierung, dass der Staat gewillt ist, härter gegen solche Protestaktionen vorzugehen. Ob diese Maßnahmen ausreichen, um zukünftige Störungen zu verhindern, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch, dass die Debatte über die richtige Balance zwischen Klimaschutz und öffentlicher Sicherheit weitergehen wird.
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