Kommentar: AstraZeneca-Probleme bringen Urlaube ins Wanken

Koffer mit Impfpass (Foto: Robert Spohr).
Koffer mit Impfpass (Foto: Robert Spohr).

Kommentar: AstraZeneca-Probleme bringen Urlaube ins Wanken

Koffer mit Impfpass (Foto: Robert Spohr).
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Der Impfstoff von AstraZeneca schafft es einfach nicht aus den Negativ-Schlagzeilen heraus: Mehrere EU-Länder haben einen zumindest temporären Stopp verkündet. Ausschlaggebend dafür waren Todesfälle und die Bildung von Blutgerinseln. Ob dieser auf das besagte Vakzin zurückzuführen ist, muss noch wissenschaftlich analysiert werden.

Die Europäische Union hat von AstraZeneca besonders viel Impfstoff bestellt und das mit dem gegenüber den mRNA-Vakzinen einfacheren Lagerung begründet. Unter vorgehaltener Hand äußerten sich aber viele Mediziner dahingehend, dass der vergleichsweise billige Preis eher den Ausschlag gegeben haben könnte. Fakt ist aber, dass das umstrittene Vakzin von AstraZeneca das Rückgrat der Impfstrategie der EU bildet.

Im Hinblick darauf, dass sich bereits abzeichnet, dass Personen, die gegen Covid-19 geimpft sind, Reiseerleichterungen erhalten werden, könnten die nunmehr öffentlich gewordenen Stopps der Verabreicherung in verschiedenen Ländern auch Auswirkungen darauf haben. Tatsache ist, dass jeder Tag, der weiter vertrödelt wird, dazu führt, dass weniger Menschen bis Ende Juni 2021 geimpft werden können. Somit ist die Kritik, dass der von Sebastian Kurz (ÖVP) forcierte „Green Pass“ eine Art Seniorenausweis werden könnte, durchaus berechtigt. Sieht man von jüngeren Personen ab, die absolut berechtigt Vorrang gegenüber der Allgemeinbevölkerung haben, weil sie an vorderster „Corona-Front“ anderen Menschen helfen oder aber den Alltag unter ständigem Ansteckungsrisiko aufrechterhalten, könnte es für das „normale Volk“ richtig knapp werden.

Kurz‘ Ketchup-Flasche kommt zu spät

Logisch ist, dass jene Menschen, die aufgrund ihrer Berufe jenen, die an Covid-19 erkankt sind, helfen, schlichtweg Vorrang haben müssen. Eine andere Vorgehensweise wäre sonst das Sägen am eigenen Stuhlbein. Auch ist es berechtigt, dass jene Menschen, die besonders gefährdet sind, im Sinne der Solidarität früher drankommen müssen. Über diese beiden Punkte herrscht eigentlich weitgehende Einigkeit.

Ketchup (Foto: Pixabay).

Die Problematik ist aber, dass die Allgemeinbevölkerung wissen möchte, wann man in etwa mit der Möglichkeit zur Impfung rechnen kann. Diese Fragen beantwortet die Politik weder in Deutschland noch in Österreich ausreichend. Der Ketchup-Flaschen-Vergleich von Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz klang eher wie eine Durchhalteparole, jedoch beantwortet das schlichtweg eine simple Frage nicht: Wann kann sich ein normaler Bürger, der keine Vorerkrankungen hat, zu einem Impftermin anmelden. Eine Perspektive wäre hilfreich, wenn gesagt wird, dass beispielsweisen ab 1. Mai 2021 die Termine für ab 1. Juni 2021 gebucht werden können. Das würde vielen helfen.

Voller Impfschutz vor dem Sommer wird verdammt knapp

Doch die Ungewissheit hat definitiv Auswirkungen auf mögliche Sommerurlaube. Abgesehen vom Vakzin von Johnson & Johnson, das zwar zugelassen ist, aber noch nicht verimpft wird, müssen zwei Dosen verimpft werden. Bei den mRNA-Vakzinen von Biontech/Pfizer und Moderna beträgt der Abstand in etwa drei Wochen. Das hat zur Folge, dass zumindest in der Theorie der für den „Green Pass“ notwenige volle Schutz innerhalb eines Kalendermonat ausgebaut werden kann.

Beim Mittel von AstraZeneca sind zwischen den beiden Stichen aber mindestens drei Monate. Ein sehr einfaches Rechenbeispiel zeigt, dass sich das vor den Sommerferien für die normale Bevölkerung schlichtweg nicht ausgehen wird. Angenommen Herr oder Frau X erhält am 10. April 2021 ihre erste Dosis des Vektor-Impfstoffs von AstraZeneca. Dann würde er/sie in etwa um den 10. Juli 2021 den für den vollständigen Schutz zweiten Stich erhalten. Somit geht es sich nicht aus, dass man am 1. Juli 2021 mit dem Green Pass in den Urlaub fliegen kann. Und der 10. April wurde in diesem Zusammenhang als äußerst optimistisches „Hausnummern-Beispiel“ genannt.

Da von AstraZeneca äußerst viel Impfstoff bestellt wurde und Österreich nur 2,5 Millionen Impfdosen von Johnson & Johnson zur Verfügung stehen werden, ist davon auszugehen, dass die breite Bevölkerung mit AstraZeneca geimpft werden soll. Betrachtet man die aktuelle Lage, so sind Zweifel daran, dass der „Green Pass“ im Sommer wirklich zu Reiseerleichterungen für fast alle führen wird, wirklich berechtigt.

Familie am Meer (Foto: Tui Group).

Vergisst die Politik auf die Kinder?

Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt: Was ist mit den Kindern? Die meisten Impfstoffe sind nur für Jugendliche und Erwachsene ab 16 Jahren zugelassen, manche sogar erst ab 18 Jahren. Junge Menschen können auch an Covid-19 erkranken, doch für diese gibt es momentan keine Schutzimpfung. Angenommen die Eltern sind geimpft, jedoch ihr zum Beispiel 12-jähriger Sohn nicht. Das könnte dann am Urlaubsort zu Problemen führen, denn der junge Mensch kann keinen Impfschutz vorweisen.

Die Folge daraus: Die Urlaubsplanung ist für Familien mit Kindern besonders schwierig, denn mangels irgendwelcher Perspektiven, dass es im Sommer so und so laufen wird, stehen viele vor einem großen Rätsel. Deswegen ist der Optimismus, den Airlines und Veranstalter auf der ITB Now verbreiten, schon fast ein wenig schizophren. Wundern brauchen sich Fluggesellschaften und Tour Operator rein gar nicht, dass die Bevölkerung angesichts der im Vorjahr massiv verschleppten Erstattungen abgesagter Flüge und Urlaube mit Buchungen weiter zurückhalten. Es weiß ja niemand, ob man überhaupt die Voraussetzungen erfüllen wird, um beispielsweise in Griechenland einreisen zu dürfen. Hier ist die Politik gefragt endlich klare Regeln, die für jeden verständlich sind, zu kommunizieren. Dann weiß man auch, ob für einen Strandurlaub teure PCR-Testbefunde gemacht werden müssen oder ob der Gratis-Antigentest aus der Apotheke ausreichend ist.

Wenn der Politik an den Branchen Touristik und Luftfahrt irgendetwas liegt, dann sollten die Impfungen beschleunigt werden und insbesondere den Unternehmen und der Bevölkerung klare Reiseregeln für den Sommer 2021 kommuniziert werden. Andernfalls steuert alles auf direktem Weg in ein Chaos.

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