Kommentar: Liebe Regierung, habt ihr die Luftfahrt vergessen?

Blick aus dem Fenster eines Bombardier CRJ-900 (Foto: Robert Spohr).
Blick aus dem Fenster eines Bombardier CRJ-900 (Foto: Robert Spohr).

Kommentar: Liebe Regierung, habt ihr die Luftfahrt vergessen?

Blick aus dem Fenster eines Bombardier CRJ-900 (Foto: Robert Spohr).
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Wochenlang betonten Mitglieder der österreichischen Bundesregierung, dass man die Lage im Griff habe, es ausreichend Spitalsbetten gäbe und es keinen zweiten Lockdown geben wird. Von diesen Worten wollen die betroffenen Politiker nun nichts mehr hören, denn erneut greift man zu Maßnahmen, die mit jenen vom Frühjahr vergleichbar sind und glaubt nun, dass sich das Problem löst, wenn das ganze Land unter „Isolationshaft“ gestellt wird.

Im Frühjahr sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz, dass jedem geholfen werde. Von Entschädigungen war schnell keine Rede mehr, denn sofern es nicht um Soforthilfen und Austrian Airlines handelte, gab es zumeist nur Kredite, die irgendwann zurückbezahlt werden müssen. Bei der AUA wurde ein Teil des Hilfspakets in Form Kreditgarantien und der andere in Form einer echten Beihilfe gewährt. Level Europe hingegen ging leer aus. Laudamotion forderte zunächst öffentlich rund zwei Drittel jener Summe, die Austrian Airlines bekommen sollte, schwenkte jedoch später um und kritisierte Staatshilfen generell. Einen Antrag hat die Ryanair-Tochter sowieso nie eingereicht und mittlerweile ist das Unternehmen mit Sitz in Schwechat nur noch eine Hülse, die unzählige arbeitsrechtliche Klagen am Hals hat. Der Flugbetrieb wurde an die maltesische Lauda Europe Ltd. übergeben.

Während die Bundesregierung nun durchaus Entschädigungen, beispielsweise für Gastwirte oder Hotels zugesagt hat, wurde die Luftfahrt in den letzten Tagen nicht einmal erwähnt. Auf der Westbahn-Strecke wurde wieder einmal Geld in die Hand genommen, um im Rahmen einer Notvergabe an die ÖBB und die Westbahn-Gesellschaft die Salzburg-Strecke zu unterstützen. Der Umstand, dass es keine Aktionstickets mehr gibt, führt trotz staatlicher Subvention kurioserweise zu höheren Fahrscheinpreisen. Der Eisenbahn greift das wenig offenbar luftfahrtfreundliche „Klimaschutzministerium“ unter Führung von Leonore Gewessler (Grüne) offenbar gerne unter die Arme, aber gleichzeitig entsteht schon ein wenig der Eindruck, dass es die „Umweltpartei“ gar nicht so sehr stören würde, wenn die Luftfahrt vor die Hunde geht. Auf Staatskosten werden ja neue Nachtzuggarnituren beschafft und mit diesen kann man ja dann nach Ibiza fahren. Setzt nun aber voraus, dass es sich um Amphibienzüge handelt.

Tatsache ist aber auch, dass genau die gleiche Bundesregierung sich vertraglich eine gewisse Mindestkonnektivität auf der Langstrecke von Austrian Airlines und Lufthansa zusichern hat lassen. In diese Richtung sei dann die Frage an Frau Gewessler gestellt warum mit Steuermitteln Flüge mit drei bzw. zwei Passagieren nach Bangkok und zurück durchgeführt werden. Auch die anderen Long-Haul-Strecken sind katastrophal ausgelastet, wobei es glücklicherweise auch positive Ausreißer gibt, doch werden diese dennoch weiterhin geflogen. Jeder derartige Flug verbrennt viel Geld, denn nicht immer fliegt Fracht mit und wer glaubt, dass in der Krise das große Geld mit Cargo zu machen ist, irrt. Die Raten sind weiterhin nicht sonderlich hoch und wenn es das große Geschäft wäre, hätte Austrian Airlines längst ihre Langstreckenflotte zu Frachtern umfunktioniert und diese wäre dann nonstop in der Luft. So ist es aber nicht. Die Realität ist, dass aufgrund der Nachfrage und Auslastung regelrecht sinnbefreite Langstrecken mit Steuermitteln aufrecht erhalten werden.

Doch klar ist: Die „Gießkanne“ ist von den meisten Fluggesellschaften gar nicht gewünscht. Diese hoffen, dass beispielsweise mittels Schnelltests das Reisen vereinfacht werden kann und somit die Branche wieder aus eigener Kraft Geld verdienen kann. Auch die österreichische Politik macht die Augen und Ohren zu, denn man hätte ja die Möglichkeit die Einreisbestimmungen dahingehend zu ändern, dass ein negatives Antigen-Ergebnis einem negativen PCR-Befund gleichgestellt ist. Das macht man aber nicht und zwar unter anderem deswegen, weil man manchmal weniger auf heimische Experten hört, sondern die Krankenarme eines umstrittenen deutschen Virologen auch in die Alpenrepublik reichen. Kurios: Genau diese Antigentests sollen aber für Altersheime und die von Sebastian Kurz angekündigte Massentestung gut genug sein. Dies entbehrt nicht nur jeder Logik, sondern die gesamte Argumentationskette ergibt keinen Sinn. Weder jene der Politik, noch meine eigene. Tatsache ist aber, dass Chaos herrscht und die Auswirkungen der Krise an den Flughäfen, insbesondere in den Bundesländern, deutlich sichtbar sind.

Generell sind in Europa offenbar viele Regierungen auf den Geschmack diktatorischer Maßnahmen gekommen, denn unter dem Deckmantel Corona konnte viel durchgesetzt werden. Wären da aber nicht die unabhängigen Gerichte, die reihenweise Maßnahmen für rechts- und verfassungswidrig erklären würden…. Die Politik könnte es so einfach haben, wenn der demokratische Weg gegangen wird und die Maßnahmen im Parlament ausgearbeitet, diskutiert und beschlossen werden. Die österreichische Regierung versucht auch weiterhin „ohne Parlament“ zu verordnen, wodurch jedes „Verbot“ auf sehr schwammiger Rechtsgrundlage steht und die Wahrscheinlichkeit, dass der Verfassungsgerichtshof diese kippt, sehr hoch ist. Übrigens: Ein gewisser Dr. Engelbert Dollfuß schaltete nach dem Nationalrat auch den Verfassungsgerichtshof aus. Warum? Damit er und seine Komplizen sich von niemandem dreinreden lassen mussten. Natürlich war das eine komplett andere Zeit, jedoch war es der Anfang vom vorläufigen Ende der Demokratie in Österreich.

Es geht nicht darum, dass Corona verharmlost wird oder gar geleugnet wird, sondern darum, dass Österreichs Regierung monatelang genau gar nichts unternommen hat und in regelmäßigen Abständen betont hat, dass man alles im Griff habe und es keinen zweiten Lockdown geben wird. Letztlich entsteht der Eindruck, dass die Schuld für den neuerlichen Lockdown der Bevölkerung in die Schuhe geschoben wird. Doch wer blickt bei dem Zick-Zack-Kurs, den die Regierung gefahren hat noch durch? Keine Frage, es gibt in der Bevölkerung genügend Vollidioten, die nicht einmal das Wort Mund-Nasenschutz verstehen und ihre Maske gekonnt unter der Nase tragen oder aber generell auf alle Empfehlungen und Vorschriften pfeifen. Das ist aber nebensächlich gegenüber dem Umgang mit der Gefahr Corona in vielen Betrieben. Die Arbeiterkammer schrieb dazu am Wochenende in einer Aussendung, dass angeblich in vielen Firmen keine nennenswerten Schutzmaßnahmen vorhanden sind und sogar Druck ausgeübt werden soll, dass man bloß nicht bei 1450 anrufen soll. In der Gastronomie haben sich viele Betriebe wirklich viel Mühe gegeben und wenig überraschend habe ich subjektiv empfunden, dass jene Lokale, die einen asiatischen Background haben, besonders vorbildlich waren. Der krasse Gegensatz: Ein Wirt eines Schnellimbisses, der prinzipiell mit Maske unter der Nase hinter seinem Tresen stand und auf Hinweis sagte, dass man das so trägt und über die Nase nichts passieren könne. Desinfektionsmittelspender gab es, aber diese wurden offenbar nie befüllt.

Die Regierung hätte solche Zustände schon viel früher bekämpfen müssen und Unternehmer, die sich an einfachste Regeln nicht halten können, einfach durch Betriebsschließungen bestrafen sollen. Jene, die sich Mühe gegeben haben, werden jetzt einfach kollektiv mitbestraft. Da ist übrigens die neue Lösung, dass abgeholte Speisen und Getränke nur in einem Abstand von 50 Metern vom Lokal konsumiert werden dürfen, der neueste Vogelabschuss. Gerade am Flughafen Wien ist es ein Klax das „Snackpaket“ aus der Lounge oder von einem der wenigen Gastronomiebetriebe, die noch offen haben, dann direkt am Gate zu konsumieren. Übrigens: Im Gegensatz zu vielen Airports in Europa hat Wien bis heute keine Abstandsmarkierungen auf den Sitzplätzen angebracht. Und wenn schon, an anderen Airports zeigte sich, dass Sticker nichts bringen, nur massive Dinge wie Blumentöpfe mit schweren Palmen drin, konnten an einem südländischen Airport verhindern, dass die Abstandsregeln missachtet werden.

Doch zurück zur Luftfahrt: Österreichs Regierung muss schleunigst ein wirksames Paket für die heimische Luftfahrtbranche auf die Beine stellen und gleichzeitig auch auf EU-Ebene dafür sorgen, dass ein wirksames Protokoll, das Reisen vereinfacht, geschaffen wird. Verpflichtende Antigen-Tests sind hierfür sicherlich eine praktikable Übergangslösung und sofern der Preis fair ist, werden die Fluggäste im Sinne der Sicherheit auch dafür bezahlen. Diese Lösung liegt auf dem Tisch, aber die Politik ignoriert sie. Das muss sich ändern, denn wenn es so weitergeht, dann wird Austrian Airlines bald wieder Geld vom Steuerzahler haben wollen und viele Anbieter werden in ernsthafte finanzielle Turbulenzen geraten. Die Politik soll endlich mal Farbe bekennen und wirksame Maßnahmen setzen damit einerseits sicheres Reisen zumindest innerhalb von Europa so einfach wie möglich erfolgen kann und anderseits die Branche eine Chance zum Überleben hat. Immerhin hängen allein in Europa hunderttausende Arbeitsplätze dran und das Heer der Arbeitslosen wird immer größer. Wer braucht schon Piloten oder Flugzeugmechaniker, wenn es keine Airlines mehr gibt? Insofern: Unternehmt etwas bevor es zu spät ist!

Abschließend möchte ich noch eine Kleinigkeit deutlich zum Ausdruck bringen: Mit diesem Kommentar möchte ich nicht Corona verharmlosen oder gar verleugnen, sondern das gesamte Handeln der österreichischen Regierung seit Beginn der Krise, insbesondere mit dem Aspekt des Vernachlässigens der Luftfahrt, ein wenig kritisch hinterfragen. Es gibt viele Dinge, die man noch hätte erwähnen können, doch das sprengt den Rahmen. Wenn man sich ein bisschen Mühe gibt und die Schutzvorschriften und –Empfehlungen einhält, dann ist Fliegen eine sichere Sache. Und ich spreche hier aus Passagiersicht, denn ich habe heuer bereits 48 Oneway-Flüge auf der Kurstrecke absolviert. Die Flugstrecke beträgt laut meiner App insgesamt 40.867 Kilometer. Ich war heuer auf 17 unterschiedlichen Airports und bin mit den Maßnahmen in vielen Ländern vertraut. Die Anzahl der PCR-Tests, die ich absolvieren musste, habe ich irgendwann aufgehört zu zählen, aber ausnahmslos waren die Ergebnisse immer negativ. Ich sehe als auch ein bisschen als innere Verpflichtung an, dass man sich vor Ort ein Bild machen sollte bevor man sich eine Meinung bildet. Gleichzeitig kann man allein durch die Anwesenheit als stinknormaler zahlender Passagier auch ein wenig Solidarität mit einer wichtigen Lesergruppe zeigen: dem Flughafen- und Airline-Personal. Hält man sich an die Sicherheits- und Hygienemaßnahmen, dann ist es auch eine sichere Sache. Andernfalls hätte ich mich wohl schon mehrfach infiziert. Und angesichts dessen, dass ich sowohl beruflich als auch privat auf funktionierende Flugverbindungen angewiesen bin, bereiteten mir die Entwicklungen der letzten Monate große Sorgen. Übrigens: Abgesehen von Wien war ich heuer auf folgenden Airports am häufigsten: Stuttgart, dicht gefolgt von Luqa und mit etwas Abstand Kiew-Schuljany.

2 Comments

  • Peter , 16. November 2020 @ 09:14

    Ja, auch mir drängt sich der Verdacht auf, dass die Entscheidungen der Regierung eine gewisse Willkür enthalten könnten.
    Manchmal frage ich mich sogar, ob die Regierung überhaupt diejenige ist, die diese widersprüchlichen Entscheidungen trifft.
    Überhaupt Corona, man sehe sich einfach nur die öffentlich zugänglichen Sterblichkeitsraten dieser “Pandemie” an und vergleiche sie mit den Sterblichkeitsraten der alljährlichen Grippe früherer Jahre.
    Die Zahlen sprechen für sich.

  • Altmetallflieger , 16. November 2020 @ 09:44

    Einige Regelungen sind wirklich idiotisch ,wie Speisen 50 Meter vom Lokal entfernt zu sich nehmen dürfen.Dann die ganzen verschiedenen Tests einmal anerkannt dann doch wieder nicht.
    Dann die Schließung aller Einrichtungen zur Freizeitgestaltung und vieles mehr.

    Wenn wundert’s dann wenn die Leute durchdrehen und dann beginnen um sich zu schießen.
    Auf eins kann man gespannt sein wie wird es heuer mit Einbrüchen und Überfälle ausschauen,in der Weihnachtszeit?

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2 Comments

  • Peter , 16. November 2020 @ 09:14

    Ja, auch mir drängt sich der Verdacht auf, dass die Entscheidungen der Regierung eine gewisse Willkür enthalten könnten.
    Manchmal frage ich mich sogar, ob die Regierung überhaupt diejenige ist, die diese widersprüchlichen Entscheidungen trifft.
    Überhaupt Corona, man sehe sich einfach nur die öffentlich zugänglichen Sterblichkeitsraten dieser “Pandemie” an und vergleiche sie mit den Sterblichkeitsraten der alljährlichen Grippe früherer Jahre.
    Die Zahlen sprechen für sich.

  • Altmetallflieger , 16. November 2020 @ 09:44

    Einige Regelungen sind wirklich idiotisch ,wie Speisen 50 Meter vom Lokal entfernt zu sich nehmen dürfen.Dann die ganzen verschiedenen Tests einmal anerkannt dann doch wieder nicht.
    Dann die Schließung aller Einrichtungen zur Freizeitgestaltung und vieles mehr.

    Wenn wundert’s dann wenn die Leute durchdrehen und dann beginnen um sich zu schießen.
    Auf eins kann man gespannt sein wie wird es heuer mit Einbrüchen und Überfälle ausschauen,in der Weihnachtszeit?

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