Kommentar: Mit Lufthansa fünfsternemäßig selbst um Hotels und Ersatzflüge kümmern

Lufthansa-Gate am Flughafen München (Foto: Robert Spohr).
Lufthansa-Gate am Flughafen München (Foto: Robert Spohr).

Kommentar: Mit Lufthansa fünfsternemäßig selbst um Hotels und Ersatzflüge kümmern

Lufthansa-Gate am Flughafen München (Foto: Robert Spohr).
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In sozialen Medien sorgen derzeit am Flughafen Frankfurt am Main aufgenommen Screens, die Lufthansa-Passagiere, deren Flüge gestrichen wurden, darüber informieren, dass sie sich selbst um Ersatzbeförderung bzw. Hotels kümmern müssen, für Aufsehen. Eine Airline, die sich selbst als 5-Sterne-Premium-Anbieter betrachtet, sollte wohl mehr Kundenservice an den Tag legen.

Die Werbung von Lufthansa suggeriert schon seit Jahrzehnten, dass Fliegen mit diesem Carrier das Maß aller Dinge ist. In Deutschland hat es durchaus Prestige Freunden und Bekannten zu erzählen, dass man mit Lufthansa in den Urlaub fliegen wird. Doch vom einstigen „Luxus über den Wolken“, den es in den 1950er und 1960er Jahren gab ist – abgesehen von der teuren First-Class – nicht mehr viel übrig.

In Sachen Kundenservice war Lufthansa noch nie sonderlich stark. Selbst in den 1990er-Jahren, in denen Billigflieger noch eine absolute Randerscheinung waren und der Kranich bis 1997 schrittweise privatisiert wurde, konnte es für Passagiere unangenehm werden, wenn Flüge ausgefallen sind. Damals hatte Lufthansa auf vielen Strecken, besonders innerhalb Deutschlands, ein Monopol und in der Ära als Staatscarrier hat man das Fluggäste auch spüren lassen. Der Kranich bestimmte was pünktlich ist und was nicht.

Lufthansa ist seit 1997 ein privates Unternehmen, jedoch ist in Sachen Kundenservice der „Mief“ einer fliegenden Eisenbahngesellschaft nie gänzlich beseitigt worden. Wenn etwas schiefgeht und Lufthansa an Passagiere bezahlen muss, so zieht man alle Register um die Bearbeitung zu verzögern, behauptet unter anderem Flightright. Zeitweise hat man auch besondere Bürokratie aufgebaut und von Fluggästen verlangt, dass diese eine Ausweiskopie übermitteln, andernfalls werde man den Zahlungsanspruch gar nicht prüfen.

Verschnupfte Reaktion auf Verlust des fünften Sterns

Lufthansa selbst hält sich für das Maß aller Dinge und lässt auch keine Gelegenheit aus dies zu betonen. Zum Beispiel reagierte man verschnupft darauf, dass Skytrax den fünften Stern, der nur wegen einer angekündigten, aber niemals umgesetzten Verbesserung vergeben wurde, wieder entzogen hat. Man wäre weiterhin eine Premium-Fluggesellschaft und es wäre ja nur eine temporäre Sache, so die offizielle Redensart.

Fühlen sich Passagiere, deren Flüge gestrichen wurden, 5-Sterne-mäßig behandelt, wenn man sich zunächst auf eigene Kosten um alles selber kümmern soll und das obwohl Lufthansa gesetzlich zu Betreuungsleistungen verpflichtet ist? Wegen „Personalmangel“ soll man dafür Verständnis haben. Genau wie im Chaos-Sommer 2018 die Eurowings-Passagiere Verständnis für lange Verspätungen und Ausfälle im großen Stil haben sollten. Es wurde Besserung gelobt, doch kaum kommen die Fluggäste wieder, geht es noch chaotischer als vor der Pandemie weiter.

Lufthansa hat in den letzten zehn Jahren einige kapitale Fehler gemacht. Beispielsweise hat man mit der missglückten Eurowings-Langstrecke jährlich so viel Geld versenkt wie zuvor die nicht mehr existierende Air Berlin. Da kam Corona schon gerade recht, denn die Auswirkungen der Pandemie waren weit gravierender als die Geldverbrennerei bei der verkorksten Eurowings-Langstrecke. Als Eurowings Discover will man es mit abgewandeltem Konzept besser machen.

Schleichender Abbau von Sozialleistungen rächt sich

Die Pandemie wurde auch genutzt, um viele Mitarbeiter abzubauen. Je nach Land ging man unterschiedlich vor. Teilweise gab es Golden-Handshakes, teilweise Kündigungen und andernorts wurden einfach Jobs von Beschäftigten, die sich wegen der Kurzarbeit neu orientiert haben, nicht nach besetzt. Regelrechte Jubelmeldungen über die Reduktion des Personalstands brachte der Vorstand dem Aufsichtsrat vor. Mittlerweile musste Carsten Spohr aber einräumen, dass man zu viele Mitarbeiter hat gehen lassen.

Lufthansa bediente sich ähnlich wie British Airways einer Spekulation: Man dachte, dass es für die Mitarbeiter so viel Prestige hat für diese Firma zu arbeiten, dass diese sowieso bei der nächsten Gelegenheit zurückkommen werden. Lufthansa ist ja das Maß aller Dinge. Dieser erhoffte Effekt ist aber nicht eingetreten, denn besonders in den Bereichen Bodenpersonal und Flugbegleiter denken viele gar nicht daran zu ihrem alten Arbeitgeber zurückzukehren.

Warum denn auch? Früher hatten Lufthansa-Mitarbeiter nicht nur beste Löhne, sondern auch rundherum viele Sozialleistungen und Vergünstigungen. Man kann wirklich sagen, dass die Lufthanseaten stolz auf ihren Arbeitgeber waren und sich mit der Firma richtig identifiziert haben. Sie waren auch im Privatbereich echte Botschafter „ihrer“ Lufthansa. Das hat sich in den letzten Jahren stark geändert, denn die Löhne sind nicht mehr Spitzenniveau und Sozialleistungen wurden schleichend abgebaut. Auch ist manchen Flugbegleitern das Bordprodukt auf der Kurzstrecke schon fast peinlich. Zugegeben: Auch in den 1990er-Jahren war Lufthansa in Sachen Bordservice nicht gerade ein Carrier, der Maßstäbe gesetzt hat. Damals sorgte eher Lauda Air für positives Aufsehen, wenn es ums Essen und Trinken über den Wolken ging.

Es wurde nicht rational entschieden, sondern gepokert

Mittlerweile herrscht in fast allen Lufthansa-Flugbetrieben Chaos. In Belgien wurde gestreikt, in der Schweiz hat man sich eine Impfpflicht einfallen lassen und diese wurde von vielen Mitarbeitern nicht mitgemacht, so dass man auch aus diesem Grund Personalmangel hat, in Österreich ist man zu knapp aufgestellt, dass ein paar Krankenstände den Flugplan durcheinander geworfen haben und in Deutschland mangelt es überall. Es gibt kaum einen Bereich, in dem Lufthansa, Air Dolomiti, Lufthansa Cityline, Lufthansa Cargo, Eurowings und Eurowings Discover ausreichend Mitarbeiter haben. Überall fehlen helfende Hände und deswegen musste man in mehreren Schritten den Sommerflugplan 2022 massiv ausdünnen. Dennoch muss man noch immer kurzfristig einzelne Verbindungen streichen. Spohr hat mittlerweile eingeräumt, dass man zu viele Mitarbeiter abgebaut hat.

Für ein Management, das einen Carrier führt, der sich selbst für das Non-Plus-Ultra des Fünf-Sterne-Premium-Fliegens hält, ist das einfach nur eine Schmach. Man hätte vorher wissen müssen, dass es nach jeder Krise einen plötzlichen Schub der Nachfrage gibt. Immerhin ist die Lufthansa Group kein windiges Startup ist, sondern kann unter Berücksichtigung der Vorgänger-Unternehmen behaupten, dass man zu den Pionieren der Passagierluftfahrt zählt. Man hat also viel Erfahrung und sollte sich auskennen. Angesichts der fatalen Fehlentscheidungen, die man getroffen hat, darf man daran zweifeln, ob man immer rational entschieden hat oder doch manchmal sprichwörtlich „gepokert“ hat. Hinsichtlich dem Personal hat man sich „verpokert“. Der Fairness halber muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass das Chaos bei Lufthansa nur exemplarisch angeführt wird. Bei anderen Anbietern sowie an vielen Flughäfen und bei deren Dienstleistern wurde ähnlich gehandelt und daher sind die Zustände keinen Deut besser.

1 Comment

  • Arton Sadiku , 4. Juli 2022 @ 14:56

    Hallo zusammen wie kan ich mit euch arbeiten als customer servis

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  • Arton Sadiku , 4. Juli 2022 @ 14:56

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