Lauda-Chef Gruber: “Retten wir unsere Jobs”

Lauda-Geschäftsführer Andreas Gruber (Foto: Jan Gruber).
Lauda-Geschäftsführer Andreas Gruber (Foto: Jan Gruber).

Lauda-Chef Gruber: “Retten wir unsere Jobs”

Lauda-Geschäftsführer Andreas Gruber (Foto: Jan Gruber).
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Wirtschaftskammer und Gewerkschaft Vida befinden sich derzeit in möglicherweise finalen Verhandlungen über den neuen Lauda-Kollektivvertrag. Dieser könnte über die Zukunft der Basis Wien entscheidend sein. Aviation.Direct sprach mit Lauda-Chef Andreas Gruber.

Seit heute am Vormittag sind Vida, Betriebsrat, Wirtschaftskammer und Lauda-Geschäftsführung zu finalen Gesprächen, die zum Erhalt der Basis Wien führen sollen, zusammengetroffen. Die Verhandlungen dauern derzeit noch an. Die Gewerkschaft äußerte am Vortag massive Bedenken, legte sich aber noch nicht verbindlich darauf fest, ob man unterschreiben wird oder nicht.

Zwischenzeitlich startete bereits das Ausfliegen von insgesamt 21 Airbus A320. Diese werden nach Palma de Mallorca, Düsseldorf, Stuttgart und Stansted überstellt. Aviation.Direct sprach mit Lauda-Geschäftsführer Andreas Gruber über seine Sichtweise der Dinge und was geschehen muss, so dass die Base fortgeführt wird sowie die Jobs erhalten bleiben.

Aviation.Direct: Gestern bezeichnete ein SPÖ-Abgeordneter die Vorgehensweise der Lauda-Geschäftsführung wortwörtlich als „eine Sauerei“. Die Gewerkschaft Vida informierte ihre Mitglieder gestern darüber, dass seitens Lauda und der WKO „null Kompromissbereitschaft“ besteht. Als welchem Grund bestehen Sie auf den Abschluss genau dieses Kollektivvertrags und wie entgegnen Sie dem Vorwurf der Vida, dass dieser Gehälter unter der bedarfsorientierten Mindestsicherung enthalten soll?
Andreas Gruber: 
Ich finde es sehr traurig, wenn Politiker Aussagen tätigen, bevor sie über Hintergrund-Details und handfeste Informationen verfügen. Der angesprochene Nationalratsabgeordnete urteilt hier über Falschinformationen. Wir haben auch nun nochmals klargestellt, dass der neue KV ein Mindestgehalt von 1.298 Euro brutto pro Monat mit sich bringt. Für das Basisgehalt macht der Mitarbeiter jedoch auch noch keinen Handstrich. Die einzelnen Flugzulagen kommen hier noch hinzu, sobald der Mitarbeiter in ein Flugzeug steigt. Im Durchschnitt würde ein Junior Flugbegleiter nach dem neuen adaptierten Kollektivvertrag rund 24.450 Euro brutto im Jahr verdienen. Dies ist rund drei Prozent weniger als bisher und weit über der bedarfsorientierten Mindestsicherung. 

Aviation.Direct: Was können Sie in diesem Zusammenhang Ihren Mitarbeitern und auch der Gewerkschaft Vida öffentlich zusichern, das möglicherweise doch noch zum Abschluss des Kollektivvertrags führen könnte und warum ist der Erhalt der Lauda-Jobs aus Ihrer Sicht besonders wichtig?
Andreas Gruber:
 Mein oberstes Ziel is es die Arbeitsplätze in Österreich zu sichern und zu erhalten. Darum hoffen wir natürlich, dass die Vida den Kollektivvertrag noch unterschreiben wird. Die WKO und eine überwiegende Mehrheit – 95 Prozent der Piloten und über 70 Prozent der Flugbegleiter- unserer Mitarbeiter haben den neuen Bedingungen bereits zugestimmt. Die Vida soll die Interessen unserer Crews vertreten und sich um die Sicherung der Arbeitsplätze bemühen. Es gibt keine Alternativen für die Mitarbeiter in der Luftfahrtbranche. Soeben wurde publiziert, dass Easyjet fast jeden dritten Arbeitsplatz streicht. Weltweit sind Airlines am Boden und kündigen massenhaft Personal – BA 12.000 Stellen, Wizz 1000 Stellen, Alitalia 6000 und so weiter. Es wäre daher fahrlässig von der Gewerkschaft die bestehenden Jobs in Österreich dauerhaft zu zerstören.

Aviation.Direct: Aus welchem Grund muss der Abschluss des neuen Kollektivvertrags so schnell erfolgen? Sie haben doch die Möglichkeit die österreichischen Mitarbeiter nach aktueller Informationslage sehr lange in Kurzarbeit zu halten und haben somit keinerlei Kosten. Darüber hinaus haben Sie im März und April noch gefordert, dass Sie mindestens zwei Drittel jener Staatshilfe, die Austrian Airlines bekommen könnte, für Lauda haben wollen. Warum beantragen Sie nun doch keine Staatshilfe?
Andreas Gruber: 
Die derzeitige Krise ist einzigartig und für die gesamte Branche eine sehr große Herausforderung. Bei 9/11 war die Luftfahrt vier Tage lang gegroundet, momentan werden Flugbetriebe bis zu vier Monate gegroundet. Auch besteht eine große Unsicherheit bezüglich der Nachfrage in den nächsten Monaten. Um diese anzukurbeln wird es voraussichtlich sehr günstige Tickets am Markt brauchen. Hierfür brauchen wir Planungssicherheit ab Juni/Juli, daher muss bezüglich der Basis in Wien eine rasche Entscheidung gefällt werden. In den vergangenen Wochen gab es viele von uns angesetzte Gesprächstermine mit der Vida, kein Termin wurde bis vorletzte Woche leider wahrgenommen. 

Aviation.Direct: In Deutschland wurde die Kurzarbeit abgelehnt und den Mitarbeitern angekündigt, dass die Mai-Gehälter mangels Finanzmitteln nicht ausbezahlt werden können. Unter vorgehaltener Hand erheben Ihre eigenen Mitarbeiter den Vorwurf der Insolvenzverschleppung und mutmaßen, dass Sie die Flugzeuge ausfliegen, da in Kürze ein Insolvenzantrag gestellt werden könnte. Lässt Ryanair die heutige Laudamotion GmbH also doch fallen?
Andreas Gruber: 
Bezüglich der Kurzarbeit der in Deutschland stationierten Kollegen sind wir in laufenden Gesprächen mit der Agentur für Arbeit. Wir bedauern aufrichtig das Vorgehen der Würzburger Agentur für Arbeit, die hier die Zusicherung der Kurzarbeit widerrufen hat. Dies geschieht in der  schlimmsten wirtschaftlichen Krise in der Geschichte der Luftfahrt, obwohl unsere in Deutschland stationierten Kollegen in Deutschland wohnhaft sind, dort arbeiten und ihre Sozialabgaben in Deutschland zahlen. Wir haben Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt und aufgrund des laufenden gerichtlichen Verfahrens kann ich mich dazu inhaltlich nicht weiter äußern. Die Gehaltsauszahlung für den Mai verspätet sich leider, wird jedoch so rasch wie möglich ausgezahlt. 

Aviation.Direct: Hand aufs Herz, beantworten Sie bitte eine Frage, die sich viele Ihrer Mitarbeiter stellen: Als angestellter Geschäftsführer sind Sie ja auch „nur“ ein Angestellter. Haben Sie sich selbst beim AMS zum Frühwarnsystem angemeldet? Diese Frage interessiert viele Ihrer Mitarbeiter.
Andreas Gruber: 
Natürlich bin auch ich betroffen. Das Lauda-Management hat auf 50 Prozent Gehalt in Krise verzichtet. Wir sitzen hier alle im selben Boot. Wir haben die letzten 2,5 Jahre als Team hart gearbeitet, um unsere Wachstumspläne in Wien zu forcieren. Über 80 Destinationen ab Wien waren diesen Sommer im Programm und über zehn Millionen Passagiere wurden erwartet. Somit waren wir mit Abstand die zweitgrößte Airline in Österreich. Auch war es uns immer ein großes Anliegen den Namen unseres Gründers Niki Lauda und seine Vision in die Welt hinauszutragen. Daher wäre eine Schließung der Wiener Basis ein trauriger Verlust und eine große persönliche Enttäuschung für uns alle. 

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