Lauda: KV-Verhandlungen geplatzt

Am Montag demonstrierten Lauda-Mitarbeiter vor dem Gewerkschaftshaus in Wien (Foto: Jan Gruber).
Am Montag demonstrierten Lauda-Mitarbeiter vor dem Gewerkschaftshaus in Wien (Foto: Jan Gruber).

Lauda: KV-Verhandlungen geplatzt

Am Montag demonstrierten Lauda-Mitarbeiter vor dem Gewerkschaftshaus in Wien (Foto: Jan Gruber).
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Die KV-Verhandlungen zwischen WKO und Gewerkschaft Vida sind gescheitert. Erhebliche Kritik wird am Verhalten der Gewerkschaft geübt. Nun stehen fast 600 Jobs akut auf der Kippe.

Trotz eines massiv nachgebesserten Angebots seitens der Lauda-Geschäftsleitung und der Streichung zahlreicher strittiger Klauseln hat die Gewerkschaft Vida nach einem 14-stündigen Verhandlungsmarathon die Unterschrift auf den Kollektivvertrag verweigert. Besonders pikant ist, dass Betriebsräte der Fluggesellschaften Level und Austrian Airlines diese Entscheidung mitgetroffen haben. Hierzu ist auch anzumerken, dass Level überhaupt keinen Kollektivvertrag hat, da sich deren Geschäftsleitung strikt weigert auf die Forderungen von Vida einzugehen.

In einer Aussendung bestätigt die Wirtschaftskammer Österreich, dass die Geschäftsleitung der Fluggesellschaft Lauda das Angebot erheblich nachgebessert habe, die Gewerkschaft Vida dennoch abgelehnt habe. „Damit gehen an der Basis Wien 500 Arbeitsplätze und damit die Existenzgrundlage hunderter Mitarbeiter verloren. Die mit dem Flugbetrieb verbundene Wertschöpfungskette wird nachhaltig beschädigt. Bemerkenswert ist, dass das Unternehmen in den Verhandlungen die garantierte Jahresauszahlungssumme für die Einstiegsgehälter der Flugbegleiter um mehr als 30 Prozent erhöht hätte. Die Entscheidung der Vida ist auch insofern unverständlich, da die große Mehrheit der Belegschaft den neuen KV auch ohne Nachbesserung angenommen hätte“, so die WKO.

Für die Fluggesellschaft Lauda nahmen zwei Kapitäne an den Verhandlungen teil, wobei diese vor den Verhandlungen noch Anrufe seitens der Gewerkschaft erhalten haben sollen. In diesen wurde nahegelegt nicht teilzunehmen. Wohl auch damit nicht publik wird, dass mutmaßlich befangene Betriebsräte von Mitbewerbern unter dem Deckmantel einer angeblichen Funktionärstätigkeit bei der Gewerkschaft über die Zukunft von annähernd 600 Arbeitsplätzen bei einem Mitbewerber entscheiden.

Betriebsräte von Level und Austrian Airlines entschieden mit

Lauda-Kapitän Thomas Gurgiser und –Kapitänin Claudia Harold-Blum nahmen stellvertretend für fast 600 Mitarbeiter der Seite der Wirtschaftskammer in Berater- und Zeugenfunktion teil. Die Vida stellte als Team Daniel Liebhart, Philip Gastinger, den Level-Betriebsrat Philip Hudelist sowie den AUA-Betriebsrat Anton Fuszko. Die Anwesenheit von Betriebsräten von Mitbewerbern wurde der Wirtschaftskammer zuvor nicht angekündigt. „Selber in einer Firma arbeiten, deren Geschäftsführung sich weigert einen Kollektivvertrag zu unterschreiben, weil die Vida utopische Vorstellungen hat, aber wenn es um den Mitbewerber geht, ist man so unbefangen, dass man 600 Leute auf die Straße schicken kann?“, ist das Lauda-Team verärgert.

Lauda-Chef David O’Brien und sein Kollege Andreas Gruber konnten bei ihrem Mutterkonzern Ryanair erreichen, dass das finanzielle Angebot, insbesondere für die Junior-Flugbegleiter, nicht nur massiv nachgebessert wurde, sondern sich das Unternehmen verbindlich zur Auszahlung von Mindest-Grundgehältern, die sogar höher sind als jene die momentan bezahlt werden, verpflichtet hat. Diese fließen auch dann, wenn keine einzige Flugstunde geflogen wird. Auch wurden von der Gewerkschaft Vida kritisierte Klauseln nachgebessert und das laut dem Verhandlungsteam sogar ganz nach den Wünschen der Gewerkschaft.

Die Verpflichtung samt der nachgebesserten Löhne der Junior-Flugbegleiter samt Unterschriften von David O’Brien und Andreas Gruber:

Nach Angaben des Lauda-Kapitäns sollen die Verhandlungen nicht nur eine regelrechte Farce gewesen sein, denn keine der Nachbesserungen konnte die Vida-Funktionäre zur Zustimmung bewegen. Rund drei Stunden sollen diese alleine untereinander beraten haben und sowohl die Wirtschaftskammer als auch die Lauda-Kapitäne warten haben lassen. Dazwischen wurde gar noch behauptet, dass die Arbeitgeberseite vertrauliche Informationen verschickt habe. Ein perfider Versuch, um die Lauda-Kapitäne von den Gesprächen ausschließen zu können. Was die Vida-Funktionäre und die AUA- bzw. Level-Betriebsräte in diesen drei Stunden gemacht haben, ist nicht bekannt.

Lauda-Kapitän: „Die haben uns regelrecht ausgelacht“

Anschließend betraten diese wieder den Verhandlungsraum und stellten mitten in der Nacht Forderungen auf, die von Lauda-Kapitän Gurgiser als völlig weltfremd und utopisch beschrieben wurde. Es wurde für die Junior-Flugbegleiter abermals ein höheres Gehalt gefordert, das absurderweise sogar über dem Bezug der Senior-Flugbegleiter gelegen habe. In allen vorhergehenden Verhandlungen war von höheren Pilotengehältern nie die Rede, doch nun mitten in der Nacht forderte man rund 500 Euro mehr Lohn für Co-Piloten. Auch machte man zusätzliche Diäten, von denen ebenfalls zuvor keine Rede war, zur Unterschriftsbedingung. Die Art und Weise wie dies „präsentiert“ wurde, beschrieb das Team der Arbeitgeberseite als regelrecht „über uns lustig“ machen und abermals fiel das Wort „herablassend“.

Kapitän Thomas Gurgiser (Foto: privat).

„Ich habe mich in den letzten Wochen massiv für den Erhalt unserer Jobs eingesetzt und es ist uns gelungen unsere Firma zu massiven Verbesserungen zu bewegen. Die Junior-Flugbegleiter-Löhne wären gegenüber dem ursprünglichen Entwurf massiv gestiegen und die Firma war bereit auf die strittigen Klauseln komplett zu verzichten und sich zu erheblich höheren Mindestgehältern und zwar garantierten Mindestgehältern, die man auch dann bekommt, wenn man keine Sekunde fliegt, zu verpflichten. All das war der Vida nicht genug“, so Kapitän Thomas Gurgiser enttäuscht in einem Telefonat mit Aviation.Direct. „Was soll ich sagen? Meine Kollegin und ich wurden von den Vida-Funktionären regelrecht ausgelacht. Es ist einfach unfassbar, aber unserer Ansicht nach hatte die Gewerkschaft Vida auch nie im entferntesten die Absicht einen neuen Lauda-Kollektivvertrag abzuschließen. Die haben uns voll auflaufen lassen und Betriebsräte von Level und Austrian Airlines haben über meinen Job und den von fast 600 Kollegen entschieden. Und sie haben sie vernichtet und zwar einfach so, um ein Exempel zu statuieren. Betriebsräte von Mitbewerbern sind in meinen Augen nicht unbefangen. Es ist einfach nur skandalös was die Vida da gemacht hat. Von A bis Z eine Farce.“

Ryanair gab grünes Licht für höhere Löhne bei Lauda

Der Umstand, dass Ryanair-Konzernchef Michael O’Leary zuvor regelrecht eingeknickt ist und seine harte Linie hinsichtlich der Löhne aufgegeben hat, ist sicherlich auch für die Vida überraschend gekommen. Gemutmaßt wird, dass diese nicht mit einem massiv verbesserten Angebot, das über die Wirtschaftskammer vorgebracht wurde, gerechnet hat. „Wozu haben wir eigentlich eine Gewerkschaft? Die haben sich null komma null für uns eingesetzt. Ein regelrechtes Tribunal haben die gebildet, aber ihrer Aufgabe als Gewerkschaft sind die nicht nachgekommen“, so Gurgiser, der selbst Mitglied der Vida ist. „Von ganz oben bei der Ryanair kam absolute Bereitschaft zur Einigung, so dass wir mit einem neuen Kollektivvertrag und gesicherten Jobs nach Hause gehen. Dublin ist auf alles eingegangen und die Lauda-Mitarbeiter hätten auch verdammt gute Konditionen bekommen. Doch die Vida schickt uns lieber mitten in der Krise auf die Straße.“

Die Nachricht über das Scheitern der KV-Verhandlungen und der damit verbundenen Schließung der Basis Wien inklusive fast 600 zusätzlichen Arbeitslosen, die mangels verfügbarer Jobs als regelrecht unvermittelbar beim Arbeitsmarktservice „landen“ werden, wurde von den Betroffen sehr negativ aufgenommen. In internen WhatsApp- und Telegram-Gruppen ist die Wut auf die Gewerkschaft Vida sehr deutlich zu spüren. Auch sollen öffentlichkeitswirksame Aktionen geplant werden und auch Massenaustritte aus der Gewerkschaft wurden besprochen. So schrieb ein Mitarbeiter: „Vom AMS-Geld kann ich mir keine Vida-Mitgliedschaft mehr leisten. Und was hat mir die gebracht? Dass ich keinen Job mehr habe.“

Ein pikantes Detail am Rande: In Dublin rechnete man offenbar fix damit, dass durch das nachgebesserte Angebot und durchaus großen Verhandlungsspielraum ein Abschluss erzielt werden kann. Der Konzern begann bereits zahlreiche Routen, die man erst am vergangenen Wochenende auf Ryanair (ex ausländischen Bases) umgestellt hatte, wieder auf Airbus A320, durchgeführt von der Lauda-Basis Wien, ins System einzuspielen. Mit dem Scheitern der Verhandlungen hat wohl nicht gerechnet. Wirtschaftskammer und Lauda haben unterschrieben, die Gewerkschaft Vida nicht. Verhandlungen gescheitert.

Ryanair will Austrian Airlines „das Leben zur Hölle machen“

Boeing 737-800 am Flughafen London-Stansted (Foto: Jan Gruber)

Wie wird es nun weitergehen? Die Lauda-Geschäftsleitung wollte noch kein Statement abgeben. Man müsse alles erstmal sprichwörtlich begreifen was passiert ist und werde sich am Freitagvormittag öffentlich äußern. Die Schließung der Basis Wien mit heutigem Tag ist allerdings nicht mehr abwendbar und somit werden knapp 600 Personen ihre Jobs verlieren. Anfang kommender Woche wird Ryanair eine „massive Expansion ab Wien“ ankündigen und hat es, wie aus Dublin zu hören ist, besonders auf Austrian Airlines abgesehen. Man will dem Mitbewerber, für den die Gewerkschaft Vida aus Sicht von Ryanair die Tochter Lauda „aus dem Weg geräumt“ haben soll, „das Leben zur Hölle machen“. Selbst Worte wie „die fliegen trotz Staatshilfe mit freundlicher Unterstützung unserer Tarife, die billiger sein werden denn je, in die Pleite“ waren von Mitarbeitern der Ryanair zu hören. Und eine polemische Bemerkung konnte man sich auch nicht verkneifen „Lauda war viel zu nett, eine in Austrian Airlines verliebte Website, die spezialisiert auf die Verbreitung von Fake-News über Lauda und Ryanair ist, wird uns auch kennenlernen. Ganz gemütlich und chillig im Gerichtssaal“. Alles in allem kann man aus den Bemerkungen eines hochrangigen Ryanair-Mitarbeiters ableiten, dass der Konzern die Tochter Lauda in Wien regelrecht „rächen“ will.

Gewerkschaft war nächtlich nicht erreichbar

Vida-Fachbereichsvorsitzender Daniel Liebhart war für eine Stellungnahme nach den gescheiterten Verhandlungen nicht erreichbar. Somit war es nicht möglich die Sichtweise der Gewerkschaft und deren Beweggründe zur Verweigerung des Abschlusses eines neuen Kollektivvertrags in diesem Artikel darstellen zu können. Es ist jedoch mit einer Medienaussendung der Gewerkschaft zu rechnen, denn die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit soll mitten in der Nacht noch ein Briefing vor Ort erhalten haben.

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