Carsten Spohr, der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa, äußerte sich jüngst besorgt über die Zukunft des Luftverkehrs in Deutschland. In einem Interview vom 13. Oktober 2024 mit der Bild am Sonntag sprach Spohr über die ernsten Herausforderungen, denen sich die deutsche Luftfahrtbranche derzeit stellen muß.
Dabei kritisierte er insbesondere die stark gestiegenen Flughafengebühren sowie zusätzliche staatliche Auflagen, die Fluggesellschaften dazu zwingen, Flugverbindungen zu reduzieren oder ganz zu streichen. Spohr warnte eindringlich davor, daß diese Entwicklungen die internationale Anbindung Deutschlands gefährden und der Wirtschaft schaden könnten.
Steigende Kosten bedrohen die Wettbewerbsfähigkeit
Ein zentrales Thema in Spohrs Kritik sind die stetig wachsenden Flughafengebühren, die in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern besonders hoch sind. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) unterstützt diese Bedenken und führt an, daß Deutschland im europäischen Vergleich zu den teuersten Standorten für Fluggesellschaften gehöre. Spohr betonte, daß die Gebühren inzwischen so hoch seien, daß sie die Kostenstruktur der Airlines erheblich belasteten.
So belaufen sich die Gebühren pro Passagier für einen Mittelstreckenflug auf rund 30 Euro, was zu höheren Betriebskosten führt und letztlich die Preise für die Passagiere in die Höhe treibt. Diese Entwicklungen seien auch ein Grund, warum viele Fluggesellschaften, darunter auch die Lufthansa-Tochter Eurowings sowie der irische Billigflieger Ryanair, ihren Flugbetrieb in Deutschland zurückfahren.
Konsequenzen für die deutsche Luftfahrt
Die Auswirkungen dieser steigenden Kosten sind bereits spürbar. So kündigte Ryanair an, ihren Flugbetrieb an mehreren deutschen Flughäfen, darunter Dortmund (DTM), Dresden (DRS) und Leipzig (LEJ), einzustellen. Gleichzeitig plant die Airline eine Reduzierung ihres Angebots um 60 % in Hamburg (HAM) und 20 % in Berlin (BER) bis zum Sommer 2025. Ryanair begründete diese Maßnahmen ausdrücklich mit den gestiegenen Gebühren in Deutschland. Auch Eurowings wird ab 2025 über 1.000 Flüge in Hamburg streichen, ebenfalls als Folge der hohen Betriebskosten.
Spohr machte deutlich, daß diese Entwicklungen nicht nur die Airlines, sondern auch die wirtschaftliche Anbindung Deutschlands gefährden. Er betonte die Bedeutung einer guten internationalen Vernetzung für die deutschen Wirtschaftsstandorte und wies darauf hin, daß Deutschland durch diese Maßnahmen im Vergleich zu anderen globalen Drehkreuzen wie Amsterdam, Paris oder London an Wettbewerbsfähigkeit verlieren könnte. „Immer mehr Fluggesellschaften meiden deutsche Flughäfen oder streichen wichtige Verbindungen“, warnte Spohr. Er fürchtet, daß dieser Trend langfristig zu einem Rückgang von Investitionen führen und der deutschen Wirtschaft insgesamt schaden könnte.
Zukünftige Herausforderungen durch neue staatliche Vorgaben
Ein weiteres Problem, auf das Spohr hinwies, sind die absehbaren Kosten durch neue staatliche Regelungen, insbesondere die geplante Beimischungsquote für E-Fuels. Diese Regelung verlangt eine verstärkte Nutzung von nachhaltigen Kraftstoffen im Luftverkehr, obwohl diese noch nicht in ausreichender Menge verfügbar sind. Spohr argumentierte, daß diese Vorgaben, wenn sie nicht in einem realistischen Rahmen umgesetzt werden, die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Luftverkehrs weiter schwächen könnten. Diese zusätzlichen Kosten würden die Fluggesellschaften erneut belasten und könnten zu weiteren Einschränkungen führen.
Insbesondere in Verbindung mit der bereits bestehenden Luftverkehrsteuer und anderen regulatorischen Auflagen sieht Spohr die Gefahr, daß die Qualität der Flugverbindungen in Deutschland abnimmt und das Land in Bezug auf globale Luftfahrtstandards ins Hintertreffen gerät. Internationale Großflughäfen in Ländern wie den Niederlanden, Großbritannien und Frankreich könnten von der Krise der deutschen Luftfahrt profitieren, während deutsche Standorte abgehängt werden.
Reaktionen aus der Branche
Die Aussagen von Carsten Spohr finden in der Luftfahrtbranche breite Unterstützung. Der BDL fordert seit langem eine Senkung der Gebühren, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Flughäfen zu sichern. Auch andere Fluggesellschaften, wie etwa EasyJet, haben in der Vergangenheit bereits ähnliche Bedenken geäußert. Die Reduzierung von Flugverbindungen, insbesondere an wichtigen Flughäfen wie Berlin und Hamburg, wird langfristige Auswirkungen auf den Tourismus und die Wirtschaft in diesen Regionen haben.
Gleichzeitig hat die Politik die wachsenden Bedenken der Branche zur Kenntnis genommen. Erste Gespräche über mögliche Entlastungen für Fluggesellschaften und eine Überprüfung der Gebührenstruktur laufen bereits. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob und wann konkrete Maßnahmen ergriffen werden, um die Luftfahrtbranche in Deutschland zu stabilisieren und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Flughäfen zu sichern.